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Quereinsteiger*innen können jetzt nach sehr viel kürzerer Ausbildungszeit als Fachkraft in Kitas arbeiten. (Foto: dpa/Peter Kneffel

28.03.2024

"Die meisten Kita-Träger finden das gut"

Sozialpolitiker Thomas Huber (CSU) über die Kritik daran, dass Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger nach kurzer Zeit als Fachkraft in Kitas arbeiten können

Quereinsteiger in Kitas: Das könnte helfen, die Personalnot dort zu bekämpfen. Wer Fachkraft in einem Kindergarten werden will und bestimmte Voraussetzungen erfüllt, kann sich neuerdings in drei Blöcken dazu weiterbilden. Das Projekt ist umstritten.

BSZ: Die Ausbildung zur Erzieherin oder zum Erzieher dauert hierzulande mehrere Jahre. Jetzt können Quereinsteiger*innen nach sehr viel kürzerer Ausbildungszeit als Fachkraft in Kitas arbeiten. Warum?
Thomas Huber: In Bayern bieten wir gezielt für Quereinsteiger innovative Weiterbildungsmöglichkeiten für eine Tätigkeit im Bereich der Kindertageseinrichtungen. Alle Module dieser Weiterbildung sind berufsbegleitend und basieren auf den aktuellen Inhalten und Konzepten der Frühpädagogik. Durchläuft man die Qualifizierung in allen fünf Modulen, so dauert die Qualifizierung mindestens 4 bis 4,5 Jahre – und damit mindestens genauso lange wie beziehungsweise länger als die klassische Erzieherausbildung.

BSZ: Kritiker aus der Praxis beklagen das. Sie fürchten, dass die Qualität der Ausbildung sinkt – und damit auch die Qualität der Betreuung.
Huber: Die berufliche Weiterbildung erfreut sich in der Praxis hoher Beliebtheit und ist bei den Trägern in Bayern gut anerkannt. Die Qualifizierung ist inhaltlich hochwertig und methodisch innovativ konzipiert. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer werden gezielt für die Tätigkeit in einer Kindertageseinrichtung qualifiziert. Die Weiterbildung ist damit keine Breitbandausbildung wie die Erzieherausbildung und vermittelt die Kompetenzen, die für eine Tätigkeit als Assistenzkraft, Ergänzungskraft oder Fachkraft in Kindertageseinrichtungen notwendig sind. Ich glaube, dass die angesprochene Kritik die Meinung einzelner Personen oder Organisationen wiedergibt. Der Großteil der Kita-Träger und Verbände, mit denen ich regelmäßig in Kontakt stehe und die auch Mitglied in unserem „Bündnis für frühkindliche Bildung“ sind, teilt die Kritik an dem Gesamtkonzept nicht. Und fest steht auch, ohne ausreichendes Personal kann weder der quantitative noch der qualitative Ausbau der Kindertagesbetreuung voranschreiten.

BSZ: Welche Inhalte werden denn in der modularen Weiterbildung zur Fachkraft vermittelt? Was bleibt im Vergleich zur grundständigen Erzieherausbildung auf der Strecke?
Huber: Die Weiterbildung ist kompetenzorientiert ausgerichtet. Je nach Anforderung an eine spätere Tätigkeit fokussiert sie sich auf die jeweils hierfür wichtigen Teilbereiche, wie rechtliche Grundlagen, Interaktion, Beziehungsgestaltung und Bildungspartnerschaft mit Eltern sowie Beobachtung und Dokumentation, um später eine qualitativ hochwertige pädagogische Arbeit in Kindertageseinrichtungen garantieren zu können. Ein Ausspielen der klassischen Ausbildung gegen die Möglichkeiten der Weiterbildung ist meiner Meinung nach an dieser Stelle nicht zielführend, da beide Konzepte unterschiedliche Zielgruppen mit unterschiedlichen Bedürfnissen, Möglichkeiten und Anforderungen ansprechen. Personen, die sich für das Gesamtkonzept interessieren, können oftmals keine schulische Ausbildung mehr absolvieren. Genau für diese Zielgruppe bietet diese Weiterbildungsmöglichkeit mit ihrem Blended-Learning-Ansatz und der engen Verzahnung von Theorie und Praxis ideale Lernbedingungen, um den Einstieg in das Feld der Kindertagesbetreuung zu schaffe.

BSZ: Wie wird sich der Unterschied in der Qualifikation bemerkbar machen? Werden Eltern und Kinder spüren, ob sie es mit einer weitergebildeten Fachkraft oder einer klassisch ausgebildeten Erzieherin zu tun haben?
Huber: Für die Eltern ist doch vorrangig entscheidend, dass ihre Kinder eine hochwertige Bildung, Erziehung und Betreuung genießen können.

"Enge Verzahnung von Theorie und Praxis"

BSZ: Droht die klassische Erzieherausbildung an Bedeutung zu verlieren, wenn langfristig immer mehr Quereinsteiger den gleichen Job machen?
Huber: Wie ich bereits andeutete, sprechen Ausbildung und Weiterbildung zwei unterschiedliche Zielgruppen mit unterschiedlichen Hintergründen an. Das Weiterbildungskonzept spricht beispielsweise eine Zielgruppe an, für die aus Alters- oder familiären Gründen oder meist, weil bereits eine langjährige einschlägige Erstausbildung oder ein Studium absolviert wurde, der klassische Ausbildungsweg nicht (mehr) infrage kommt. Ein „Mehr an Weiterbildung“ bedeutet somit nicht ein „Weniger an Ausbildung“. Allein durch die vorgegebenen Mindestaltersgrenzen in einigen Modulblöcken ist eine Teilnahme von frischen Schulabgängerinnen und Schulabgängern auch gar nicht möglich.

BSZ: Personalnot herrscht bekanntlich überall und wird eher schlimmer. Ist es aus Ihrer Sicht auch in anderen Bereichen der richtige Ansatz, auf Quereinsteiger zu setzen?
Huber: Ja, die Suche nach spezialisierten Fachkräften wird in allen Branchen immer schwieriger. Im Sinne des lebenslangen Lernens und des demografischen Wandels ist es notwendig, sich allgemein über Quereinstiegsmöglichkeiten Gedanken zu machen. Die Digitalisierung ermöglicht zudem neue Formen des Lehrens und Lernens – orts- und zeitunabhängig, kostengünstig und familienfreundlich. Erfahrene Quereinsteiger können sicher echte Chancen für alle Beteiligten bieten. Der bayerische Arbeitsmarkt ist derzeit zwar trotz aller Krisen robust. Dennoch müssen wir auch künftig alle Arbeitskräftepotenziale ausschöpfen und unsere Unternehmen bei der Bewältigung des Fachkräftemangels bestmöglich unterstützen. Ob und für welche weiteren Branchen Quereinsteiger eine Bereicherung darstellen können, kann ich nicht abschließend beurteilen. (Interview: Monika Goetsch)

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