Kultur

Ein angreifender Elefant, im Hintergrund der Kilimandscharo. Das Ölgemälde entstand 1891, als Wilhelm Kuhnert das erste Mal nach Afrika reiste – von Ägypten nach Tansania. (Foto: Röll)

06.05.2011

Auf der Pirsch mit Pinsel und Bleistift

Das Iphofer Knauf-Museum zeigt eine umfassende Ausstellung mit Bildern von Wilhelm Kuhnert, der mit Illustrationen zu "Brehms Tierleben" bekannt wurde

Tierfilme sind beliebt. Da kann man wilden Tieren ohne Gefahr fürs eigene Leben begegnen. Wilhelm Kuhnert (1865 bis 1926) allerdings war mit seinen Malutensilien direkt in freier Wildbahn auf der Pirsch. Im Iphofer Knauf-Museum sind nun die Werke dieses Anfang des 20. Jahrhunderts berühmten Illustrators ausgestellt. 4 x Afrika und zurück heißt die Ausstellung aus den Beständen einer Privatsammlung. Sie zeigt das, was der Maler von vier Expeditionen zwischen 1891 und 1912 nach Deutsch-Ostafrika, nach Ägypten und dem Sudan an Skizzen und Bildern mitbrachte, obendrein sind die großen Ölgemälde zu sehen, die nach diesen Aufzeichnungen später im Atelier entstanden sind.
Kuhnerts besondere Leistung besteht darin, dass er die Tiere des Schwarzen Kontinents erstmals in ihrem natürlichen Umfeld, ihrem eigenen Biotop als individuelle Wesen vorstellte. Dies begründete seine Popularität. Denn er illustrierte die 3. Ausgabe und die 4. Auflage von Brehms Tierleben. Außerdem schuf er für das weit verbreitete Stollwerck-Sammelalbum Nr. 11 Das Tier im Dienste des Menschen (1910) die bunten Tierbildchen.
Heute ist Wilhelm Kuhnert den meisten Leuten kaum oder gar nicht mehr bekannt. Nur Spezialisten oder Liebhabern der Großwildjagd sagt sein Name vielleicht noch etwas. Dabei erzielen seine großen Tiergemälde gerade auf internationalen Auktionen stolze Preise. In den 1920er Jahren war er als „Löwen-Kuhnert“ berühmt. Ein SelbstbildnAis von 1924 zeigt ihn mit dem König der Tiere. Löwen liebte er besonders, und dafür nahm er beim Zeichnen in der freien Wildbahn viel Unbill in Kauf.

Studien im Zoo

Der aus kleinbürgerlichen Verhältnissen stammende Kuhnert hatte schon früh eine intensive Beziehung zu außereuropäischen Tieren. Während seines Studiums an der Berliner Kunst-Akademie in den Jahren 1883 bis 1887 malte er sie eifrig im dortigen Zoologischen Garten. So bekam er Verbindung zum Naturwissenschaftler Hans Meyer; dieser hatte als erster Europäer den Kilimandscharo bestiegen und war maßgeblich an der Herausgabe von Brehms Tierleben beteiligt und verschaffte Kuhnert wohl den Auftrag für die Illustrationen darin.
Die Einkünfte aus diesem Projekt, der Verkauf von Gemälden und die Unterstützung Meyers ermöglichten es Kuhnert schließlich, seine erste eigene Expedition nach Afrika zu organisieren, damals noch ein kühnes Unterfangen ohne zuverlässige Karten, Verkehrswege und Transportmittel. Weite Märsche mussten mit Trägern zurückgelegt werden. Dazu kamen noch regionale Konflikte und Aufstände. Doch Kuhnert wollte Tiere in ihrem natürlichen Lebensraum wiedergeben.
So entstanden vor Ort Skizzen von fremdartigen Landschaften, Tierstudien in Bleistiftzeichnungen oder in schnellen Ölskizzen. Dieses Material kombinierte er später im Atelier, setzte Tiere in die ihnen entsprechende Landschaft hinein. Vor Ort hinderten ihn Klima, Materialknappheit, die Scheu oder Angriffslust der Tiere an einer genaueren Ausarbeitung. Dennoch besitzen gerade die spontanen Ölskizzen eine besondere Ausstrahlung und zeugen von großem Können im Erfassen des Wesentlichen.
Von seiner ersten Reise nach Ostafrika (1891 bis 1892), die ihn von Ägypten ins heutige Tansania führte, brachte Kuhnert auch viele Personendarstellungen mit: Porträts von Menschen, die ihn wegen ihrer faszinierenden Fremdartigkeit und ihrer Würde interessierten. Auf einer Ölskizze zeigt er aber auch sein Lager mit der deutschen Reichsflagge am Zelt.
Obwohl er auch auf feindselige Afrikaner stieß und trotz der Unberechenbarkeit wilder Tiere war diese Expedition sehr erfolgreich. Heimgekehrt konnte Kuhnert in den folgenden Jahren sein Material auswerten, veröffentlichte seine Tier-Darstellungen in Reisebeschreibungen und Tierbüchern.
Seine zweite Afrika-Expedition von Juni 1905 bis Mai 1906 führte ihn von Daressalam aus ins Landesinnere. Dort wurde er vom Aufstand gegen die deutsche Kolonialherrschaft am Weiterarbeiten gehindert. Um sich zu beschäftigen, skizzierte er in lockeren Bleistift-Zeichnungen das afrikanische Alltagsleben. Später konnte er doch noch viele Tiere in freier Wildbahn zeichnen, wurde aber dann von der Regenzeit am weiteren Arbeiten gehindert. Auf einer Missionsstation entstanden Studien der Kirchenbesucher. Auch Aufständische oder einen Askari-Krieger porträtierte er. Aufregend waren später Begegnungen mit Nashörnern oder Büffeln.
Bei der dritten Afrikareise 1911 zusammen mit dem König von Sachsen nach dem Sudan und Ägypten war der Maler nicht so glücklich. Er war nicht sein eigener Herr, die Fahrt verlief langsam, die Landschaft war meist wenig abwechslungsreich. Immerhin konnte Kuhnert eine stattliche Reihe von Jagdtrophäen abbilden. Und noch einmal machte sich der Maler im Jahr 1911 auf Reisen, startete von Daressalam aus und gelangte aufgrund verkehrstechnischer Verbesserungen noch weiter ins Landesinnere. Er studierte Elefanten, Zebras, Gazellen, Marabus, und immer wieder Löwen. Die Landschaft reizte ihn ebenso, was sich beispielsweise in der Ölskizze eines Unwetters über der Steppe niederschlug.
1912 kehrte Wilhelm Kuhnert nach Deutschland zurück. Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs unterband weitere Afrika-Expeditionen. Doch Kuhnert besaß ausreichend Material für Auftragsarbeiten und schuf nun repräsentative große Ölgemälde. Auf ihnen erweist er sich als Meister der lebendigen Tierdarstellung, setzt dabei sehr geschickt die Lichtführung ein und erzielt eine für ihn typische atmosphärische Wirkung.
(Renate Freyeisen)

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