Kultur

Sir Bryn Terfel in seiner Paraderolle als Sir John in "Falstaff". (Foto: Meisel)

23.01.2017

Lüsterner Dino d’amore

Präzise und schnellzüngig: Sir Bryn Terfel und das BR-Symphonieorchester begeistern mit einer konzertanten "Fallstaff"-Aufführung

Adel verpflichtet: Sir Bryn singt Sir John, die Paraderolle des walisischen Hünen. In der vorigen Saison hatte Terfel seine Konzerte beim Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks abgesagt. Dafür kam er jetzt mit dem Besten, was er kann: „Falstaff“. Es war ein Triumph an zwei Abenden für den frisch geadelten Bariton. Konzertante Opern sind derzeit en vogue: für Opernfreunde, die Regieexperimente müde sind und für vergessene Stücke, die damit ihr Comeback schaffen. Bestes Beispiel derzeit Bizets „Die Perlenfischer“ in Nürnberg und München und nächstens als Eröffnungspremiere für die renovierte Berliner Staatsoper. Regelmäßig spielen auch Rundfunk- und Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks (BR)  Opern auf dem Konzertpodium: mehrfach Tschaikowsky - jetzt Verdis „Falstaff“ in Konkurrenz zur immer noch erfolgreichen, betagten Staatsopernproduktion. Statt Zubin Mehta dort, Daniel Harding jetzt in der Philharmonie. Und man wusste schon vor dem donnernden Eröffnungsakkord: Der würde besonders die Motorik von Verdis letzter Oper betonen, das Parallele von Wort und Musik, die unwagnerianische  Parlando-Wendigkeit, den Kommentarcharakter der Partitur. Das BR-Symphonieorchester folgt alldem mit äußerster Präzision und schnellzüngiger Attacke. „Konzertant“ heißt heute nicht mehr: eine steife Reihe von Sängern vor dem Orchester, sondern halbszenische Aktion, die besonders solchen Rollenspezialisten wie Bryn Terfel leicht fällt: schon vor 13 Jahren hat er seinen ersten Falstaff in Sydney gesungen. Und auf dem Podium hinterm Orchester steht nur, wer in einer Szene auch tatsächlich mitspielt. Große Übertitel machen  bis hinauf in den Philharmonie-Olymp alles verständlich. So hat die Doppelaufführung neben der scharfen Analyse, der exakten Führung durch Harding ihre Höhepunkte in fulminanten Sängerpersönlichkeiten: Laura Poverelli kann, was Bühnenpräsenz anbelangt, mit Falstaff mithalten, so ganz abgefeimt intrigant ist sie als Meg Page trotz ihres fülligen Alts denn doch noch nicht, besonders nicht, wenn Terfel gegen sie oder mit ihr alle seine komödiantischen Register zieht. Mit raumfüllend-überschäumender Eifersucht ist Christopher Maltman ein (fast) gehörnter Ford. Eine herrliche Mischung aus Hintertriebenheit und Liebreiz spielen Barbara Frittoli und Judit Kutasi als „lustige Weiber von Windsor“ aus. Dem Dienerpaar Falstaffs (Alasdair Elliott und Mario Luperi) merkt man langjährige Rollenerfahrung an. Ansonsten junge, frische Stimmen (und gefährliche Dékolletés). Das Maskenspiel im Wald von Windsor freilich blieb konzertant der Phantasie des Publikums überlassen (feine „Sommernachtstraum“-Nuancen mit dem BR-Chor). Der Abend mit dem lüsternen Dino d’amore des Bryn Terfel bleibt in dauernder Erinnerung: eine minutiöse, anspielungsreiche Phrasierung bis in das letzte „e“ von Mezzanotte hinein, die herrlichen Schimpfworttiraden und die dank Harding keinen Moment nachlassende Spannung von Verdis zukunftsweisendem Altersstil. Deutsche Gemütlichkeit hat in einer solchen Interpretation keinen Platz. (Uwe Mitsching)                                    

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