Politik

22.03.2024

Öffentlicher Pranger

Ein Kommentar von André Paul

Die Berliner Ampelkoalition bringt gerade das mutmaßlich erste jemals in einer Demokratie erlassene Gesetz auf den Weg, das auch gesetzeskonformes Handeln verfolgen soll: das von Bundesinnenministerin Nancy Faeser und Bundesfamilienministerin Lisa Paus initiierte „Gesetz zur Stärkung von Demokratieförderung, Vielfaltgestaltung, Extremismusprävention und politischer Bildung“. Ein Name, so bizarr wie sein Inhalt. Und sage niemand, die FDP sei da überrumpelt worden: Das Gesetz ist Teil des Koalitionsvertrags. Die Liberalen wussten genau, was sie da unterschrieben haben. Merkwürdig auch das weitgehende Schweigen der Union.
Tatsächlich klingt einiges sinnvoll: Das Gesetz soll der „Stärkung der engagierten Zivilgesellschaft“ dienen, und es soll die Demokratie fördern. Dazu will sich der Gesetzgeber eine Möglichkeit schaffen, „Maßnahmen durchführen sowie Maßnahmen Dritter fördern“ zu können. Allerdings: Auch wer künftig noch unterhalb der Strafbarkeitsgrenze den Staat und seine Akteur*innen verspottet oder sich für „extremistische“ Parteien begeistert oder „demokratieverächtlich“ äußert, muss mit Konsequenzen rechnen.

Wie verträgt sich das mit Artikel 5 des Grundgesetzes, wonach alle ihre Meinung in Wort und Schrift frei äußern dürfen – sofern dies keinen Strafbarkeitsparagrafen betrifft? Die Antwort hat jetzt der Präsident des Verfassungsschutzes, Thomas Haldenwang, geliefert: Demokratiefeinde wüssten schließlich genau, wie sie sich äußern müssen, damit ihr Vorgehen vom Strafgesetzbuch gerade noch gedeckt werde. Im Klartext: Es spielt keine Rolle mehr, was man tatsächlich sagt oder tut. Ein Verdacht genügt für den öffentlichen Pranger.

Überwachen sollen das Ganze unter anderem die neuen Meldestellen: beispielsweise die Amadeu-Antonio-Stiftung. Wer dort einmal registriert wurde, kann einpacken, beruflich und wohl auch privat. Diensteifrig überbieten sich Institutionen öffentlich bereits mit Solidaritätsbekundungen zum neuen Gesetz. Der Deutsche Naturschutzring postet auf seiner Website, dass in seinen Reihen „kein Platz für Demokratiefeinde“ sei. Und der Medienkonzern Bertelsmann legt AfD-nahestehendem Personal die Kündigung nah.
 

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