Kultur

Klaus Schaefer war zunächst stellvertretender, seit 2001 ist er alleiniger FFF-Geschäftsführer. (Foto: FFF)

22.04.2016

Immer den richtigen Riecher

Der FilmFernsehFonds Bayern feiert sein 20-jähriges Jubiläum

Kino boomt: Fast 140 Millionen Besucher, beinahe 1,2 Milliarden Euro Umsatz. Die Filmförderung pusht kräftig, auf Bundesebene ist sie gerade im Umbruch. Auch der FilmFernsehFonds Bayern justiert ständig seine Richtlinien nach. Dessen Chef Klaus Schaefer betont aber: „Wir machen Kultur- und nicht Wirtschaftsförderung.“ Klaus Schaefer ist erfolgsverwöhnt. Ihm strömen die Millionen nur so zu. Freilich, nichts ist umsonst: Der „nicht selbstverständliche Geldsegen“, wie er das Budget Etat des FilmFernsehFonds Bayern (FFF) tituliert, ist keine Gnadengewähr, sondern muss verdient werden. Bevor der Freistaat ebenso wie die Gesellschafter des Filmförderers ihre 18 bzw. neun Millionen Euro (2015) rausrücken, wollen sie Erfolge sehen. Und Klaus Schaefer präsentiert sie ihnen.

Spitze bei Rückzahlungen

Zum Beispiel das: Neun „Kinomillionäre“ mit den Zuschauern als Maßeinheit gab es letztes Jahr in Deutschland – bei Fünfen hatte der FFF den richtigen Riecher und auf sie gesetzt. Von den Fördergeldern kommt demnächst einiges zurück – verzinst zu aktuellen Bankkonditionen. Allein der deutsche Blockbuster Fack yu Göhte 2 (über 7,6 Millionen Zuschauer) wird auch dieses Jahr die Rücklaufquote kräftig anfüttern. Zwischen zehn und 20 Prozent kommen von den gewährten Darlehen für Kinofilme pro Jahr zurück – „damit sind wir bundesweit Spitze“, freut sich FFF-Geschäftsführer Klaus Schaefer.

Dabei sein und abräumen

Und dann noch der „Bayerneffekt“! Aber bevor er dessen Traumquoten zitiert, reißt der Jurist und frühere Staatskanzlei-Beamte abrupt das Ruder herum: „Wir betreiben gleichwohl in erster Linie Kultur- und nicht Wirtschaftsförderung. Der Film ist ein Kulturgut und die Gründung des FilmFernsehFonds war eine kulturpolitische Entscheidung.“ Das erzwingen allein europäische Vorgaben: Unter dem Aspekt der Wirtschaftsförderung wäre die Förderung des Filmgeschäfts im wirtschaftlich reichen München kaum durchzubringen. Wie misst man kulturelle Erfolge? Preise, Auszeichnungen, Nominierungen stehen hier hinter dem Istgleich-Zeichen. Und Klaus Schaefer hat sie alle parat, diese Erfolge aus früheren Jahren und die aktuellen – die Filmplakate in der FFF-Geschäftsstelle in der Münchner Sonnenstraße sind stolzer Schmuck, als Gedächtnisstütze braucht er sie nicht: Charlotte Links Nirgendwo in Afrika bekam 2003 den Oscar, 2007 Florian Henckel von Donnersmark für Das Leben der Anderen. Das sind noch immer die prominenten Aushängeschilder, Klaus Schaefer pocht aber auf die Konstanz, mit der FFF-geförderte Filme in allen namhaften Wettbewerben Deutschlands und Europas auftauchen: „Es ist nicht leicht, überhaupt in die Wettbewerbe zu kommen. Auch die Berlinale ist als internationale Veranstaltung keinesfalls ein Selbstläufer für die deutsche Filmbranche. Da war 2008 allein die Nominierung von Doris Dörries Kirschblüten – Hanami als einer von nur zwei Kandidaten für den besten Film schon ein sensationeller Erfolg.“

