Kultur

Nadine Zeintl begeistert als Eliza Doolittle, hier mit Friedrich von Thun als Oberst Pickering und Michael Dangl (rechts) als Professor Henry Higgins. (Foto: Marie-Laure Briane)

16.02.2018

Vom prallen Leben überwältigt

„My Fair Lady“ am Münchner Gärtnerplatztheater versprüht sinnliche Komik

Wer Stars verpflichtet, verspricht sich viel Glanz. Mit Cornelia Froboess und Friedrich von Thun hat das Gärtnerplatztheater für My Fair Lady von 1956 auch auf zwei Schauspieler gesetzt, die dem breiten Publikum aus Film und Fernsehen bestens bekannt sind. Natürlich ist Thun ein herrlich schlau-charmanter Oberst Pickering, und Froboess überzeugt als liberale Grand Dame Mrs. Higgins. Trotzdem glänzt diese Neuproduktion ganz aus sich selber heraus.
Ob Orchester, Chor, Solisten und Ensemble: Unter der kenntnisreichen Leitung von Andreas Kowalewitz haben sie alle ein kurzweiliges Musiktheater geboten. Auf der Bühne wurde gesprochen und gesungen, getanzt und gespielt, wie es sich für dieses Musical von Frederick Loewe nach Bernard Shaws Pygmalion gehört: absolut stilgerecht.

Bairisch statt Cockney

Geradezu beispielhaft wurden die Dialoge verlebendigt, was heute viel zu oft in Musicals, Operetten und Singspielen kläglich misslingt. Dabei profitieren die Solisten auch von der deutschen Übersetzung, die den Humor originalgetreu einfängt und zugleich zeitgemäß pointiert. Sie stammt ursprünglich von Robert Gilbert, wobei Gärtnerplatzintendant und Regisseur Josef E. Köpplinger eigens für seine Neuinszenierung eine „Münchner Textfassung“ erstellt hat. Sie wurde von Stefan Bischoff ins Bairische übertragen.
Die Eliza Doolittle von Nadine Zeintl klang bei der Premiere allerdings mehr österreichisch. Im Original schnattert die freche Blumenverkäuferin im Londoner Cockney-Slang. Für den Linguisten Henry Higgins (Michael Dangl) ist Eliza das perfekte Versuchsobjekt, um aus ihr eine vornehme Dame zu machen. Dafür zahlt er Elizas Vater (Robert Meyer) eine kleine Summe Geld, denn: „Moral muss man sich leisten können.“ Das sagt Papa Doolittle, als er faktisch seine Tochter verkauft.
Für die Studien von Higgins könnte es eigentlich nicht besser laufen, wenn da nicht die Gefühle wären. Sie machen Higgins bald einen Strich durch die Rechnung. Bis dahin aber geht er mit Eliza ziemlich ruppig um, was seiner Mutter Mrs. Higgins und seinem Kollegen Pickering gar nicht gefällt.
Diese soziale Versuchsanordnung lässt Köpplinger in London um 1912 spielen. Hierzu hat Marie-Luise Walek die passenden Kostüme entworfen. Auch die Bühne von Rainer Sinell atmet gleichermaßen Zeit- und Lokalkolorit. Natürlich wäre es konsequenter gewesen, die Handlung gleich ganz nach Bayern zu verlegen. Das hätte besser zur alpenländischen Mundart gepasst.

Frech und temporeich

Dafür aber hat diese Inszenierung einmal mehr gezeigt, welch glückliche Hand Köpplinger für das Komische hat. Mit stupender Intuition gelingt ihm der Spagat zwischen frechem, temporeichem Witz und subtiler Ironie. Selbst in albernen Momenten wirkt seine Komik überaus sinnlich. Bei der Premiere lebte das alles auch dank der famosen Nadine Zeintl. Wie sie Eliza spielte und sang, das war leichte Bühnenkunst vom Allerfeinsten. Mit dem wunderbar selbstherrlichen Higgins von Dangl, der vom prallen Leben überwältigt wird, gab Zeintl ein hinreißendes Paar ab. Auch Maximilian Meyer als hoffnungslos verliebter Freddy wurde auf der Premiere gefeiert. (Marco Frei)

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