Politik

Zwei Volkbegehren drohen vor der Landtagswahl in Bayern. Die CSU versucht alles, um sie abzuwenden. (Foto: dpa)

15.01.2018

CSU kontert Volksbegehren

Flächenfraß und Straßenausbaubeiträge: In einem Dreivierteljahr ist Landtagswahl. Kein Wunder, dass sich die CSU von zwei drohenden Volksbegehren unter Druck setzen lässt - und lieber selbst aktiv wird

Zu Beginn des Landtagswahljahres will die CSU zwei drohenden Volksbegehren gegen ihre Politik den Wind aus den Segeln nehmen. Zum einen kündigte der designierte Ministerpräsident Markus Söder nun an, die äußerst erfolgreiche Initiative der Grünen gegen den Flächenfraß in Bayern mit einem eigenen Maßnahmenpaket zu kontern. Zum anderen wird die Landtags-CSU auf ihrer am Montag startenden Winterklausur voraussichtlich das Aus für die umstrittenen Straßenausbaubeiträge beschließen - Söder unterstützt die Pläne.

Söder sagte, das Volksbegehren gegen den Flächenfraß sei vom Wunsch her verständlich. Er warnte aber vor bedenklichen Auswirkungen für Kommunen und Bürger. "Aber wir nehmen die Verpflichtung ernst, den Flächenverbrauch zu reduzieren", sagte er. Die CSU wolle allerdings keine fixe Begrenzung, wie es Ziel des Volksbegehrens ist, sondern Anreize zum Flächensparen setzen.

Konkret kündigte Söder Maßnahmen zur Wiederbelebung von Ortskernen und zur Beseitigung von innerstädtischen Brachen an. "Und wir überlegen ein eigenständiges Entsiegelungsprogramm, also eine Förderung für Kommunen, um versiegelte Flächen wieder in natürliche umzuwandeln", sagte er. "Denn wir brauchen auch in Städten und Dörfern wieder mehr Grün." Über die Höhe der Förderung rede man noch.

Bündnis "Betonflut eindämmen" hat bereits 46 000 Unterschriften

Das Bündnis "Betonflut eindämmen" hat bereits 46 000 Unterschriften für das geplante Volksbegehren gesammelt, nötig wären nur 25 000. Ziel der Initiative ist es, den Flächenverbrauch in Bayern gesetzlich zu begrenzen: Pro Tag sollen nur noch fünf Hektar Freiflächen in Siedlungs- oder Verkehrsflächen umgewandelt werden dürfen. Im Jahr 2015 waren es 13 Hektar pro Tag - das sind etwa 18 Fußballfelder.

"Ich habe Verständnis für die Sorgen der Bürger", sagte Söder nun. "In der Tat haben wir in Bayern einen hohen Flächenverbrauch, auch wenn er unter dem Bundesdurchschnitt liegt." Zudem gebe es auch etwas Entwarnung: 2016 sei der Flächenverbrauch auf knapp 10 Hektar pro Tag zurückgegangen. Und: Nur etwa sechs Prozent der Fläche Bayerns seien tatsächlich versiegelt. "Andererseits ist der Flächenverbrauch auch verständlich", argumentierte der Finanz- und Heimatminister. "Es gibt Wachstum in Bayern, Zuzug, und die ländlichen Räume entwickeln sich."

Tatsächlich hatte Söder noch im vergangenen Jahren heftige Kritik auf sich gezogen, weil er bei der umstrittenen Reform des sogenannten Landesentwicklungsprogramms die Hürden für Gewerbegebiete abseits bestehender Siedlungen massiv lockern wollte. Erst auf Druck von Fachleuten änderte die CSU ihre Pläne damals doch noch etwas ab.

Grüne werfen Söder einen "billigen Taschenspielertrick" vor

"Das Volksbegehren verstehen wir nicht als Angriff auf die Landespolitik", sagte Söder nun. "Es richtet sich gegen Bürgermeister und Kommunen." Er warnte deshalb: "Ich habe die Sorge, dass ein erfolgreiches Volksbegehren den Frieden in den Gemeinden gefährdet." Das würde zu Streit zwischen Bürgern und Kommunen und zwischen Kommunen untereinander führen, sagte er. "Es wird dann ein Hauen und Stechen geben, welche Gemeinde noch welche Fläche nutzen darf."