Die härteste Nuss knacken

Oder die Filmfestspiele in Cannes: Das sei die „härteste Nuss“ für den deutschen Film. Acht Jahre hat es gedauert, bis überhaupt wieder ein deutscher Beitrag ins Rennen um die Goldene Palme aufgenommen wurde – jetzt kommt Maren Ade (39). Sie wird dort im Mai ihre Tragikomödie Toni Erdmann zur Premiere bringen; der FFF hat die Produktion mit 100 000 Euro unterstützt.
Man ist wieder beim Geld: „Natürlich hat jede kulturelle Förderung – also die Herstellung eines Kulturgutes – eine wirtschaftliche Seite“, sagt Klaus Schaefer. Er ist nicht Alleinherrscher über derzeit rund 30 Millionen Euro, die der FFF alljährlich als Fördergelder zu vergeben hat: Mächtigstes Gremium ist der dreizehnköpfige Vergabeausschuss: In dem sitzen vom zehnköpfigen Aufsichtsrat mit Wirtschaftsministerin Ilse Aigner als Vorsitzender fachkundige Mitglieder, auf drei Jahre gewählt aufgrund von Vorschlägen aus dem Gesellschafterkreis. Dieser Vergabeausschuss tagt fünf Mal jährlich. Oft werden es Marathonsitzungen, obwohl Klaus Schaefer mit seinen Fachreferenten zuvor diese Beratungen gründlich vorbereitet. Die Ausschussmitglieder haben zuvor die Unterlagen zu jeder der Einreichungen bekommen – der Vorsitzende Schaefer hat eine Vor-Abstimmung noch ohne Diskussion eingeführt: „Bei 0:13 oder umgekehrt 13:0 ist das Votum klar, dann wird nicht mehr lange darüber diskutiert.“ Damit eine Einreichung bei der Förderung berücksichtigt wird, braucht es eine Zweidrittelmehrheit (9:4). Der FFF-Geschäftsführer ist Vorsitzender von zwei weiteren Vergabeausschüssen: Jenem fünfköpfigen für internationale Koproduktionen – einer „schnellen Eingreiftruppe“, die jährlich vier Millionen Euro mit einer maximalen Einzelsumme von zwei Millionen Euro ausgeben kann. Und dann gibt es noch einen siebenköpfigen Vergabeausschuss für die Games-Förderung, der über durchschnittlich eine halbe Million Euro entscheidet.

Keine Seilschaften möglich

Viele Köpfe, hoher Sachverstand – eine optimale Konstruktion für Klaus Schaefer: „Da können keine Seilschaften entstehen. Außerdem ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass uns bei den Einreichungen nichts Wichtiges durch die Lappen geht.“ Und wichtig ist nicht nur der Stoff, sondern doch auch die wirtschaftliche Dimension. Ein wichtiges Bewertungskriterium ist der „Bayerneffekt“. Der muss zwingend 150 Prozent betragen – das bedeutet: Wer 100 Euro vom FFF bekommt, muss dafür 150 Euro in Bayern ausgeben. „Wir liegen aber weit darüber“ (siehe Kasten). „Dieses Geld geht nicht in Maschinen sondern in Arbeitsplätze, das sind Löhne für Filmschaffende und andere Beteiligte, sie alle zahlen Steuern, die dem Staat wieder zufließen.“

Nehmen und geben

Klaus Schaefer verteidigt in diesem Zusammenhang das Engagement des FFF bei internationalen Filmen, die in Bayern gedreht werden: Zum einen müssten prinzipiell deutsche (nicht explizit bayerische) Koproduzenten mit von der Partie sein. Dann erinnert er beispielhaft an den deutsch-finnischen Film Big Game mit Star Samuel L. Jackson: Gedreht wurde in den Bavaria Filmstudios und überwiegend „on location“ in Garmisch-Partenkirchen. „Da waren mehrere Wochen drei Hotels komplett von Filmschaffenden belegt. Und zwar außerhalb der Hauptsaison.“ Eine Million Euro hat der Film vom FFF bekommen, über die Hälfte des Darlehens ist bereits zurücküberwiesen worden. Touristiker lassen sich das Filmgeschäft nicht entgehen: Der FFF betreibt mit der Bayern Tourismus GmbH die „Filmkulisse Bayern“: „Wenn wir zum Beispiel die Anfrage nach einer Bahnhofskulisse aus dem 19. Jahrhundert bekommen, geben wir das sofort ins Netzwerk. Oft kommen schon nach wenigen Minuten Angebote der kommunalen Partner. Da sind dann meist schon Bilder dabei, selbst Daten zur Infrastruktur, etwa wo und wie viele Hotelzimmer es am Ort gibt.“ Freilich stehen nicht überall die Türen offen für Dreharbeiten – der FFF ist dann oft der sanft-dirigierende Berater. Neuschwanstein beispielsweise: Da beißt sich mancher Filmemacher die Zähne aus. „Wir werben und überzeugen dann mit anderen möglichen Kulissen. Wir haben Hunderte von privaten Schlossbesitzern, die Filmteams offen empfangen, in deren Gebäuden der Denkmalschutz nicht so heikel ist.“

