Kommunales

Die Ärzte wollen nicht nur ein höheres Grundgehalt, sondern vor allem die Arbeit nachts sowie an Wochenenden und Feiertagen besser bezahlt bekommen.

01.04.2010

Zittern vorm Tarifabschluss

Die Ärzte an kommunalen Krankenhäusern fordern mehr Geld

Während Bayerns Ärzte an kommunalen Krankenhäusern derzeit erwartungsvoll nach Düsseldorf schauen, tun die Kommunalpolitiker im Freistaat dies mit bangem Blick. Der Marburger Bund, die Interessenvertretung der Mediziner, verhandelt gerade mit dem Verband der kommunalen Arbeitgeber (VKA). Die Ärzte verlangen fünf Prozent mehr Gehalt und eine bessere Entlohnung der Bereitschaftsdienste. Die VKA weist die Forderungen des Marburger Bundes als „unerfüllbar“ zurück. Sie hat vorgeschlagen, die Ärzte-Gehälter genau wie die der übrigen Krankenhaus-Beschäftigten um 2,3 Prozent zu erhöhen. Die deutschen Ärzte verdienten „ohnehin schon Spitzengehälter im europäischen Vergleich“, kritisiert der VKA-Verhandlungsführer Joachim Finkenburg. Auch bei den Bereitschaftdiensten habe es in den vergangenen Jahren bereits Gehaltsanpassungen gegeben.
Derzeit verdient ein Arzt im ersten Berufsjahr ohne Zuschläge knapp 3700 Euro brutto im Monat, nach fünf Jahren kann er mit knapp 4600 Euro rechnen. Die Tarifpartner haben sich vorgenommen, bis spätestens 7./8. April eine Einigung zu erzielen, die ersten vier Verhandlungsrunden verliefen ergebnislos. In Nordrhein-Westfalen haben die Ärzte an kommunalen Krankenhäusern in der vergangenen Woche ihren Forderungen mit Streiks Nachdruck verliehen, ähnliche Pläne hegen ihre Kollegen in Bayern allerdings noch nicht. Im Freistaat stehen derzeit zirka 8000 Ärzte in den Diensten von weit über 100 kommunalen Kliniken, mehr als zwei Drittel aller Krankenhausbetten sind in kommunaler Hand. Allerdings sind derzeit mindestens 600 Planstellen, vor allem in strukturschwachen Regionen, oft seit längerer Zeit nicht besetzt.
Für Bruni Mayer (Freie Wähler), die Landrätin von Rottal-Inn, wäre eine weitere Gehaltssteigerung ein echter „worst case“. Vor wenigen Monaten hatte sie versucht, ihre drei hoch defizitären kommunalen Krankenhäuser zu privatisieren, was aber ein Bürgerentscheid verhinderte – mit fast 90 Prozent der abgegebenen Stimmen. Mit ihren Plänen gehört sie zu den Vorreitern im Freistaat, auch wenn Kollegen in anderen Landkreisen vor ähnlichen Schuldenbergen ihrer Kliniken stehen. Doch viele Landräte scheuen diese Debatte, weil Privatisierung beim Bürger höchst unpopulär ist. Die 62-jährige Mayer allerdings kann das entspannt sehen, sie wird bei der nächsten Wahl aus Altersgründen nicht mehr kandidieren.
„Die kommunalen Krankenhäuser werden nur überleben, wenn man sie eisern durchforstet“, ist die Politikerin überzeugt. Notwendig seien hier eine konsequente Spezialisierung, die Bildung von Servicegesellschaften – beispielsweise bei der Verköstigung –, aber auch Einsparungen, auch beim Personal.“ Als massivste Hemmer auf diesem Weg sieht die Landrätin vor allem die Bürgermeister, in deren Gemeinde ein Krankenhaus steht. „Die sträuben sich gegen Veränderung, halten am Kirchturmsdenken fest. Und Populisten machen den Leuten vor jeder Privatisierung Angst. Anderen wiederum fehlt schlicht der Schneid, unpopuläre Entscheidungen zu treffen.“
Langfristig eine weitere Herausforderung für Krankenhäuser im südlichen Ober- und Niederbayern werden jedoch die Einrichtungen im benachbarten Österreich. Diese sind oft technisch moderner ausgestattet und bieten auch einen besseren Service. Noch dürfen dort aus Deutschland nur Notfälle – etwa nach Verkehrsunfällen – behandelt werden, langfristige geplante Operationen müssen dagegen im Heimatland durchgeführt werden. Die Klinikleitungen im Nachbarland würden das gern ändern, noch aber wehren sich die jeweiligen Landesregierungen, welche die Häuser in einem ganz anderen Maße als bei uns bezuschussen. Sollte die Beschränkung aber irgendwann fallen, wird es beispielsweise einem Herzpatienten aus Pfarrkirchen kaum zu vermitteln sein, warum er bis zur Klinik in Eggenfelden reisen soll, wenn das Krankenhaus in Braunau viel näher liegt. (André Paul)

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