Kommunales

Die Einwohner des kleinen Dorfs wollten sich mit dem drohenden Aus für ihr Freibad nicht abfinden und packten an. (Foto: dpa)

15.05.2017

Ehrenamtler retten Triefensteiner Freibad

Der Kommune wäre der Weiterbetrieb zu teuer gekommen

Eigentlich sollte das Waldbad in diesem Jahr geschlossen bleiben. Die Gemeinde Triefenstein im Landkreis Main-Spessart konnte es sich schlicht nicht mehr leisten. Das wollten die Bürger jedoch nicht hinnehmen - und haben in einem Kraftakt das Freibad gerettet. Zumindest vorerst.

Das Wasser plätschert über den Beckenrand, Kinder springen ins Wasser, es riecht nach Pizza, der Schwimmmeister zieht seine Runden. Es ist eine Szene wie in jedem anderen Freibad. Und doch unterscheidet sich das Waldbad im unterfränkischen Triefenstein enorm von vielen anderen Freibädern in Deutschland. Es existiert nur dank des ehrenamtlichen Engagements vieler Freiwilliger.

Die Geschichte des Freibades war eigentlich beendet. Die Gemeinde konnte und wollte die Kosten dafür nicht mehr stemmen. Ein jährliches Minus von rund 350 000 Euro war einfach zu viel für den 4300 Einwohner zählenden Ort. Vor allem mit Blick auf die eigentlich nötige Generalsanierung des Bades, die rund vier Millionen Euro kosten würde. 2017 sollte deshalb Schluss sein.

Das Schwimmbad-Aus aber wollten die Bürger nicht akzeptieren. Also übernahmen sie kurzerhand selbst die Kontrolle - und schenkten dem fast 40 Jahre alten Bad im Ortsteil Lengfurt damit noch mindestens ein weiteres Kapitel.

Alle helfen mit - von der Hausfrau bis zum Rentner

"Wir sind sehr beeindruckt davon, wie viele Leute hier spontan mitgemacht und durch ihre Arbeit, ihr Fachwissen, Geld oder Sachspenden geholfen haben", sagt die Vorstandsvorsitzende des Fördervereins "Pro Waldbad", Aline Sommer-Noack. Die dreifache Mutter hat sich dem Erhalt des Freibades voll und ganz verschrieben. Seit Ende März verbringt die 34-Jährige quasi jede freie Minute in der Nähe der blauen Becken. Sie organisiert, delegiert, packt selbst mit an und versprüht dabei jede Menge Optimismus.

"Vor sechs Wochen sah es hier noch furchtbar aus", sagt Helfer Horst Scheurig. Für den 69-Jährigen war es aber selbstverständlich, mit anzupacken. "Meine Kinder haben hier schwimmen gelernt. Ich will, dass das Freibad erhalten bleibt", sagt der Rentner - und kehrt weiter den Bereich vor dem Kiosk. 1700 Mitglieder hat die Facebook-Gruppe "Triefenstein Pro Waldbad", über die die Arbeit organisiert, fehlende Dinge erfragt und der aktuelle Stand der Dinge weitergegeben werden.

Fast 50 Helfer sowie Mitarbeiter des Gemeindebauhofes brachten das Freibad in den vergangenen Wochen auf Vordermann. Der Sanitärbereich musste geputzt, gestrichen und neu gefliest werden. In den Umkleidekabinen fehlten Bänke und Haartrockner. Die Schwimmbecken wurden zum Teil neu gegossen und gefliest. Rasen mähen, Geräte auf dem Spielplatz montieren, den Kiosk wieder herrichten, Unkraut zupfen, Geländer streichen. Die Liste war lang. "Mehr als 1300 Arbeitsstunden haben die Helfer geleistet", sagt Sommer-Noack.

Der Staat will partout keine Zuschüsse zahlen

Sie hofft nun, dass das Engagement weiterhin so hoch bleibt. Denn damit das Bad auch durch diesen Sommer kommt, müssen die Freiwilligen auch jeden Tag Eintrittskarten, Eis, Pommes und Pizza verkaufen, jeden Abend alles putzen und zudem den Schwimmbadleiter bei der Aufsicht unterstützen. Das war eine der Bedingungen der Gemeinde. Einen Großteil dieser Arbeiten hatte zuvor eine Dienstleistungsfirma übernommen. Das Geld soll gespart werden, indem die Bürger ehrenamtlich einspringen.

Vereinbart ist, dass der Förderverein Arbeitsleistungen im Wert von 80 000 Euro, Material im Wert von 30 000 Euro und zusätzlich durch Spenden gesammelte 50 000 Euro stemmt. Zudem werden die Eintrittspreise erhöht. "Damit bleibt der Gemeinde ein Minus von etwa 125 000 Euro. Das schaffen wir", sagt Bürgermeister Norbert Endres (CSU). Das Freibad hatte bislang je nach Wetter zwischen 25 000 und 40 000 Badegäste jährlich gezählt.

Dass kleinere Gemeinden ihr Schwimmbad aus Kostengründen schließen müssen, kommt immer wieder vor. Für Freibäder gibt es keine staatlichen Zuschüsse. Die Eintrittsgelder decken im Regelfall gerade einmal ein Drittel der Kosten ab, sagt Joachim Heuser von der Deutschen Gesellschaft für das Badewesen. Trotzdem gönnen sich viele Gemeinden diesen Luxus. "Ein Freibad ist ein echter Standortvorteil für die Kommunen. Und eine echte Alternative für die, die sich keinen Urlaub leisten können."

Gemeindetag fordert Unterstützung vom Bund

Auch der Bayerische Gemeindetag bezeichnet Freibäder als willkommene Freizeitmöglichkeit. Deren Erhalt sei auch gesamtgesellschaftlich relevant, wenn beispielsweise Flüchtlinge dort das Schwimmen lernen, sagt der Sprecher des kommunalen Spitzenverbands, Wilfried Schober. Für diesen Fall forderte er vom Freistaat "bedeutende Zuschüsse aus dem Staatshaushalt".

Deutschlandweit gibt es der Gesellschaft für das Badewesen zufolge etwa 2500 Freibäder. Fast alle werden von den Gemeinden betrieben. Und in Einzelfällen eben auch von Vereinen. "Dass die Bürger so ihr Freibad retten wollen, das gibt es immer wieder mal", sagt Heuser weiter. Das sei nicht ganz unproblematisch. Nicht selten gehe manchem Verein nach dem ersten euphorischen Jahr die Puste aus oder die Sache wachse den Freiwilligen über den Kopf. "Ein Bad zu betreiben ist nicht so einfach wie eine Bibliothek zu erhalten."

Aline Sommer-Noack und ihre Mitstreiter sind aber davon überzeugt, dass sie ihr Waldbad auch in den kommenden Jahren noch erhalten können. Nun aber werden die Triefensteiner nach einer kleinen Zwangspause wegen des kühleren Wetters am Mittwoch erst einmal in die diesjährige Badesaison starten. Am Freitag, 12. Mai gab es bereits ein Anschwimmen mit Freibier und Spendenschwimmen, das 2200 Euro zusätzlich eingebracht hat. Denn trotz aller Unterstützung fehlt es noch am Geld. Vor dem Anschwimmen lagen gut 10 000 Euro auf dem Konto des Fördervereins. Um die Saison wie mit dem Bürgermeister vereinbart meistern zu können, braucht der Verein etwa 50 000 Euro. (Christiane Gläser, dpa)

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