Landtag

In allen bayerischen Regierungsbezirken gibt es digitale Streetworker. (Foto: dpa/Matthias Merz)

12.04.2024

Letzte Chance: digitale Streetworker

Viele Jugendliche tauchen in virtuelle Realitäten ab – unerreichbar für Sozialarbeiter*innen

Viele Jugendliche sind von normalen Streetworkern nicht mehr zu erreichen. Sie verbringen die meiste Zeit zu Hause im Netz, aktuell im Schnitt pro Tag 4,5 Stunden. 2019 war es nur knapp die Hälfte. Daher gibt es seit der Corona-Pandemie das Modellprojekt „Digitale Streetworker“ des bayerischen Aktionsplans „Jugend“. Dabei kümmern sich digitale Streetworker auf sozialen Plattformen wie Tiktok, Reddit, Discord oder Spieleplattformen um junge Menschen mit Beratungsbedarf.

Die Jugendlichen kommen laut einem Bericht des bayerischen Sozialministeriums meist von sich aus auf die Sozialarbeiter zu. Wie der Leitende Ministerialrat Jürgen Kricke und sein Stellvertreter Alexander Hiersemann ausführten, sind die Streetworker auf der Plattform als seriös kenntlich gemacht. Mittlerweile gebe es 50 Berichte in Zeitungen, Magazinen und Podcasts über das Projekt, auch auf Youtube sei ein Beitrag über 400 000 Mal aufgerufen worden. Über das Projekt sei bundes- und europaweit berichtet worden. 

Ziel des Projekts ist eine anonyme, niedrigschwellige und kostenfreie Kontaktmöglichkeit. Das wurde in der Evaluation auch von den Befragten bestätigt. Seit Projektstart konnten laut Ministerium rund 11 000 Gespräche geführt werden – rund die Hälfte davon mit Beratung. Ein kleinerer Teil wurde an konkrete Beratungsstellen verwiesen. Offiziell gilt das Angebot nur für 14- bis 27-jährige User aus Bayern – aber aufgrund der Anonymität könne und wolle man das nicht so genau nehmen. Es sei keine Konkurrenz zur Jugendarbeit, sondern nur eine digitale Ergänzung, betonten die Ministeriumsvertreter. 

Jugendliche verbringen pro Tag 4,5 Stunden im Netz

In jedem Regierungsbezirk ist ein digitaler Streetworker tätig. Auf Platz eins rangiert bei den Nachfragen die psychische Gesundheit. Auf Platz zwei alles rund um Familie, Freundschaft und Beziehungen. Und auf Platz drei die Herausforderungen in Schule, Ausbildung und Studium, „also wie man überhaupt in den Systemen bestehen kann“, erläuterte Kricke. Über Chats und Videochats könne man Vertrauen zu den jungen Menschen schaffen. Dabei werde auch die Medienkompetenz gefördert. Ein Problem sei die Diskrepanz zwischen der Arbeitszeit der Streetworker und den Internetnutzungszeiten der Jugend.

Sozialausschusschefin Doris Rauscher (SPD) lobte das Projekt. Sie sorgte sich allerdings, ob dessen Finanzierung in den nächsten Jahren gesichert ist. Zwar bekomme der BJR „Spielgeld“ aus der Fraktionsreserve der CSU und der Freien Wähler. Es gehe aber auch darum, ob auch in Zukunft genügend Personal unbefristet für diesen Bereich eingestellt werden könne. „Für 2025 fehlen Gelder“, kritisierte Rauscher. 

Josef Heisl (CSU) erklärte, die Fraktionsreserve von 1,73 Millionen Euro sei kein Spielgeld. Immerhin seien davon Hunderttausende Euro an die bayerische Sportjugend, an Schülerkampagnen, an die Jugendarbeit oder fürs Ehrenamt ausgegeben worden. „Mir ist wurscht, wo das Geld herkommt, solange es ankommt“, sagte Heisl. 

Julia Post (Grüne) erklärte, sie finde das Projekt gut. Um das Thema psychische Gesundheit künftig weiter voranzutreiben, gebe es aber noch „dringenden Handlungsbedarf“ für weitere Projekte. „Vieles ist seit Corona nicht aufgearbeitet“, betonte Post. 

Roswitha Toso (Freie Wähler) bezeichnete die Initiative ebenfalls als „sinnvolles Projekt“. Sie beklagte nur die Altersgrenze von 14 Jahren. „Auch Kinder mit elf oder zwölf Jahren sitzen schon regelmäßig vor dem Computer und gehen nicht aus dem Haus“, gab Toso zu bedenken. Doch die Ministerialen Kricke und Hiersemann geben Entwarnung: Aus Anonymitätsgründen werde nicht nach dem Alter gefragt. „Auch Zwölfjährige werden nicht abgewiesen.“ (David Lohmann)

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