Kultur

Stolz posieren die Abiturientinnen fürs Erinnerungsfoto - hier ein Ausschnitt, die Gesamtansicht sehen Sie im Beitrag. (Foto: Bayerisches Hauptstaatsarchiv)

26.05.2016

Bayerns Abi-Pionierinnen

Vor 100 Jahren durften Mädchen erstmals an ihrem eigenen Gymnasium die Abiturprüfungen ablegen

Im heutigen Bildungssystem stellen Mädchenschulen eine Ausnahme dar. Als am Beginn des 20. Jahrhunderts höhere Mädchenschulen mit „Gymnasialkursen“ eingerichtet wurden und damit erste Mädchengymnasien entstanden, schlossen sie eine im Bildungssystem bestehende Lücke. Bis dahin beendeten Mädchen ihre Schullaufbahn spätestens mit dem Abschluss einer höheren Töchter- oder Mädchenschule oder sie besuchten ein Lehrerinnenseminar. Der Besuch eines Gymnasiums war für sie jedoch nicht vorgesehen. Das Abitur konnten sie nur über Umwege erlangen. Seit Ende des 19. Jahrhunderts traten einzelne Mädchen als Externe an Knabengymnasien zur Abiturprüfung an. Die Prüfungsvorbereitung mussten sie privat organisieren und bezahlen – an den Kosten beteiligte sich der Staat nicht. Die Aufnahme von Mädchen an staatliche Knabengymnasien wurde erst 1919 genehmigt.

Die elf Absolventinnen des Instituts der Englischen Fräulein in Regensburg, die am 13. Juli 1916 ihr Reifezeugnis entgegennehmen durften, waren zwar nicht die ersten Mädchen in Bayern mit Abitur – neun von ihnen waren aber die ersten jungen Damen in Bayern, die ihre gymnasiale Ausbildung an einem Ausbildungsinstitut absolviert hatten und dort auch geprüft worden waren; zwei Absolventinnen hatten als externe Teilnehmerinnen die Prüfung abgelegt. Somit markiert diese Reifeprüfung am Institut der Englischen Fräulein in Regensburg ein wichtiges Ereignis in einer langen Entwicklung. Vorbildern in Prag und Wien folgend, wurde in München 1894 ein „Verein zur Gründung eines Mädchengymnasiums“ ins Leben gerufen. Das Hauptziel des Vereins konnte zunächst nicht verwirklicht werden. Mit Unterstützung des Vereins organisierte Adolf Sickenberger in München „Privatgymnasialkurse für Mädchen“.

Reif fürs Lehramtstudium


Mit der „Schulordnung für die höheren Mädchenschulen in Bayern“ ermöglichte das Kultusministerium 1911 die Angliederung von Gymnasialkursen an höhere Mädchenschulen. Mädchen konnten nun ihre gesamte Ausbildung bis zum Abitur an einer Schule absolvieren – zur Prüfung allerdings mussten sie weiterhin als Externe an einem Knabengymnasium antreten. Seit dem 17. Jahrhundert engagierten sich die Englischen Fräulein in Bayern für die schulische Bildung der Mädchen. Vom Mutterhaus in München aus wurde eine ganze Reihe von Schulen gegründet, so 1903 die höhere Töchterschule in Regensburg. Deren erste Leiterin, Maria Hohenegg, eröffnete schon vor Erlass der Schulordnung im Schuljahr 1910/11 einen ersten Gymnasialkurs. So konnte 1916 dort – also ein Jahr vor allen anderen Schulen – ein Jahrgang die Abiturprüfung im eigenen Hause ablegen. Alle Damen bestanden die Prüfung und konnten in der Folge zwischen zahlreichen beruflichen Perspektiven wählen. Die Regensburger Absolventinnen zog es vor allem an die Universität, die meisten wurden Lehrerinnen. Melchiora Staudinger beispielsweise studierte Lehramt für die Fächer Deutsch, Französisch und Geschichte. 1921 schloss sie ihr Studium ab und kam als Lehrerin an das Gymnasium der Englischen Fräulein in Regensburg zurück. Im September 1924 wurde sie Nachfolgerin von Maria Hohenegg als Direktorin. (Laura Scherr) Information: „Die Englischen Fräulein und das Mädchenabitur. Ein Schritt in der Frauenbildung“, Ausstellung im Bayerischen Hauptstaatsarchiv, Schönfeldstraße 5, 80539 München. Bis 29. Juli. Abbildung:
Lehrer und Prüfer mit den ersten Abiturientinnen, die in Bayern an ihrer eigenen Schule die Prüfungen ablegten. Die beiden Ordensschwestern mit Kranz sind die externen Prüflinge Mater Maria Mercedes und Mater Melchiora Staudinger; ihre Schulkolleginnen tragen noch Schärpen als „Abi-Insignien“.    (Foto: Bayerisches Hauptstaatsarchiv)

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