Bauen

Neue Kreisverkehrsplätze und Bahnunterführung. (Foto: Hajo Dietz Luftbildfotografie)

28.07.2017

Mehrere Bomben mussten entschärft werden

Eröffnung der Bahnparallele: Stadtring Aschaffenburg vollendet

Nach über 40 Jahren Planungs- und Bauzeit hat die Stadt Aschaffenburg nun eine Ringstraße, die das Attribut Entlastungsstraße für die Innenstadt tatsächlich verdient. Am 11. Juli 2017 gab Aschaffenburgs Oberbürgermeister Klaus Herzog im Beisein von Justizminister Winfried Bausback, Regierungspräsident Paul Beinhofer sowie zahlreichen weiteren Ehrengästen und Bürgern die sogenannte Bahnparallele für den Verkehr frei. Damit ist es der Stadt gelungen, den Verkehr endgültig aus den Wohngebieten heraus zu holen. Fast 200 Millionen Euro wurden für die Ringstraße investiert. Ursprünglich waren alle Straßen in Aschaffenburg auf die Innenstadt hin orientiert und es gab nur eine Brücke über den Main. Für das steigende Verkehrsvolumen in der unterfränkischen Kreisstadt reichte dies aber nicht mehr aus. Immer mehr Verkehr verlagerte sich in die innerstädtischen Wohngebiete. Um dies zu korrigieren, wurde die Idee der Ringstraße geboren. Seit den 1970er Jahren wurde an der südlichen und westlichen Umfahrung der Innenstadt geplant und gebaut. Damals war noch die bereits bestehende Schillerstraße im Aschaffenburger Stadtteil Damm als Nordring vorgesehen. Diese war dem Zeitgeist der 1960er Jahre entsprechend mitten durch ein Wohngebiet gebaut worden, was mit steigenden Verkehrszahlen zu erheblichen Lärm- und Immissionsschutzproblemen führte. Deshalb wurden erstmals Anfang der 1990er Jahre von der Stadtverwaltung die ersten Planskizzen für eine Hauptverkehrsstraße als Ersatz für die Schillerstraße vorgelegt. Diese sollte jenseits des Hauptbahnhofs parallel zur Bahnlinie verlaufen. Die Idee war, entlang der Bahnstrecke Frankfurt-Würzburg und flankiert von überwiegend gewerblich genutzten Bereichen, den Verkehr im Bahnhofsviertel sowie in Damm erheblich zu reduzieren, ohne an anderer Stelle wiederum neue Konflikte zu produzieren. Hilfreich war, dass die Bahn ab den 1980er Jahren Flächen des ehemaligen Güterbahnhofs freigegeben hatte, die für die neue Trasse verwendet werden konnten. Die Bahnparallele wurde schließlich wichtiger Bestandteil des Verkehrsentwicklungsplans der Stadt Aschaffenburg. Sowohl im Stadtrat als auch im Rahmen der Bürgerbeteiligung erfuhr das Straßenbauprojekt eine überwältigende Zustimmung.
Das Baurecht wurde über einen Bebauungsplan 2006 geschaffen und im Dezember 2007 erfolgte der erste Spatenstich. Die Bahnparallele hat eine Länge von etwa zwei Kilometern und bindet im Osten über die Auhofstraße an den 2013 fertiggestellten Ostring an. Im Westen wird sie über zwei leistungsfähige Kreisverkehrsplätze mit der B 8 und der B 26 Ringstraße/Ebertbrücke verknüpft. Das Projekt kostete knapp 42 Millionen Euro und wurde in zwei Bauabschnitten mit insgesamt acht Einzelbaustellen realisiert. Im ersten Bauabschnitt wurde zunächst von Osten her ein neuer Kanalhauptsammler gebaut und eine neue Bahnsteigunterführung mit Zugangsbauwerk zum Hauptbahnhof Aschaffenburg errichtet. Komplettiert wurde der erste Bauabschnitt im Dezember 2012 mit dem Straßenbau inklusive der beiden