Kultur

Deutsche Orgeltabulatur, Nürnberg um 1650 (Foto: Bayerische Staatsbibliothek, Signatur Mus.ms. 4485, fol. 17v-18r).

23.03.2018

Nachrichten aus dem Elfenbeinturm

„Etlich Liedlein zu singen und uff der Orgeln und Lauten zu schlagen“: Die Bayerische Staatsbibliothek veranstalte eine Fachtagung zu den handschriftlichen Tabulaturen und Stimmbüchern aus dem 16. und 17. Jahrhundert

„Versungen und vertan“: nichts war es mit Ritter Stolzings erstem Versuch, ein Meistersinger zu werden - zu viele Verstöße gegen die „Tabulatur“. Aber die Herren Sachs, Pogner oder Kothner in Richard Wagners Oper wussten, was das ist, konnten die Regeln aufsagen oder danach singen – wie ihre realen Kollegen des 16. Jahrhunderts. Was Wagner im ersten Akt der „Meistersinger von Nürnberg“ operngemäß vorführte, das wollte jetzt eine wissenschaftliche Tagung klären: in Zusammenarbeit von Bayerischer Staatsbibliothek, Bayerischer Akademie der Wissenschaften, dem musikwissenschaftlichen Lehrstuhl Augsburg und dem Münchner Orff-Zentrum. Das lud auch die Öffentlichkeit zu einem Abend unter dem Titel „Etlich Liedlein zu singen und uff der Orgeln und Lauten zu schlagen“ ein – das Thema so kompliziert wie auch eine Tabulatur aussieht. Stimmbücher und Tabulaturen reihen sich ein in die Bemühungen der Renaissance, die Musik, den Tanz aus der mündlichen und praktischen Überlieferung heraus dauerhaft festzuhalten und zu verschriftlichen. Das „Forum historische Musikinstrumente“ des  Germanischen Nationalmuseums hat das kürzlich für „historische Tänze“ dargestellt, jetzt versprach man sich in München Parallelen zur Tastenmusik. Immerhin spielte Alfred Gross aus Reutlingen solche „Intabulierungen“ aus dem 16. Jahrhundert vor, will sagen Musik von Heinrich Isaac, Ludwig Senfl, Orlando di Lasso, um nur die berühmtesten zu nennen. Gross ist Spezialist auf historischen Instrumenten, spielte im Orff-Zentrum auf dem  Nachbau eines Renaissance-Cembalos von vor fünfhundert Jahren. Was ficht bei solchen Zeitdimensionen an, dass die Tagungsteilnehmer sich Zeit zum Abendmahl nahmen und die Zuhörer weit mehr als das akademische Viertel warten ließen – vielleicht auch auf die Digitalisierung, die man für die Tabulaturen vor hat. Zur so erweiterten  Länge des Abends gehörte auch, dass der Leiter des Orff-Zentrums, Thomas Rösch, die Beziehung des Themas zu seiner Institution umriss: Die bestand in einem „Kleinen Konzert nach Lautensätzen aus dem 16. Jahrhundert“ von Carl Orff, das im Herkulessaal München uraufgeführt wurde und über das man in der Bayerischen Staatszeitung vom 27. 9. 1928 nachlesen kann. Auch über den „männlichen Zugriff“ der Cembalistin Anna Barbara Speckner, erst Orff-Assistentin, später mit einer Cembaloklasse am Salzburger Mozarteum. Was der Vortrag über das goldene Zeitalter Augsburgs in all seiner Detailverliebtheit mit dem Tabulaturenthema zu tun hatte, mochte man sich vielleicht zusammenreimen: Die Augsburger Bibliotheken bewahren viele Originale davon auf. Davon aber war in einem bunten Vortrag von Christof Paulus keine Rede – immerhin gab es ein musikwissenschaftliches Ergebnis: Die Fugger waren auch Förderer und Sponsoren von Musik. „Die Musik zu dem, was geforscht wird“ gab es danach. Die Wissenschaftler wussten sicher, was eine „Tabulatur“ dieser Musik  ist, der Rest des Publikums musste sich damit begnügen, „süddeutsche Tastenmusik“ zu hören -  beeindruckende Beispiele von Kompositionen aus der Zeit Maximilians I.: ein tönendes Spezialisten-Seminar im Elfenbeinturm der Alten Musik, eine Abendunterhaltung für die Uni-Gäste aus Wien oder Hamburg. (Uwe Mitsching)

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