Landtag

Sich nicht von vermeintlichen Schnäppchen blenden lassen: Die Webseite schuhe-rabatt.com ist ein Fake-Shop – und trotzdem noch online. (Screenshot: BSZ)

24.03.2017

Millionenabzocke durch Fake-Shops

Gefälschte Internetshops nehmen vor allem auf Amazons Marketplace zu – doch die Staatsregierung vertraut auf die „A-Z Garantie“

Ein neues Smartphone, die aktuellen Sneaker oder günstige Medikamente: 47 Millionen Deutsche shoppen regelmäßig über das Internet. Doch wer zum Beispiel auf schuhe-rabatt.com ein vermeintliches Schnäppchen kauft, wird bitter enttäuscht: Die Ware wird nie geliefert, warnt die Verbraucherzentrale. Es handelte sich dabei um einen sogenannten Fake-Shop. Letztes Jahr wurde in Bayern ein Mann festgenommen, der über 20 solcher Shops betrieb und so mindestens 748 Kunden hereinlegte. Der Schaden: 350 000 Euro.

Betrug über Online-Shops ist ein zentrales Problem der Cyberkriminalität. Besonders problematisch ist aus der Sicht des SPD-Landtagsabgeordneten Florian von Brunn, dass viele Fälle bei Amazon Marketplace vorkommen. Das Wirtschaftsmagazin t3n berichtet allein im Jahr 2015 von über 75 000 Betrugsfällen bei dem Internetversandhändler. Von Brunn wollte daher wissen, welche Maßnahmen die Staatsregierung gegen Fake-Shops – insbesondere auf Amazon – ergreift.

Nach Angaben des Verbraucherschutzministeriums kümmert sich in Bayern die Zentralstelle Cybercrime bei der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg um Fake-Shops. Die Schadenssumme liege jeweils zwischen 250 und 1000 Euro. Wie viele Ermittlungsverfahren es konkret gab, kann das Ministerium allerdings nicht sagen: Die Taten würden unabhängig von der Begehungsform erfasst. Also fragte das Ressort von Verbraucherschutzministerin Ulrike Scharf (CSU) bei der Verbraucherzentrale Bayern nach. Die berichtet 2016 von rund 20 Beschwerden von bayerischen Kunden. Das dürfte aber nur die Spitze des Eisbergs sein.

Wie viele Verbraucher speziell bei Amazon Opfer von Betrügern wurden, weiß das Ministerium ebenfalls nicht. Gespräche zur Verhinderung von Fake-Shops seien mit dem Unternehmen bislang auch nicht geführt worden. Das überrascht: Immerhin hat der Internetversandhändler laut Statistik-Portal Statista in Deutschland 44 Millionen Kunden. Erst aufgrund der schriftlichen Anfrage nahm das Wirtschaftsministerium mit der Firma Kontakt auf. „Amazon legte daraufhin dar, welche Maßnahmen das Unternehmen zum Schutz der Kunden vor unseriösen Anbietern und vor Produktfälschern ergreife“, heißt es in der Antwort. Solange Kunden für die Zahlung die Webseite nicht verlassen würden, seien sie beim Kauf über die „A-Z Garantie“ von Amazon geschützt.

Für von Brunn zeigt die Antwort einmal mehr, wie schlecht es um den Verbraucherschutz in Bayern bestellt ist. Die Staatsregierung verhamlose das Problem und gebe sich mit den „beschönigenden Stellungnahmen“ von Amazon zufrieden, schimpft er – „und reproduziert diese auch noch eins zu eins.“ Besonders pikant sei, dass die deutsche Amazon-Zentrale in München und das Kundenservice-Zentrum in Regensburg angesiedelt ist.

Die rechtlichen Möglichkeiten von geschädigten Verbrauchern sind gering. Die Fake-Shop-Betreiber sitzen in der Regel im Ausland und sind nur schwer zu ermitteln. Und Amazon hält sich raus: Der Kaufvertrag wird nicht mit der Firma, sondern nur zwischen Kunde und Drittanbieter geschlossen. „Der Staatsregierung sind keine Fälle bekannt geworden, in denen [...] von deutschen Gerichten [...] das Zustandekommen eines Kaufvertrags zwischen Käufer und Amazon bejaht wurde“, heißt es in der Antwort. Da „fraglich“ sei, ob Amazon seine Anbieter überhaupt prüfen müsse, sei auch ein Schadensersatzanspruch eher unwahrscheinlich.

Von Brunn fordert von der Staatsregierung daher mehr Nachdruck gegen Amazon. „Man kann von dem Unternehmen erwarten, deutlich mehr zum Schutz seiner Kunden zu tun als im Moment, und die Verantwortung für Betrug im Rahmen von Amazon Marketplace nicht auf die Kunden abzuwälzen.“ (David Lohmann)

INFO: Fake-Shops erkennen
Fake-Shops wirken häufig seriös und sind nur schwer als gefälschte Online-Shops zu erkennen. Geachtet werden sollte daher auf:

Zahlung: Vorsicht, wenn nur Vorauskasse, Direktüberweisung oder Nachnahme angeboten werden.

Impressum: Ob der Firmensitz echt ist, kann über Streetview gegoogelt werden. Gibt es nur ein Postfach oder eine kostenpflichtige Telefonnummer, sollte dieser Shop nicht genutzt werden. Eine Kontaktaufnahme per Mail oder Telefon sollte ebenfalls vorhanden sein. Fehlt das Impressum ganz, ist der Shop unseriös.

Internetadresse: Die Endung .de ist kein Hinweis auf einen deutschen Sitz. Unter whois.domaintools.com oder denic.de kann der Domaininhaber und Administrator des Shops herausgefunden werden. Sind die Adressen in Übersee – Finger weg. Unter ec.europa.eu/taxation_customs/vies kann die Gültigkeit einer europäischen MwSt-Nummer überprüft werden.

Hilfsprogramme: Es gibt sogenannte Add-ons für Webbrowser, die vor unseriösen Seiten warnen. Mit Flagfox oder WorldIP gelangen Internetnutzer nur auf vertrauenswürdige Seiten. Ein gutes Zeichen ist in der Regel, wenn die Adresszeile mit https beginnt, was für eine gesicherte Verbindung steht.

Kundenbewertung: Ist der Shop in sozialen Netzwerken vertreten? Gibt es Kundenbeschwerden in Internetforen? Existieren Meinungen bei Shop-Bewertungsportalen wie Trusted Shops? Überschwängliche Bewertungen auf der Seite selber oder keine Treffer bei Google sind keine guten Zeichen. (loh)

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