Bauen

12.11.2010

"Starker Lärm kostet Lebensqualität"

OBB-Kolumne: Josef Poxleitner, Leiter der Obersten Baubehörde (OBB), über besseren Lärmschutz an bayerischen Straßen

Lärm hat sich in Deutschland wie in vielen industrialisierten Ländern zu einem ernsten Umweltproblem entwickelt. Straßenverkehrslärm ist einer der Hauptverursacher großflächigen Umgebungslärms, zwei Drittel der Deutschen fühlen sich in ihrem Wohnumfeld durch Straßenlärm gestört. Starker Lärm kostet Lebensqualität und kann die Gesundheit gefährden. Wir müssen deshalb die Anstrengungen zur Minderung des Straßenverkehrslärms weiter intensivieren.
Beim Lärmschutz an Straßen ist zu unterscheiden zwischen der Lärmvorsorge, die beim Bau oder bei wesentlicher Änderung öffentlicher Straßen zum Handeln verpflichtet, und der Lärmsanierung, die eine freiwillige Leistung der Straßenbaulastträger darstellt. Die strengen Grenzwerte der Lärmvorsorge führen bereits zu durchaus anspruchsvollem Lärmschutz für die Anlieger. Anders bei der Sanierung: Die im Bundes- beziehungsweise Landeshaushalt geregelten Grenzwerte der Lärmsanierung liegen mit 70 dB(A) Tag und 60 dB(A) Nacht für Krankenhäuser, Schulen, Alten- und Kurheime sowie reine und allgemeine Wohngebiete um bis zu 13 dB(A) über dem aktuellen Lärmvorsorgeniveau. Dies hat zur Folge, dass Straßenanliegern häufig trotz massiver Lärmbeeinträchtigung keine Schutzmaßnahmen gewährt werden können.
Deshalb kann nur eine Absenkung der Sanierungsgrenzwerte zu einer wesentlichen Verbesserung des Lärmschutzes an bestehenden Straßen führen. Innenminister Herrmann hat vom Bund bereits Mitte 2009 eine deutliche Grenzwertabsenkung für Fernstraßen des Bundes gefordert, um die große Differenz zwischen Lärmvorsorge und Lärmsanierung zu mildern. Der Bund hat 2010 in seinem Nationalen Lärmschutzpaket II darauf reagiert und eine Absenkung um 3 dB(A) angekündigt. Im Bundeshaushalt 2010 sind mittlerweile diese abgesenkten Sanierungsgrenzwerte für Bundesfernstraßen enthalten, ohne dass jedoch der Haushaltsansatz verändert wurde.
Nach einem Ministerratsbeschluss im September 2010 wird Bayern für Staatsstraßen im Interesse der bisher praktizierten Gleichbehandlung entsprechend verfahren. Eine Absenkung um 3 dB(A) bedeutet immerhin, dass Lärmsanierungsansprüche künftig bereits bei einer halb so großen Verkehrsbelastung wie vorher geltend gemacht werden können. Die neuen Grenzwerte werden auch Basis für Sanierungsmaßnahmen in Lärmaktionsplänen sein, die auf der Grundlage des nationalen Fachrechts entstehen. Kommunale Baulastträger können die Immissionsgrenzwerte für Lärmsanierung aufgrund ihrer kommunalen Selbstverwaltung eigenständig festlegen. Für Straßen in kommunaler Baulast, dazu gehören in größeren Städten auch die Ortsdurchfahrten von Bundes- und Staatsstraßen, kann der Staat lediglich – wie aktuell im Rahmen des Konjunkturpakets II – förderrechtliche Anreize schaffen.
Die konsequente Verbesserung des Lärmschutzes im bestehenden Straßennetz muss neben dem zentralen Element der Grenzwertabsenkung durch flankierende Maßnahmen ergänzt werden: Beispielsweise kann durch Einsatz von Lärm mindernden Fahrbahnbelägen die Lärmbekämpfung an der Quelle intensiviert werden. Neben offenporigen Asphaltdeckschichten (OPA), die nur auf Außerortsstraßen und innerhalb enger Rahmenbedingungen sinnvoll einsetzbar sind, wollen wir weitere, in jüngerer Zeit entwickelte innovative Lärmschutzbeläge mit erheblich größeren Einsatzmöglichkeiten gezielt fördern. Im Regelfall wird sich ihre Verwendung dort ergeben, wo bei der Straßenerhaltung ohnehin Deckenerneuerungsmaßnahmen anstehen. So werden bei der Planung von Erhaltungsmaßnahmen an lärmkritischen Stellen geeignete Maßnahmen zur Reduzierung des Lärms berücksichtigt.

Aktive vor passiven Schutzmaßnahmen


Grundsätzlich sind beim Lärmschutz aktive den passiven Lärmschutzmaßnahmen vorzuziehen. Aktive Schutzmaßnahmen, wie beispielsweise Lärmschutzwände oder bestimmte Fahrbahnbeläge, führen zu einer flächenhaften Lärmminderung, und zwar auch in Bereichen unterhalb der Grenzwerte, während passive Schutzmaßnahmen wie Schallschutzfenster lediglich die jeweils betroffenen Anwesen vom Lärm entlasten. Aus Gründen des Haushaltsrechts ist bei allen Vorhaben das Wirtschaftlichkeitsprinzip zu wahren.
Im Bedarfsfall kann bei hohen Verkehrsbelastungen innovative Verkehrssteuerung, die auch aktuelle Emissionen des Straßenverkehrs berücksichtigt, den Verkehr so regeln, dass Lärmrichtwerte nicht überschritten werden. Wir stimmen derzeit ein derartiges Pilotprojekt in Bayern mit dem Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung ab.

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