Kultur

Rachel Willis-Sørensen als Hélène mit Mitgliedern der SOL Dance Company. (Foto: Wilfried Hösl)

16.03.2018

Liebe unter Zombies

In „Les Vêpres siciliennes“ an der Bayerischen Staatsoper jongliert Antú Romero Nunes halbherzig mit Assoziationen

Für Antú Romero Nunes gibt es Parallelen zwischen Giuseppe Verdi und Star Wars. Das bezieht der Theatermacher aus Tübingen jedenfalls auf die Oper Les Vêpres siciliennes von 1855. Hier wie dort seien das Politische und das Persönliche miteinander verstrickt, so Nunes bei einer Einführungsmatinee. Doch in seiner Neuinszenierung für die Bayerische Staatsoper schafft er es nicht, diese Ebenen klug zu verbinden. Dabei passt der Opernstoff perfekt zu Nunes’ emotionaler und politischer Bühnensprache.
Vor dem Hintergrund des Volksaufstands in Palermo von 1282 gegen die Franzosen entwickelt Verdi drei konfliktreiche Beziehungen. Die sizilianische Herzogin Hélène (Rachel Willis-Sørensen) und Henri (Bryan Hymel) lieben sich, aber: Henri findet heraus, dass er der Sohn des französischen Gouverneurs Montfort (George Petean) ist. Für die Aufständischen wird Henri zum Verräter, vor allem für den Anführer Procida (Erwin Schrott).

Universelle Botschaft

In der Ausstattung von Victoria Behr sind alle Personen Halbtote. Die Sizilianer sind Zombies, weil sie sich unter der Besatzung nicht frei ausleben können. Die Franzosen sind ebenfalls todgeweiht, weil die von ihnen gesäte Gewalt auf sie selbst zurückfallen wird. Hierin erkennt Nunes eine universell gültige Botschaft. Deswegen turnt zur Ouvertüre ein Tänzer der Sol Dance Company über die Bühne. Er trägt bald eine Schwimmweste. Krieg und Flüchtlinge: Nunes jongliert mit Assoziationen, die allerdings nur ausgestellt werden.
Hierzu hat Matthias Koch eine düster-karge Bühne entworfen. Die Figuren sind auf sich selbst zurückgeworfen. Diese Reduktion wird für eine vielschichtige Personenführung nicht genutzt. Das gilt selbst für den spannenden Vater-Sohn-Konflikt. Er beschränkt sich auf eine Vitrine, in der die Mutter Henris steckt. Sie ist ganz in Weiß gekleidet. Mit dem Heiligenschein wirkt sie wie eine Santa Rosalia, die Schutzpatronin Palermos. Das ist zwar effektreich, bleibt aber als Idee ziemlich dünn.
Noch dünner ist die Klanginstallation, die vom vierten zum fünften Akt überleitet. Sie wurde von Nick & Clemens Prokop aus Rosenheim ausgetüftelt und verfremdet Motive von Verdi: mit Techno-Sound und Elektroakustik.
In der Choreografie von Dustin Klein bewegen sich dazu Tänzer. Sie scheinen einer futuristisch-surrealen Performance entsprungen. Das alles wirkt wie ein Fremdkörper. Es ist löblich, dass Nunes die Balletteinlagen in eine moderne Tanzsprache übersetzen möchte. Allerdings hätte er an dieser Stelle die Andeutungen seiner Regie audiovisuell und choreografisch bündeln müssen.

Schwacher Star

Unter Omer Meir Wellber konnte auch das Bayerische Staatsorchester dieser Regie keine Tiefenschärfung schenken. Bei der Premiere gab sich Wellbers Verdi überaus effektreich, bisweilen brachial und übersteuert. Die verdüsterte, raue, karge Instrumentation konnte sich kaum entfalten. Das ging auch zulasten des Gesangs, wobei Hymel besonders zu kämpfen hatte. Im fünften Akt musste er von Leonardo Caimi stimmlich ersetzt werden. Auch Willis-Sørensen kam nur bedingt gegen die orchestrale Übermacht an. Gänzlich matt blieb der Glamour-Star Schrott. Dagegen hat George Petean ein vielschichtiges Montfort-Porträt gestaltet. (Marco Frei)

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