Kultur

Rosa Tahedl als Waldarbeiterin. (Foto: Archiv)

16.10.2017

Zwischen Wald und Schule

Eine Ausstellung in Runding über Rosa Tahedl, eine Heimatdichterin des Böhmerwaldes

Der Lebensweg der Schriftstellerin Rosa Tahedl, den eine Ausstellung in Runding, Landkreis Cham, nachzeichnet, fiel in eine Zeit der größten politschen Umbrüche des 20. Jahrhunderts. Vor 100 Jahren, gegen Ende des Ersten Weltkrieges, im Jahr 1917, wurde sie als zweite Tochter eines Eisenbahners und einer Kleinbäuerin im Holzhauerdorf Guthausen (heute „Dobrá“) auf der böhmischen Seite des Böhmerwaldes geboren, wo ihre Eltern in einem kleinen Anwesen wohnten. Nach dem Besuch der Volksschule in Guthausen und der Bürgerschule in Wallern (heute „Volary“) maturierte sie mit Auszeichnung an der deutschen Lehrerbildungsanstalt in Budweis. Der Schulabschluss fiel in eine Zeit, als es für deutsche Lehrkräfte in der damaligen Tschechoslowakei sehr schwer war, eine Anstellung zu erhalten. So musste Rosa Tahedl als Hauslehrerin ihren Lebensunterhalt bestreiten. Der Anschluss an das Deutsche Reich im Jahr 1938  brachte für sie die Möglichkeit, ihren erlernten Beruf nunmehr an verschiedenen Schulen des Böhmerwaldes auszuüben: zuerst in Guthausen, dann in Böhmisch-Röhren, Schattawa, Schönberg, Uhligsthal, Buchwald und an der Lehrerbildungsanstalt Prachatitz. Mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges änderte sich die Lage abermals, und wieder gab es für eine deutsche Lehrkraft keine Möglichkeit der Berufsausübung in der Tschechoslowakei. Der Familie blieb zwar die Vertreibung aus ihrem Heimatort Guthausen erspart (ihr Vater wurde als Facharbeiter benötigt) – für Rosa Tahedl sollte aber eine Zeitspanne von 18 Jahren als Waldarbeiterin in der Umgebung ihres Heimatdorfes beginnen. Erst 1964 wurden ihr und ihrem Vater die Ausreise nach Deutschland bewilligt – die Arbeitskraft des Vaters war für das Regime nicht mehr von lnteresse. Ein Jahr später durfte auch ihre Schwester mit Familie folgen. ln der Chamer Landkreisgemeinde Runding  sollten sie alle eine neue Heimat finden. Rosa Tahedl konnte an der dortigen Volksschule wieder ihren Beruf ausüben und verblieb an dieser Schule bis zu ihrer Pensionierung als Konrektorin im Jahr 1980. Rosa Tahedl kannte aber keinen "Ruhestand" – endlich hatte sie die Zeit, sich vermehrt für die Belange der Heimatvertriebenen in der Sudetendeutschen Landsmannschaft und im Böhmerwaldheimatkreis Prachatitz zu engagieren. In mehreren Büchern und vielen Beiträgen, Geschichten und Gedichten in Böhmerwäldler Heimatzeitschriften hat sie ihre Erlebnisse aus Kindheit, Jugend, Vertreibung und Arbeit unter dem kommunistischen Regime für die Nachwelt niedergeschrieben. Das Miteinander und Aufeinander-Zugehen lag ihr am Herzen und nicht die Klage über erlittenes Unrecht. Beachtenswert ist auch ihr Nachlass an gesprochenen Gedichten und Lebensschilderungen und selbst komponierten Liedern, die im Zuge der Ausstellungsvorbereitungen digitalisiert wurden und wieder erhältlich sind. Ihr packendes Buch über die Zeit von 1945 bis 1964 als Holzarbeiterin in der kommunistischen Tschechoslowakei wurde vom Ohetaler Verlag unter dem Titel „Die Holzfällerin im Schatten des Roten Sterns“ neu aufgelegt.  2006 starb die Böhmerwäldler Lehrerin, Waldarbeiterin, Schriftstellerin, Dichterin und Heimatkundlerin. Die Rosa Tahedl-Ausstellung, sie wird von Euregio unterstützt) wurde vom Böhmerwaldmuseum Wien in Zusammenarbeit mit dem Böhmerwaldbund Wien und dem Böhmerwaldheimatkreis Prachatitz e.V. gestaltet und bereits in mehreren Orten in Deutschland, der Tschechischen Republik und in Österreich gezeigt. Jetzt macht sie Station in Rosa Tahedls zweiter Heimat, in Runding. (BSZ) Information: Bis 15. November täglich von 8 bis 16 Uhr. Alte Kirche, 93486 Runding.

Kommentare (0)

Es sind noch keine Kommentare vorhanden!
Die Frage der Woche

Sollen Schwangerschaftsabbrüche entkriminalisiert werden?

Unser Pro und Contra jede Woche neu
Diskutieren Sie mit!

Die Frage der Woche – Archiv
Vergabeplattform
Vergabeplattform

Staatsanzeiger eServices
die Vergabeplattform für öffentliche
Ausschreibungen und Aufträge Ausschreiber Bewerber

Jahresbeilage 2023

Nächster Erscheinungstermin:
29. November 2024

Weitere Infos unter Tel. 089 / 29 01 42 54 /56
oder
per Mail an anzeigen@bsz.de

Download der aktuellen Ausgabe vom 24.11.2023 (PDF, 19 MB)

E-Paper
Unser Bayern

Die kunst- und kulturhistorische Beilage der Bayerischen Staatszeitung

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.