Kommunales

Das Bezirksklinikum Mainkofen ist im südlichen Niederbayern auch ein bedeutender Arbeitgeber für fast 1400 Menschen. (Foto: BKH)

24.03.2017

Die moderne Psychiatrie weiterentwickeln

Neue therapeutisch Verfahren im Bezirksklinikum Mainkofen

Nähert man sich dem Bezirksklinikum Mainkofen im Landkreis Deggendorf, so zeigt sich von Weitem das Bild seines Wandels: weg von der angstbesetzten Psychiatrie mit Forensik wie noch 1911 bei der Eröffnung. Zwischen altehrwürdigen Bauten und weitläufigen Gärten sind bereits wie kleine Inseln die lichten großzügig gestalteten Atriumhäuser des Bauabschnittes zu sehen, der im April 2018 fertig sein soll. Hier wird ein offenes Kompetenz-Zentrum für Psychiatrie und Neurologie entstehen, für das der Bezirk Niederbayern bis Ende 2022 rund 80 Millionen Euro investiert.


„Wir wollen aber auf keinen Fall nur in neue Fassaden investieren und alten Wein in neue Schläuche füllen“, sagt Klinikdirektor Gerhard Schneider. Schließlich sollen nicht nur Gebäude erneuert, sondern auch medizinische Therapien weiterentwickelt werden. Schon heute hält das Bezirksklinikum mit enormen Kosten ein breites psychiatrisches und neurologisches Therapieangebot für Niederbayern vor.

Die modifizierte Elektro- Konvulsions-Therapie


Als Ziel nennt Niederbayerns Bezirkstagspräsident Olaf Heinrich, „den Patienten alle verfügbaren Möglichkeiten der Diagnostik und Therapie für psychische und neurologische Erkrankungen zur Verfügung zu stellen“. Das betrifft die wohnortnahe Betreuung einer älter werdenden Gesellschaft ebenso wie einen steigenden Bedarf an Kinder- und Jugend-Psychiatrie.

Erstmals steht nun in Niederbayern für hochgradige Depressionen und andere schwere psychiatrische Krankheiten eine neue Behandlungsmethode zur Verfügung: die modifizierte Elektro-Konvulsions-Therapie (EKT). Das ist eine wissenschaftlich erprobte Behandlung, die unter Narkose neurochemische Veränderungen im Gehirn durch kurze elektrische Reize herbeiführt. Andere Kliniken haben das gut verträgliche und vor allem bei schwer depressiven Patienten sehr wirksame Verfahren schon. „Aber wir mussten bisher unsere Patienten zu dieser Therapie nach Ingolstadt, Bamberg oder München überweisen“, sagt der Ärztliche Direktor des Bezirksklinikums, Professor Wolfgang Schreiber.

Für dieses und weitere nichtmedikamentöse Behandlungsverfahren entsteht in Mainkofen ein Zentrum für biologisch-integrale Therapieverfahren. Es werde zwar von Patienten nicht immer gleich als „Lebensrettung“ empfunden, meint Schreiber, „aber doch als Lichtblick, wenn pharmakologische Therapien nicht oder nicht mehr greifen.“

"Nichts grundlegend Neues mehr an pharmakologischen Wirkstoffen"


Der Klinikchef hat sich bewusst für neue therapeutische Wege entschieden: „Die Pharmakologie in der neurologischen und psychiatrischen Medizin ist sicher eine Erfolgsgeschichte. Aber im letzten Jahrzehnt haben wir nichts grundlegend Neues mehr an Wirkstoffen dazubekommen.“

Dank der hohen Nachfrage wurden in Mainkofen seit April 2016 bereits 333 EKTs durchgeführt, mehr als doppelt so viele wie geplant. Seit Jahresbeginn wurden auf dieser Spezialstation vielfältige integrale biologische Therapieverfahren angewandt. Zusätzlich kann nun auch eine kognitive Therapie, das MBCT-Verfahren, sehr effizient zur Rezidiv-Prophylaxe, das heißt Rückfall-Vorbeugung für Depressionen eingesetzt werden.

Es kommen auch weitere Therapien ohne Narkose zur Anwendung. Professor Schreiber: „Pharmakologische und psychotherapeutische Ansätze werden da mit unseren neuen integralen Heilverfahren verbunden. Im Mittelpunkt steht für uns die bestmögliche Versorgung.“ Bezirkstagspräsident Heinrich ergänzt: „Mainkofen ist seit kurzem auch als Zentrum für Multiple-Sklerose zertifiziert. Als die Fachklinik in Niederbayern bedienen wir uns hochspezialisierter Verfahren zur ambulanten und stationären Behandlung neuroimmunologischer Krankheiten, insbesondere bei Multipler Sklerose.“

Medizinische Angebote weiter dezentralisieren


Hierbei wird mit Immunadsorptions-Therapie gearbeitet, die ähnlich funktioniert wie volkstümlich die „Blutwäsche“: Da werden autoimmunologische Komplexe aus dem Blutplasma abgetrennt. Ab Ende 2017 wird es auch eine radiologische Abteilung geben; so entfallen aufwendige Patiententransporte. „Zudem halte ich es für sehr wichtig, die medizinischen und psychiatrischen Angebote weiter zu dezentralisieren“, sagt Heinrich. „Psychiatrie ist längst in der Mitte unserer Gesellschaft angekommen – jeden kann es treffen!“

Daher sollen künftig Institutsambulanzen für wohnortnahe Versorgung gefördert und die Bezirkskrankenhäuser Passau und Landshut gestärkt werden. Das Zentrum wird jedoch Mainkofen bleiben, betont Professor Schreiber: „Wir wollen sektorenübergreifend, von stationär über teilstationär bis zur ambulanten Versorgungsform die Maßstäbe setzen.“ (Mechtild Mader)
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