Politik

Burger und Fritten stehen bei den Kleinen hoch im Kurs - auch deshalb werden sie immer dicker. (Foto: dpa)

26.05.2017

Broschüren und gute Ratschläge reichen nicht

Der Anteil übergewichtiger Jugendlicher wächst in Deutschland besonders stark – die Eltern sind oft überfordert, Schulen ebenfalls

Mittags Cola und Pommes, nachmittags Gummibärchen und Hausaufgaben, abends Chips zum Fernsehen: Sport und Gemüse liegen bei Deutschlands Jugend immer weniger im Trend. Das belegen die jüngsten Zahlen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Danach wächst der Anteil übergewichtiger Jugendlicher hierzulande besonders rasant: Zwischen 2001 bis 2013 ist die Quote der dicken 15-Jährigen von 11 auf 16 Prozent gestiegen.

Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml appellierte anlässlich des Europäischen Adipositas-Tages kürzlich an Eltern, selbst mit gutem Beispiel voranzugehen: Die richtige Ernährung und Freude an Bewegung „müssen einem Kind vorgelebt werden“, sagte Huml. „Am besten, die ganze Familie macht mit.“

Stimmt. Nur passiert das eben viel zu selten. Tatsache ist, dass laut OECD ein Viertel der erwachsenen Deutschen fettleibig sind. Besser stehen beispielsweise Japan, Italien oder die Schweiz da. Wie kann man gegensteuern? Die OECD empfiehlt die verbesserte Kennzeichnung von Lebensmittel-Inhaltsstoffen in Kombination mit digitalen Aufklärungskampagnen, außerdem eine Werbebeschränkung für ungesunde Nahrungsmittel oder stark zuckerhaltige Getränke. Eine Idee, die auch die Landtags-SPD gut findet.

Freiwillige Programme wie "Voll in Form":
Lehrer können darüber nur spotten

Doch davon ist man weit entfernt. Immerhin müssen in der EU seit Ende 2016 verpackte Lebensmittel eine einheitliche Nährwerttabelle enthalten, die Nährstoffgehalte bezogen auf 100 Gramm oder 100 Milliliter angibt. Über eine plakative Ampelkennzeichnung von Lebensmitteln wird dagegen noch immer gestritten. Einig sind sich die Parteien im Freistaat darüber, dass es einer Bündelung von Initiativen bedarf, um etwas zu erreichen. Und Appelle an Eltern und Schulen allein ebenso wenig bringen wie Verbote für die Wirtschaft.

Doch so richtig in die Gänge gekommen sind die Verantwortlichen noch nicht: Es gibt einfach zu viele übergewichtige Schüler. Rund 8,5 Prozent der bayerischen Grundschüler sind laut Gesundheitsministerium zu dick, einzelne Schulleiter schätzen den Anteil der Übergewichtigen sogar auf bis zu 30 Prozent. Landtags-Grüne und Freie Wähler fordern mehr Ernährungsbildung im Unterricht. Die Grünen wollen außerdem, dass der Freistaat gutes Schulessen bezuschusst.

Was es bereits gibt, sind staatliche Präventions-Programme wie „Voll in Form“. Danach sollen Grundschüler an jedem Unterrichtstag, an dem kein Sportunterricht stattfindet, an einem 20-minütigen Bewegungsprogramm teilnehmen. Bayerns größter Lehrerverband, der BLLV, beurteilt derlei Initiativen eher verhalten. An der gut gemeinten Initiative, so die BLLV-Vorsitzende Simone Fleischmann, „nimmt bayernweit nur rund eine Handvoll Schulen teil“. Eine Münchner Schulleiterin bringt es so auf den Punkt: „’Voll in Form’ ist Käse, den die meisten seit Jahren nicht mehr mitmachen. Man soll an Tagen, an denen kein Sport ist, 20 Minuten mit den Kindern Bewegung gestalten. Im Gang? Im Klassenzimmer? Und von welcher Stunde nehme ich das?“ Gut finden würde aber auch sie subventioniertes Schulessen, das gesund ist und den Kindern schmeckt. So eine Mahlzeit kostet derzeit mindestens 5 Euro pro Tag – für finanzschwache Eltern zu viel.

Warum eigentlich stellt ein reiches Land wie Bayern nicht sicher, dass jedes Kind ein gesundes Mittagessen erhält? Das ist tatsächlich rätselhaft.
(Waltraud Taschner)

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