Beruf & Karriere

Eine restriktive Personalpolitik und neue Herausforderungen führten zu dramatischen Engpässen bei der Polizeiarbeit. (Foto: dpa)

10.03.2017

Wie trifft der Fachkräftemangel die Verwaltung?

Öffentliche Einrichtungen stehen verstärkt im Wettbewerb um qualifiziertes Personal

Die positive Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt macht viele Arbeitnehmer zu Gewinnern, steht doch dem Angebot an offenen Stellen eine immer kleinere Zahl an Bewerbern gegenüber. Verlierer sind – nicht nur bei technischen und sozialen Berufen – häufig die Arbeitgeber, die ihre Stärken nicht kennen und aktiv ausspielen. Blickt man auf die Zahlen, die die Agentur für Arbeit im vergangenen Jahr veröffentlichte, stellen sich die Job-Aussichten im Freistaat und damit auch die wirtschaftliche Perspektive hervorragend dar. „Auf dem Weg zur Vollbeschäftigung“ sei der bayerische Arbeitsmarkt – so äußerte sich Markus Schmitz, der die Regionaldirektion Bayern der Bundesagentur für Arbeit leitet, im Juli 2016 gegenüber dem Bayerischen Rundfunk. Diese Entwicklung setzt sich trotz international kritischer Rahmenbedingungen fort. Die Arbeitslosenquote bewegt sich in Bayern etwas über drei Prozent und damit auf einem beinahe historischen Tiefstand.

Für die Verantwortlichen zahlreicher Kommunalverwaltungen und kommunaler Eigenbetriebe ist dies, bei aller Freude über die Beschäftigungsbilanz, gleichzeitig ein Grund zur Sorge. Wo beispielsweise Ingenieurstellen besetzt werden müssen, herrscht bei Stellenausschreibungen gähnende Leere im Posteingang. Bei den weiter zunehmend nachgefragten IT-Spezialisten sieht es noch enger aus. Personalverantwortliche aus den Kommunen berichten, dass Bewerber oder Bewerberinnen, sofern es denn überhaupt zu einem Gespräch kommt, beim Thema Gehalt häufig wieder aussteigen.

Lange kursierten in Personaler-Kreisen unter anderem Ergebnisse aus einer Studie des Stellenportalbetreibers StepStone, wonach der monetäre Aspekt bei der Auswahl des passenden Jobs nicht einmal unter den „Top 5“ rangierte. Auf die Frage „Könnten Sie sich vorstellen, einen Job im öffentlichen Dienst anzunehmen?“ antworteten in der 2009 erstellten StepStone-Umfrage „Arbeiten im öffentlichen Dienst“ sogar 78 Prozent der teilnehmenden deutschen Fach- und Führungskräfte mit „Ja“. Hat sich dieses Bild bis heute drastisch verändert? Woran liegt es, dass die öffentliche Hand zunehmend an einer Personalschwäche leidet? Sicherlich macht die größere Auswahl und Zuversicht auf dem Arbeitsmarkt vor allem gut ausgebildete Fach- und Führungskräfte wählerischer. Wie attraktiv ein Arbeitgeber auf diese wirkt, hängt wohl dennoch nicht nur vom Gehaltsspielraum ab.

Kernbereich der Behörden betroffen

Wer sich ein objektives Bild von der tatsächlichen Situation in der öffentlichen Verwaltung machen möchte, muss sich bislang vor allem auf punktuelle Informationen und die dezentralen Einschätzungen Betroffener stützen. Indikatoren, wie sie zum Beispiel der IHK Fachkräftemonitor bereitstellt, fehlen für den öffentlichen Sektor. Der Blick auf die Wirtschaft macht wenig zuversichtlich: Nach IHK-Angaben wird sich die Fachkräftelücke bis 2030 in Bayern deutlich erhöhen, nach einer Hochrechnung der IHK Bayern auf 73 000 fehlende Arbeitskräfte. Man kann also davon ausgehen, dass die Verwaltungen flächendeckend Probleme bei der Besetzung offener beziehungsweise frei werdender Stellen bekommen. Das Durchschnittsalter der Beschäftigten in den Kommunen liegt mit 46 Jahren besorgniserregend hoch – und in den nächsten Jahren wird die bereits heute einsetzende Ruhestandswelle die Personaldecke gerade bei erfahrenen Fach- und Führungskräften kräftig ausdünnen.

In den Verwaltungen, die eine Altersstrukturanalyse durchgeführt haben, sind die Ausmaße der Entwicklung klar erkennbar. Es gilt, umgehend Maßnahmen einzuleiten, um die Handlungsfähigkeit der Organisation künftig gewährleisten zu können und bei den öffentlichen Aufgaben nicht „einzubrechen“. Das Beispiel Polizeidienst zeigt drastisch, wie eine restriktive Personalpolitik und neue Herausforderungen zu dramatischen Engpässen in der Versorgung führen können. Die Verwaltungen, die künftig nicht zuletzt veränderte Dienstleistungen für ältere Bürgerinnen und Bürger erbringen müssen, brauchen in der Führung wie in den operativen Bereichen dringend aktive und qualifizierte Leute.

Keine Patentlösungen, aber konkrete Handlungsansätze

Natürlich begrenzen TVöD, TV-L und TV-V die Möglichkeiten bei der Dotierung von Stellen und der Ausgestaltung der vertraglichen Rahmenbedingungen. Ob der Spielraum bei der jeweiligen Eingruppierung tatsächlich voll ausgeschöpft ist, muss im Einzelfall beurteilt werden. Wesentlich scheint zuerst einmal, ein klares Bild von der Situation in der eigenen Verwaltung zu schaffen – hinsichtlich der aktuellen und mittelfristigen Entwicklung des Personalbedarfs, wie auch der internen Verfassung der Organisation und der Außensicht. Auf dieser Grundlage kann jede Institution ein zielgerichtetes Konzept und ein passendes Bündel an Maßnahmen schnüren. Wer mit Augenmaß anpackt, wird gangbare Lösungswege finden. Wer dagegen zu lange abwartet, wird aller Voraussicht nach von der Entwicklung überrollt und vom Arbeitsmarkt bestraft. (Frank Beck)

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