Kommunales

Diese Teichkläranlage in Neuherberg (Landkreis Neustadt/Aisch - Bad Windsheim) wurde zum Wasserspeicher umgestaltet. (Foto: WWA Ansbach)

12.04.2024

Eine Blaupause für ganz Bayern

Wie man der zunehmenden Trockenheit begegnet

Der Landkreis Neustadt/Aisch-Bad Windsheim (NEA) soll zum klimaresilienten Beispiel-Landkreis werden: Das Trockenjahr 2022 war letztendlich der Auslöser, das Wort Resilienz bislang noch nicht so geläufig: Damals wurde den meisten bewusst, dass man darüber nachdenken muss, wie den Folgen des Klimawandels für Gewässer und Talauen, Siedlung und Infrastruktur, Forst- und Landwirtschaft, Sonderkulturen und Teichwirtschaft entgegengewirkt werden kann.

Nun haben Bürgermeister*innen, Behörden- und Verbändevertreter und Fachleute ein Jahr lang gehirnt: Am Montag wurde in Obernzenn im Beisein von Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) erläutert, wie das gehen soll. Und an diesem Tag wurde auch Rainer von Seckendorff, dem Hausherrn des Veranstaltungsorts „Blaues Schloss“ in Obernzenn klar, was das Projekt mit dem Wort Resilienz erreichen will: eine sichere Wasserzukunft im Landkreis NEA. Das könne „nur gemeinsam und ohne Scheuklappendenken“ funktionieren, wie Thomas Keller herausstellte. Und dass „dafür neue und innovative Lösungsansätze genutzt werden“ müssen.

„Wasser neu denken“

Keller, Chef des Wasserwirtschaftsamts (WWA) Ansbach, hatte 2022 die Idee geboren, und vor gut einem Jahr hatte er Institutionen, Verbände und Betroffene in Ipsheim zu einer Auftaktveranstaltung zusammengebracht (BSZ berichtete). Den Grund dafür hatte ihm Minister Glauber weitere zwei Jahre zuvor in seiner Regierungserklärung mit dem Titel „Wasserzukunft Bayern 2050: Wasser neu denken!“ geliefert. Nicht erst seitdem ist dem WWA-Chef klar: „Wassernutzung ist eine gesamtgesellschaftliche Frage.“

Gerade in Franken und speziell in seinem Landkreis NEA, wie Landrat Helmut Weiß (CSU) ausführte: „Wir sind eine sehr trockene Region, nicht zu vergleichen mit Oberbayern.“ Weshalb einerseits das Blaue, ein ehemaliges Wasserschloss, für die Präsentation der Ergebnisse ein optimal gewählter Ort sei. Und weil der Herrschaftssitz andererseits schon früher „wenn auch nicht Mittelpunkt der Welt, so doch von Politik und Diplomatie gewesen“ sei, passe das Schloss „auch für diese wichtige politische Veranstaltung heute optimal“, so Weiß.

Markt Erlbachs Bürgermeisterin Birgit Kreß (Freie Wähler) erklärte auch im Namen ihrer Amtskolleg*innen: „Wir haben gerne mitgemacht. Es war eine wunderbare Zusammenarbeit. Das Projekt schafft ein Wir-Gefühl und zeigt: Wir können vieles gemeinsam anpacken.“ Dabei erwähnte die Vizepräsidentin des Bayerischen Gemeindetags auch, dass die Ergebnisse helfen könnten, das Bewusstsein bei den Bürger*innen für die Wasserfrage zu schärfen. „Viele kleine Dinge verändern die Welt“, auch wenn die Bürokratie „uns oft das Leben schwer macht“.

Landwirte verbrauchen nur 1,6 Prozent des Trinkwassers

Bayerns Bauernpräsident Günther Felßner war ebenfalls bei der Projektpräsentation dabei. Auch wenn die Landwirte „nur 1,6 Prozent des Trinkwassers verbrauchen“, sei das Wasser insgesamt „ein wichtiger Produktionsfaktor in der Land- und Forstwirtschaft“. Man stehe deshalb „voll und ganz zur Verantwortung, das Grundwasser zu schützen“. Doch aktuelle Vorgaben wie die EU-Nitratrichtlinie oder die Düngeverordnung seien „unbrauchbar für den Wasserschutz. Wir brauchen zielgerichtete Maßnahmen“, wofür er auf eine geplante neue Nitratrichtlinie der EU hofft. Außerdem forderte Felßner einen „Wassercent in Bayern“ für den „Dienstleister Landwirtschaft“: Weil der Großteil der Niederschläge durch deren Böden versickere und schließlich zu Grundwasser werde, müsse dies auch entlohnt werden.