Neue Fördersparten

Keine Drehgenehmigung brauchte es für The hidden mystery of Neuschwanstein: Es ist ein Computerspiel. Der FFF hat sein Portfolio vor gut sieben Jahren um die Gamesbranche erweitert. Deutschland spielt dabei international zwar keine große Rolle – „aber das ist doch gerade ein Grund für uns, der jungen Branche unter die Arme zu greifen“, sagt Klaus Schaefer. „Vorgabe für die Förderung ist, dass das Spiel pädagogisch oder kulturell wertvoll sein muss. Wir haben damit von vorneherein auf die Nische gesetzt.“ Keineswegs eine Nische, sondern ein gigantischer Wachstumsmarkt ist die VFX-Branche, die all die raffinierten visuellen Filmeffekte kreiert. Auch sie hat im FFF inzwischen eine eigene Fördersparte. In München sitzen mit Scanline und Trixter zwei der weltweit renommiertesten Firmen. Die Besonderheit der Szene: Hier handelt es sich um reine Dienstleister, die nicht an Filmumsätzen beteiligt sind. Die FFF-Gelder sind deshalb auch keine Darlehen, sondern Zuschüsse, die nicht zurückgezahlt werden müssen.

Das große Kino bleibt

20 Jahre FilmFernsehFonds Bayern: Das Nachjustieren geht weiter. Die Branche wandelt sich rasant – zunehmend kommen Anbieter wie Amazon und Netflix ins Gespräch. Vielleicht wird der FFF auch da irgendwann in die Förderung einsteigen? „Wenn sie bei uns einzahlen, wenn sie in deutschen, hochpreisigen und hochwertigen Content investieren“, skizziert Klaus Schaefer grob die Bedingungen. Bei einer Tour d’Horizon im vergangenen Jahr hat er die amerikanische Szene abgeklopft: „Alle Anbieter sind sehr am europäischen Markt interessiert, wirtschaftlich wie inhaltlich. Wenn es da zu Kooperationen käme, könnte das die Programmfarbe in Europa erweitern.“ Bislang schreiben es freilich die FFF-Statuten vor, nur Kinofilme und Fernsehfilme zu fördern. Und bei allen Veränderungen in der Branche, bleibt das „große Kino“ für Klaus Schaefer die Königsklasse – das Kinopublikum gibt ihm Recht: Mehr Zuschauer, die auch bereit sind, für Erstklassige Leinwandqualität auch mehr für die Kinokarte zu zahlen. Klaus Schaefer schaut aufs Filmplakat zu Nirgendwo in Afrika, fast schaudert es ihn: „Stellen Sie sich diesen Film mal auf einem iPad vor!“ (Karin Dütsch)

Hightlights der FFF-Bilanz 2015

• Gesellschafter:
Freistaat (55 Prozent), Bayerischer Rundfunk (12 Prozent), Bayerische Landeszentrale für neue Medien (8 Prozent)), ProSiebenSat1 (6 Prozent), ZDF (4 Prozent), RTL (6 Prozent), FFF (treuhänderisch, 9 Prozent).

• Vergabeausschüsse:
Ausschuss mit 13 Mitgliedern (Vorschlagsberechtigt: 7 Freistaat, 5 nichtstaatliche Gesellschafter, FFF-Geschäftsführer), er tagt fünfmal jährlich. Aus diesem wurde ein fünfköpfiger Unterausschuss für internationale Koproduktionen gebildet (tagt nach Bedarf). Ein siebenköpfiger Games-Ausschuss tagt zweimal im Jahr.

• Fördersumme 2015:
Gut 31,8 Millionen € inklusive Bayerischer Bankenfonds und Computech Media Förderung.

• Förderempfehlungen:
Gesamt knapp 31 Millionen e. Davon 18,3 Millionen € für die Produktion von Kinofilmen, Internationalen Koproduktionen, VFX. 4,6 Millionen € für die Produktion von Fernsehfilmen, knapp 1,7 Millionen € für Nachwuchsfilme.

Abbildungen:
Gut lachen hatte Klaus Schaefer bei "Der Schuh des Manitu" - nicht nur des Inhalts, sondern auch des wirtschaftlichen Erfolgs wegen: Michael "Bully" Herbig zahlte schnell sein Darlehen samt Zinsen zurück. (Foto: dpa) Die Berlinale ist ein internationaler Wettbewerb und kein Selbstläufer für den deutschen Film. Deshalb ist schon allein die Nominierung ein Erfolg - und darüber freute sich auch Doris Dörrie mit den Hauptdarstellern Hannelore Elsner und Fritz Wepper für ihren Film „Kirschblüten – Hanami“ (Berlinale 2008). (Foto: dpa) Der Kinokassenknüller 2015 war "Fack you Göhte 2" - auch er hat vom FFF Unterstützung bekommen. (Foto: FFF)

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