Politik

20.05.2016

Die Volksfünftel-Partei

Ein Kommentar von Roswin Finkenzeller

Beinahe wäre die SPD eine erfolgreiche Partei. Den gesetzlichen Mindestlohn hat sie eingeführt. Die Rente mit 63, abschlagsfrei bei 45 Beitragsjahren, ist ihr Werk. Auch sieht es ganz danach aus, als werde ihr noch das eine oder andere Sozialreförmchen gelingen, zumal bei einer so kooperativen Kanzlerin. Die Hoffnung, Juniorpartner Angela Merkels zu bleiben, schmeckt nicht nach bitterer Pille, sondern nach süßem Dauerlutscher. Nur die Wähler entsprechen nicht mehr dem Weltbild der SPD. Im Selbstverständnis dieser D-Partei ist die Sozialdemokratie das Wichtigste an Deutschland überhaupt. Daher die Verwirrung über einen in schrecklichen Prozentzahlen sich ausdrückenden Liebesentzug. Es rächt sich jetzt, dass die SPD jahrzehntelang nach links hin liberal tat und jedem harten Konkurrenzkampf mit den wahren Konkurrenten aus dem Wege ging. Wenn „Hauptsache links“ das Motto ist, kann die SPD in aller Harmonie Prozentpunkte verlieren. Verglichen damit hatten CDU und CSU nach rechts hin weitaus weniger Beißhemmung.

Wenn's mit der SPD in den Graben geht, wäre sie in bester Gesellschaf

Noch konservativer als die andauernd ihren Ewigkeitswert empfindenden Sozialdemokraten kann eine Partei gar nicht denken. Mittlerweile geht es ihr trotz treuer und braver Genossen so schlecht, dass sie von allen Seiten gute Ratschläge bekommt. Jawohl, enorm überzeugende Politikerinnen und Politiker müssen her – doch woher sollen die kommen? In Wahrheit ist Politik ihrer Unvorhersehbarkeit wegen so schön aufregend. Vielleicht würde es tatsächlich dem Publikumsgeschmack vom Herbst 2017 schmeicheln, wenn SPD-Parteivize Schäfer-Gümbel seinen Großvätern im Geiste folgte und einen Riesenkrach mit der CDU anzettelte.

Vielleicht aber geht es mit der SPD auch vollends in den Graben. Sie wäre dann in bester Gesellschaft. Vor zwei Menschenaltern hat sich niemand ein Italien ohne die Democrazia Cristiana vorstellen können. Jetzt ist die Partei weg. Allen vorgemacht haben es die Whigs, jene Engländer, die einem ganzen Kontinent die liberale Demokratie beibrachten. Sie sind verschwunden, denn die Sache, für die sie kämpften, war Allgemeingut geworden, sie selbst also überflüssig. Für einen politischen Untergangskandidaten wäre das die ehrenvollste Option.

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