Minister Glauber betonte, hierzulande dürften nicht dieselben Fehler begangen werden wie beispielsweise im Südwesten Spaniens: In der dortigen Wasserwirtschaft habe lange das Recht der Stärkeren gegolten, die Landwirtschaft das Wasser für die riesigen Gewächshäuser genutzt und es so dem Rest der Bevölkerung entzogen. „Wir alle tragen für das Trinkwasser die Verantwortung.“ So sei es wichtig, zum Beispiel Oberflächenwasser in Gräben oder Teichen zu speichern und damit Felder zu bewässern. Das würde auch den Wasserwirtschaftsämtern helfen, deren Bedienstete zurzeit mit den oft in den Ferien auftretenden Starkregenereignissen mit Hochwasser völlig überlastet seien.

Kleine Maßnahmen, die nicht viel Geld kosten

Und deshalb seien die Ergebnisse aus dem „Freiluftlabor Landkreis NEA“ sehr wichtig und müssten anderswo beachtet werden. Damit meinte Glauber „die Zusammenarbeit hier: Die kann Früchte tragen in ganz Bayern.“ Dazu setzt er gerade auf „kleine Maßnahmen, die nicht viel Geld kosten, die nicht ingenieurmäßig geplant werden müssen, aber helfen. Dafür müssen wir den Mut haben.“
Vielleicht auch deshalb, weil er offensichtlich im schwarz-orangen Bayern-Kabinett Mühe hat, für aufwendigere Maßnahmen das nötige Fördergeld zu bekommen – wie schon in der Vergangenheit? Glauber: „Ich weiß, die Bürgermeister warten noch auf Geld für Abwasser- und Trinkwasserprojekte.“ Denn alleine im Jahre 2018 „wurde das Programm zum Renner, plötzlich wurden 700 Millionen Euro angefordert, ich hatte aber nur 250 Millionen“. Damals wurden „alle Anträge über 500 Millionen Euro in 14 Tagen abgearbeitet“, das habe er erreicht.

Für Geld, das noch offen sei, „werden wir verlässlich bleiben: die Auszahlung wird kommen“. Und für die Zukunft versprach er: „Ich werde dafür arbeiten, dass das Programm weiterläuft – für eine gute Wasserinfrastruktur. Wir sind in der Pflicht.“ Denn zwar seien für Gewässer dritter Ordnung die Gemeinden zuständig. Doch wenn die den Hochwasserschutz vernachlässigen, „wird am Ende auch die erste und zweite Ordnung betroffen sein“, also jene Gewässer, für die der Freistaat verantwortlich zeichnet. Deshalb sollen möglichst überall „ehemalige Sickergruben zu Wasserspeichern, alte Teichkläranlagen zu Rückhaltebecken“ werden, wie es im Landkreis NEA nun schon gezeigt wurde.

Doch zurück zu jenen „kleinen Maßnahmen“: WWA-Chef Keller will beispielsweise „mit einfachen Dingen Wasser in Gräben zurückhalten, Fischteiche vergrößern, mit Humusaufbau die Speicherung des Bodens erhöhen“. Oder mit Sammelzisternen die Bewässerung von Sportplätzen ermöglichen. Landrat Weiß erwähnte hier auch die Kreis-Förderung, die aktuell für die Reinigung von etwa 40 ehemaligen Güllegruben fließt, welche zu Wasserspeichern werden sollen. Oder die Anpflanzung von Gehölzen an Gewässern dritter Ordnung, für die die Kommunen zuständig seien. Zudem beschäftige sich die Jugend in einem aktuell laufenden Ideenwettbewerb an Schulen mit dem Wasserthema. Und ein neuer Wasserkümmerer im Landratsamt werde künftig dafür sorgen, dass das Thema überall präsent bleibe.

Akzeptables Ergebnis

Wolfgang Neukirchner, Behördenchef im Amt für Ländliche Entwicklung (ALE) Mittelfranken, ist auf jeden Fall sehr zufrieden, weil „man sieht, die Zusammenarbeit ist vorhanden. Das gilt für die Kernarbeitsgruppe und Workshops. Am Schluss gab es ein akzeptables Ergebnis.“ Das ist nun in einer Broschüre nachzulesen, gedruckt oder als PDF-Version aus dem Internet.
Und weil die Ergebnisse beispielhaft sein sollen, setzen die Beteiligten darauf: Die Ergebnisse im Landkreis NEA sollten zur Blaupause, zumindest aber als Anregung in anderen Kreisen nicht nur des Freistaats genutzt werden, die vor ähnlichen Problemen stehen.
(Heinz Wraneschitz)

(Die Broschüre liegt ab sofort in den Rathäusern aus und steht online unter www.an.bayern.de zur Verfügung.)

 

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