Politik

Seit Anfang 2017 Bamf-Chefin: Jutta Cordt. (Foto: dpa)

24.05.2018

Effizienzcoach kämpft gegen Hindernisse

Die To-do-Liste war lang: Hunderttausende offene Asylanträge und zig Fehler im System. 2017 übernimmt Jutta Cordt die Bamf-Leitung. Die Behörde hat wegen der Flüchtlingswelle schwierige Jahre hinter sich. Die könnten der Juristin nun zum Verhängnis werden

Jutta Cordt mag es übersichtlich. Bei ihrem Einzug in die Nürnberger Zentrale des Flüchtlingsbundesamts räumt sie erst einmal in ihrem Chef-Büro auf. Pflanzen und Bilder lässt sie entfernen. Stattdessen bevorzuge sie eine klare Arbeitsumgebung, sagt sie wenige Tage vor ihrem Amtsantritt Anfang 2017. Auch in der überlasteten Behörde will die neue Präsidentin für Ordnung sorgen. Ihr Antritt liegt nun fast eineinhalb Jahre zurück - seitdem ist viel passiert.

Die 54-Jährige ist massiv unter Druck geraten. Der Grund: manipulierte Asylbescheide in der Bremer Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge - kurz Bamf. Eine frühere Leiterin soll dort zwischen 2013 und 2016 unrechtmäßig mindestens 1200 Anträge durchgewinkt haben. Gegen die Frau wird wegen Bestechlichkeit und bandenmäßiger Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung ermittelt.

Immer mehr Details zu den Vorgängen in Bremen kommen ans Licht - die Bamf-Chefin steht seit Wochen in der Kritik, nicht für genügend Aufklärung gesorgt zu haben. Cordt kündigt an, 18 000 Asylbescheide von dort checken zu wollen. Manche Politiker sprechen ihr trotzdem das Vertrauen ab. Die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth prüft in der Affäre auch eine Anzeige gegen die Behördenchefin selbst wegen Verdachts der Beihilfe zum unerlaubten Aufenthalt im Bundesgebiet. Von einem Ermittlungsverfahren ist aber nicht die Rede.

Krisenfest wolle sie die Behörde machen, kündigte Cordt beim Einstand an

Dass der Job als Bamf-Präsidentin herausfordernd sein wird, war der Juristin von Anfang an klar. Doch sie habe Nerven so stabil wie die Stahlseile der Golden-Gate-Brücke, hatte sie gesagt. Den Posten traue sie sich zu. Cordt gilt als gradlinig, das Ziel immer im Blick. "Meine Aufgabe wird sein, die Behörde so auszurichten, dass wir krisenfest sind", sagte sie bei ihrem Antritt. Eine Mission Impossible, also eine unlösbare Aufgabe, meinen einige Bamf-Kenner.

Der damalige Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sieht die Behörde bei Cordt in guten Händen. Zum Start bekommt sie einen Kompass von ihm geschenkt - für die "richtige Richtung". Der folgt die neue Chefin offenbar: Cordt schafft es in ihrem ersten Jahr, den Stapel an unerledigten Asylanträgen deutlich zu verkleinern. Die Behörde arbeitet unter der sportlichen Karrierefrau effizienter.

Ihre Laufbahn startete die Rechtswissenschaftlerin im Landesarbeitsamt Nordrhein-Westfalen als Trainee für den höheren Dienst. Später führte ihr Weg als Führungskraft unter anderem nach Duisburg und Hagen, Saarbrücken, Ravensburg und in die Zentrale der Bundesagentur für Arbeit (BA) nach Nürnberg. Vor ihrem Wechsel an die Bamf-Spitze leitete sie Regionaldirektionen der BA - erst in Sachsen und dann Berlin-Brandenburg.

Cordt ist, so hört man, im Bamf nicht sonderlich beliebt

Cordt stammt aus Herne im Ruhrgebiet, wuchs in Bochum auf. Sie ist Motorrad-Fan, joggt gerne und ist mit einem BA-Kollegen verheiratet. Kinder hat sie keine. In ihrem Umfeld bescheinigt man ihr große Durchsetzungsfähigkeit und hohes Engagement. Bei ihren Auftritten wirkt sie selbstbewusst - mit sachlicher Ruhe.

Perfekte Eigenschaften, dachte sich wohl der vorherige Amtsinhaber Frank-Jürgen Weise, der zugleich auch die Bundesagentur für Arbeit leitete und Cordt für den Bamf-Posten empfahl. "Sie ist unabhängig und souverän", hatte er über seine Nachfolgerin mit dem charakteristischen Kurzhaarschnitt gesagt. Die beiden kennen sich seit mehr als 15 Jahren.

Dass aus dem Bamf in den vergangenen Monaten immer wieder Informationen und Indiskretionen von Mitarbeitern an die Öffentlichkeit drangen, hat nicht nur mit dem Frust der überlasteten Beamten zu tun. Cordt ist, so hört man, dort auch nicht sonderlich beliebt. Das hat auch damit zu tun, dass sie als Weise-Vertraute gilt. Der inzwischen pensionierte Behördenleiter hatte die Bamf-Beamten mit Manager-Sprech und Dauerreformen genervt und auf Trab gehalten.
(Aleksandra Bakmaz, dpa)

Kommentare (0)

Es sind noch keine Kommentare vorhanden!
Die Frage der Woche

Sollen Schwangerschaftsabbrüche entkriminalisiert werden?

Unser Pro und Contra jede Woche neu
Diskutieren Sie mit!

Die Frage der Woche – Archiv
Vergabeplattform
Vergabeplattform

Staatsanzeiger eServices
die Vergabeplattform für öffentliche
Ausschreibungen und Aufträge Ausschreiber Bewerber

Jahresbeilage 2023

Nächster Erscheinungstermin:
29. November 2024

Weitere Infos unter Tel. 089 / 29 01 42 54 /56
oder
per Mail an anzeigen@bsz.de

Download der aktuellen Ausgabe vom 24.11.2023 (PDF, 19 MB)

E-Paper
Unser Bayern

Die kunst- und kulturhistorische Beilage der Bayerischen Staatszeitung

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.