Kultur

Noch in keiner seiner Inszenierungen stellte Andreas Wiedermann so viele Schauspieler auf die Bühne wie in „Macbeth“. (Foto: Jürgen Bergbauer)

05.01.2017

Ballade des inneren Terrors

Andreas Wiedermann bringt seine „Macbeth“-Inszenierung ins Theater Plan B nach München – zeitgleich bringt das Residenztheater eine eigene Fassung auf die Bühne

Der Mann regiert ein Theaterimperium. Trotzdem hat er keinen einzigen fest angestellten Schauspieler, höchstens ein eingespieltes Technikteam. Wenn man mit Andreas Wiedermann wegen seiner bevorstehenden Produktionen und Premieren spricht, legt man sich am besten Landkarte und Kalender daneben: Reden wir über sein „Theater im Puls“, die „opera incognita“ oder das „Theater Plan B“, reden wir gerade über Aufführungen in Straubing, Dorfen oder München? Und im Moment muss man aufpassen, dass man seine Münchner Macbeth-Premiere am 14. Januar nicht mit der im Residenztheater einen Tag zuvor verwechselt. Er hat, so Wiedermann, seine Münchner Termine schon vor zwei Jahren festgelegt. Und da hatte er keine Ahnung, dass er mit Andreas Kriegenburg in Konkurrenz tritt.

Archaisches Märchen

Trotzdem ist ein Vergleich schon jetzt interessant. Im Staatsschauspiel wird „ein Mann auf dem Hochplateau der Gesellschaft mit Ehrgeiz, genügend Begabung und liebevoller Ehefrau bedacht“ angekündigt. Bei Wiedermann in der Black Box des Gasteig ein „archaisches Märchen“ in der Atmosphäre des Londoner Globe Theaters. Für den ambitionierten Regisseur und Theaterleiter Wiedermann das zugleich der Anfang eines mehrjährigen Shakespeare-Zyklus’: „Trilogie der Macht“ soll der heißen, nach Macbeth soll es eine eigene Version der Römer- und dann der Königsdramen geben. „Ich habe mir vorgenommen, Shakespeare nicht einzeln zu spielen, sondern in subjektiven Zusammenhängen“ – und zwar weder in staatstheaterlich glattem Hochdeutsch noch in einer bluttriefenden Horrorvision. Macbeth habe ihn von Jugend an fasziniert, erzählt Wiedermann, und seine Vision dieses Stücks sei immer die eines großen Volkstheaters gewesen mit Hexen, Bankettszenen und Schlachten in aller nur denkbaren Opulenz. Dazu gehören auch so viele Schauspieler wie noch nie in einer seiner Inszenierungen: 25 Mitwirkende, davon drei Profis, damit verbunden auch die Stimmenvielfalt von Amateuren aus Niederbayern – Leute, die schon jahrelang in Volkstheaterstadeln spielen und ganz bewusst eine andere Sprache als Hochdeutsch sprechen. Gerade das findet Wiedermann wichtig: Sprachvielfalt und unterschiedlicher Zugang zu Sprache. Seine archaische Macbeth-Welt spielt in der Black Box in „traversen Kästen“, einem Bühnengeviert voll von Korkschrott. Daraus kann Macbeth nicht entfliehen, die Menschen um ihn herum manipulieren ihn. Zivilisiert und gepflegt soll das alles nicht sein, aber auch kein Blutrausch – und ganz ohne Video auskommen: „Wenn so viel von Blut gesprochen wird, brauche ich es nicht auch noch zu zeigen.“ So will Wiedermann ein Theater der asketischen, aber zugleich opulenten Züge „in einer differenzierten Vorstellung von Raum“. Er will eine „Ballade des Schreckens“ und des „inneren Terrors“ . Und das in höchster sprachlicher Verdichtung: „Macbeth ist für mich eines der sprachlich schönsten und zugleich am meisten apokalyptischen Stücke Shakespeares“ – jenseits aller Geschwätzigkeit. Deshalb kann er das Stück auch bei ganz wenigen Kürzungen in zwei Stunden realisieren: „So wie es geschrieben ist.“ Natürlich liegt es da nahe, Wiedermann als Chef der opera incognita zu fragen, ob er das Schauspiel zum spätsommerlichen Operntermin heuer nicht auch in der Verdi-Fassung bringen will. Aber: „Bei Shakespeare-Vertonungen bin ich immer skeptisch.“

Weitere Premieren

Und wegen seiner Opernpläne habe er sich sowieso noch nicht entschieden. Er hat ja auch genug damit zu tun, die anderen München-Auftritte vorzubereiten: Aus dem Straubinger Theater am Hagen nach München kommt ab dem 26. Januar die Teamtheater-Fassung von Clockwork Orange nach dem Roman von Anthony Burgess. Dann bringt er für drei Vorstellungen ab dem 11. März das Musical Ordinary Days in den Gasteig: „eine schöne, charmante Woody-Allen-Geschichte, musikalisch raffiniert, eine Verbindung von Broadway und Tschechow“. Und am 23. März hat Marc Ravenhills Satire Das Produkt von 2008 Premiere; das war schon damals eine Mischung von Medienschelte und westlichem Blick auf den Islam. (Uwe Mitsching)

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