Erschließungsstraßen Bert-Brecht-Straße und Heinrich-Böll-Straße sowie dem Bau von Lärmschutzwänden. Bereits 2011 hatte der zweite Bauabschnitt mit der Kanalverlegung und Beseitigung von Altlasten sowie Kampfmitteln begonnen. Ab 2013 erfolgte dann der Neubau der Straßenbrücke über die Müllerstraße sowie unter Federführung der Deutschen Bahn der Neubau der Straßenunterführung unter der Bahnstrecke Frankfurt-Würzburg bei laufendem Bahnbetrieb. Von Januar 2015 bis April 2016 wurden im nächsten Schritt sieben Stützwände mit einer Höhe von bis zu 6,50 Metern, vier Lärmschutzwände mit einer Gesamtlänge von 350 Metern, ein vier Meter hoher Lärmschutzwall, zwei Trogbauwerke im Bereich der Bahnunterführung sowie eine Fuß- und Radwegbrücke gebaut. Die beiden letzten Einzelbaustellen waren von April 2016 bis 10. Juli 2017 der Straßenbau für den zweiten Bauabschnitt mit den beiden neuen Kreisverkehrsplätzen und die Erweiterung der Kreuzung Bahnparallele/Auhofstraße/Glattbacher Überfahrt zur leistungsfähigen Anbindung an den Ostring.
Die größte Herausforderung und zugleich Unwägbarkeit stellte der Boden im Bereich der Baustelle dar. Durch die jahrzehntelange Nutzung als Bahnbetriebsfläche wies der Baugrund zahlreiche Altlasten und Verschmutzungen auf. Ebenso waren die Bahnanlagen bevorzugte Ziele während der Bombardierungen und Kampfhandlungen im Zweiten Weltkrieg, wodurch zahlreiche Kampfmittelverdachtsflächen vorhanden waren. So mussten während der Bauzeit mehrere Fliegerbomben mit entsprechendem Aufwand entschärft werden. Insgesamt fielen rund 50 000 Kubikmeter Bodenaushub verschiedenster Belastungsklassen an, die bau- und aushubbegleitende Bodenuntersuchungen und ein Bodenmanagement mit zahlreichen Zwischenlagern, Halden und verschiedenen Entsorgungswegen erforderten. Dennoch konnte unter Berücksichtigung des Baupreisindex – mit Ausnahme der bahnspezifischen Kosten – der Kostenrahmen weitgehend eingehalten werden. Nachdem im Sommer 2013 mit der Fertigstellung des Ringschlusses Ost der Stadtring um die Aschaffenburger Innenstadt eigentlich schon einmal geschlossen war, wurde nun durch die Bahnparallele als Ersatz für die Schillerstraße das Ringstraßensystem der Stadt Aschaffenburg erneut komplettiert. Bereits in diesen zwei Jahren konnte die in Verkehrsuntersuchungen prognostizierte Entlastungswirkung der gesamten Ringstraße bestätigt werden: Je nach Abschnitt befahren heute täglich zwischen 25 000 und 40 000 Kraftfahrzeuge den Stadtring. Seine Nordtangente soll ebenfalls einen Verkehr von mehr als 20 000 Fahrzeugen pro Tag aufnehmen. Dabei hat sie nicht nur für den Stadtteil Damm eine besondere Bedeutung. Auch für die Innenstadt bedeutet sie weniger Verkehr, bessere Fußwege, neue und ausgebaute Radwege, die Stärkung des Busverkehrs und attraktivere Einkaufsbereiche. Nicht zuletzt profitieren auch Besucher und Pendler von der Bahnparallele. Sie kommen nun leichter von den Autobahnanschlüssen nach Aschaffenburg oder in Aschaffenburg von einem Punkt zum nächsten, ohne sich durch enge und verstopfte Innenstadtstraßen quälen zu müssen. (Mailin Seidel/Wolfgang Maier) Abbildung: Der gesamte Ring. (Foto: Obermeyer Planen + Berten GmbH)

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