Zudem warnte Söder vor einer zunehmenden Zahl von Hochhäusern auf dem Land. "Wenn wir dann weniger Fläche zur Verfügung haben, wird einfach höher gebaut: Wir bekommen überall Hochhäuser, selbst in kleineren Gemeinden." Außerdem könnten Baupreise und Mieten weiter steigen.

Die Grünen warfen Söder indes einen "billigen Taschenspielertrick" und eine "glatte Lüge" vor. Anders als von Söder dargestellt sei der Flächenverbrauch gleichbleibend hoch. Es habe 2016 lediglich eine Änderung in der Berechnungsmethode gegeben - deshalb die vermeintlich niedrigeren Zahlen. Ein Vergleich sei aber unmöglich. "Wer das Wahljahr mit einer glatten Lüge beginnt, wird es verdammt schwer haben, das Vertrauen der bayerischen Wählerinnen und Wähler zu gewinnen", sagte Grünen-Landtagsfraktionschef Ludwig Hartmann.

Söder will die Abschaffung der umstrittenen Straßenausbaubeiträge

Söder steht zudem hinter den Plänen zur Abschaffung der umstrittenen Straßenausbaubeiträge. Das ist Geld, das Kommunen von Anwohnern verlangen, wenn sie Ortsstraßen verbessern oder erneuern. Die Eigentümer sollten nun künftig nicht mehr zur Kasse gebeten werden, sagte Söder über einen entsprechenden Vorstoß aus der Landtags-CSU und betonte: "Dafür spricht vieles." Die Fraktion will darüber auf der Klausur im oberfränkischen Kloster Banz beraten und entscheiden.

Söder kündigte Regelungen an, um den Kommunen die Mindereinnahmen zu erstatten. "Wir brauchen dann aber saubere Übergangsregelungen und eine finanzielle Kompensation für die Kommunen", sagte Söder und betonte: "Es soll niemand benachteiligt sein." Kommunen sollen aber auch keine überteuerten Ausbauten erstattet bekommen: Es dürfe "keine Ausbaumaßnahmen de luxe geben". Darüber müsse man mit den kommunalen Spitzenverbänden sprechen. "Ich bin optimistisch, am Ende eine vernünftige Regelung zu finden", sagte der Finanzminister.

SPD-Chefin Natascha Kohnen mahnte: "Die Kosten einer Abschaffung dürfen nicht unseren Städten und Gemeinden aufgebürdet werden." Nötig seien ein dauerhafter und verlässlicher finanzieller Ausgleich.
In vielen Gemeinden gibt es heftige Streitereien, weil die Bürger wegen der Sanierung einer Straße teils mit fünfstelligen Summen zur Kasse gebeten werden. Zusätzlichen Ärger löst die Tatsache aus, dass nicht alle Kommunen Straßenausbaubeiträge verlangen. Der Städtetag spricht aber bisher von einem "unverzichtbaren Finanzierungsmittel".

Die Freien Wähler hatten zuletzt den Druck auf die CSU massiv erhöht, indem sie ein Volksbegehren gegen die umstrittenen Beiträge ankündigten. Nun sagte Söder, die Unterschriftenaktion sollte sich in den nächsten Wochen erledigen. "Wir kümmern uns darum."

Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger sagte dazu: "Wir Freien Wähler freuen uns, dass wir die CSU mit den Straßenausbaubeiträgen aufgescheucht haben. Es ist nur traurig, dass immer ein Volksbegehren und eine Landtagswahl nötig sind, um die CSU in Bewegung zu bringen."
(Christoph Trost , dpa)

Kommentare (1)

  1. Mauli am 16.01.2018
    Es ist höchst erfreulich, wenn namhafte Politiker erkennen lassen, was in unserer Gestzgebung unsinnig und dringend reparaturbedürftig ist.
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