Politik

Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer wird in Prag von Touristen aus Oberösterreich begrüßt. (Foto: dpa)

04.07.2014

Erleichterung in Prag

Arbeitsvisite beim Nachbarn Tschechien: Horst Seehofer und die neue tschechische Regierung wollen Aussöhnung fortsetzen

Ein bisschen angespannt, sagt Horst Seehofer, sei er immer, wenn er in offizieller Mission nach Prag fahre. „Aber es ist weniger geworden.“ Zum dritten Mal seit 2010 ist Bayerns Regierungschef in die Hauptstadt Tschechiens gefahren, und dieses Mal besteht durchaus Grund, zumindest etwas aufgeregt zu sein. Ihm gegenüber sitzt nicht mehr der Konservative Petr Necas, sondern der Sozialdemokrat Bohuslav Sobotka. Mit wirklichen Problemen hatte Seehofer zwar nicht gerechnet, trotzdem ist er nach dem Treffen erleichtert. „So wie das heute gelaufen ist, war das Normalität“, erklärt er – wobei mitschwingt, dass eben immer noch die Schatten der Vergangenheit aus Krieg und Vertreibung über den beiderseitigen Beziehungen liegen. Weil zumindest regierungsamtlich aber keine Behinderung mehr für das grenzüberschreitende Zusammenwirken besteht, bemüht Seehofer sogar einen Superlativ. „Das war heute ein Highlight in meinem politischen Leben.“

Sobotka will zur Eröffnung der bayerischen Botschaft kommen


Seehofer und Sobotka wollen die nach langer Eiszeit 2010 von Seehofer und Necas begründete Tradition regelmäßiger Treffen fortsetzen. „Wir wollen ein neues, intensives und positives Kapitel aufschlagen, das sehr stark auf die Zukunft ausgerichtet ist“, sagt Sobotka. Seehofer spricht von „Kontinuität auf freundschaftlicher Basis“ und rühmt die lockere und vertrauensvolle Atmosphäre bei den Gesprächen. „Bayern und Tschechien liegen im Herzen Europas, dieses Herz soll auch gemeinsam schlagen“, erklärt er. Unveränderte Grundlage dafür sei die deutsch-tschechische Erklärung von 1997, betonten beide, auch wenn es – wie Seehofer bemerkt – „in einem Punkt eine unterschiedliche Rechtsauffassung gibt“. Gemeint ist der Fortbestand der Benes-Dekrete von 1946, die Rechtsgrundlage der Vertreibung der Sudetendeutschen aus ihrer böhmischen Heimat waren.
Darüber reden Seehofer und Sobotka aber bewusst nicht, ihr Blick ist streng in die Zukunft gerichtet. So vereinbaren sie, die Verkehrswege zwischen Bayern und Tschechien rasch zu verbessern. Dies gelte vor allem für den Ausbau der Schienenverbindungen von Prag nach München und nach Nürnberg. „Hier hat Bayern eine gewisse Bringschuld“, räumt Seehofer ein. Er werde noch vor der Sommerpause in einem Spitzengespräch mit Bundesverkehrsminister Dobrindt und Bahnchef Rüdiger Grube darauf drängen, „dass wir beim Ausbau endlich substanziell vorankommen“. Fortschritte sieht Seehofer bei der Bekämpfung der Droge Crystal Speed. Hier zeige die gute grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Polizeikräfte offenbar Wirkung. Die Zahl der in Bayern registrierten Crystal-Fälle sei 2013 um rund 15 Prozent zurückgegangen. Als „sehr positives Signal“ wertet Seehofer die Zusage Sobotkas, im Herbst der Eröffnung der neuen bayerischen Vertretung in Prag persönlich beizuwohnen.
Am Rande des Treffens unterzeichnen Bildungsminister Ludwig Spaenle und der tschechische Vizeminister für Hochschulbildung und Forschung, Jaromir Veber, eine Vereinbarung zum Ausbau der Forschungszusammenarbeit. Dafür stehen in den kommenden fünf Jahren 500 000 Euro an Fördergeldern zur Verfügung. Ziel ist es, bestehende Hochschulkooperationen zu vertiefen und neue grenzüberschreitende Projekte anzustoßen. (Jürgen Umlauft)

Kommentare (1)

  1. corvinus am 15.07.2014
    Bevor Seehofer eine saubere Aussöhnung herbeiführen kann, wäre es erstmal angebracht, den von 1940-45 den Eltern entrissene und zwangsgermanisierte Kinder, die versprochen Wiedergutmachung zu leisten. Speziell diese Gruppe von NS-Opfern wartet immer noch vergebens. Alle eingaben an die Regierung Merkel, wurden mit fadenscheinigen Ausreden und viel Ignoranz unterm Teppich gekehrt. Auch Abgeordnete, die sich solidarisch zeigeten, hatten keine Erfolg zu verzeichnen. Alle diese so genannten Versuche der Aussöhnung sind und bleiben Augenwischerei, solange die Versprechungen der Bundesrepublik unerledigt bleiben. Eine Petition habe ich an den tschechischen Präsident Zeman gesendet. Seehofer könnte sich bei dem Besuch kundig machen. Dass wäre auch ein Beitrag zur ernstgemeinte Aussöhnung und nich das übliche Blah.. blah..
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