Politik

Sparkassen und Banken müssen sich neue Einnahmequellen suchen. Leidtragender ist immer öfter der Kunde. (Foto: dpa)

07.04.2017

Geldgierige Banken: Was tun?

Geldinstitute erfinden immer neue Gebühren – doch ständige Bankenwechsel sind auch nicht die Lösung

Banken ziehen die Kunden über den Tisch und verdienen sich dabei eine goldene Nase. So in etwa lässt sich der Ruf der Kreditinstitute bei den meisten Menschen wohl zusammenfassen. Doch dieses Image hinkt der Realität ein wenig hinterher: Prächtige Gewinne gehören in der Finanzbranche eher der Vergangenheit an. Denn in Deutschland verdienen die Geldhäuser kaum noch Geld.

Dazu trägt das extrem niedrige Zinsniveau der vergangenen Jahre bei. Auch strengere Kapitalregeln und der scharfe Wettbewerb setzen den Banken zu. Und weil das Geschäft zunehmend digital wird und sich gerade im Zahlungsverkehr neue Konkurrenten wie Paypal breitmachen, wird der Druck wohl kaum abnehmen.

Experten vergleichen den Strukturwandel der Banken mit dem Umbruch der Stahlbranche im vergangenen Jahrhundert. Michael Kemmer, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands deutscher Banken, sieht seine Branche vor mehreren „kniffligen Aufgaben“ und spricht von „größerer Sprengkraft in der Summe“. Vor allem kleinere Geldhäuser sehen sich „im Zangengriff sinkender Erträge durch die Niedrigzinsphase und steigender Kosten durch die Regulierung“, klagt Michael Bockelmann, Verbandspräsident der Genossenschaftsbanken.

Die Banken müssen Kosten sparen. Das merken Kunden vor allem daran, dass immer mehr Bankfilialen aus dem Stadtbild verschwinden. Daneben müssen sich die Banken neue Einnahmequellen suchen. Das merken Kunden an steigenden Gebühren.

Quer durch Deutschland schaffen Sparkassen, Volks- und Großbanken kostenlose Karten und Girokonten ab, verteuern Fremdabhebungen oder belegen Bareinzahlungen und Papierüberweisungen mit Gebühren. Die Sparkasse Erding-Dorfen etwa bietet mehrere Kontomodelle. Beim günstigsten dürfen Kunden pro Monat nur zweimal am Schalter und viermal am Automaten kostenlos Geld abheben. Jede weitere Verfügung kostet 29 Cent.

Selbst Anfragen können die Kreditwürdigkeit verschlechtern

Die Sparkasse Wittgenstein verlangt sogar einen Euro ab der sechsten Abhebung, die Sparkasse Rottal-Inn nimmt 50 Cent ab der dritten Abhebung im Monat. 20 deutsche Sparkassen haben die Gebührenfreiheit sogar komplett abgeschafft und berechnen pro Überweisung 50 Cent.

Laut Professor Dirk Schiereck von der Technischen Universität Darmstadt geht es den Banken allerdings auch darum, „die Kunden zu einem anderen Verhalten zu bewegen und vom Bargeld wegzulocken“. Denn dies ist für Einzelhandel und Banken gleichermaßen teuer. Günstiger wird es, wenn mehr Kunden mit Karten oder Handy bezahlen.

Für besonderes Aufsehen hat jüngst die Sparkasse in Soest gesorgt. Sie knöpft einem Teil ihrer Kunden auf der eigenen Website jeweils 2 Cent ab – für das Aufrufen des Kontostands, das Einrichten eines Dauerauftrags oder eine Überweisung.

Die Sparkassen machen sich ganz offenbar daran, ein ungeschriebenes Gesetz des eigenen Verbands zu brechen. Ende 2016 hatte sich Sparkassenverbands-Präsident Georg Fahrenschon noch mit einer Garantie für die kostenfreie Bargeldversorgung zitieren lassen: „Abhebungen an unseren Geldautomaten sind für Sparkassenkunden kostenlos, und das wird auch so bleiben.“

Verbraucherschützer warnen, mit der Kundenzufriedenheit zu spielen

Verbraucherschützer kritisieren solche Schritte. „Es ist schon paradox, dass Banken einen Kunden zum Online-Banking drängen, um Geld zu sparen – und dann Gebühren durch die Hintertür einführen“, sagt Markus Feck von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Klaus Müller, Chef des Bundesverbands der Verbraucherzentralen, fordert von der Politik, Konsumenten „vor Willkür beim Anheben der Kosten zu schützen“ und warnt die Finanzinstitute davor, „mit der Kundenzufriedenheit zu spielen“.

Viele Banken machen ihren Kunden das Vergleichen schwer. Gerade Filialbanken geben ihre Konditionen oft lediglich in Aushängen an den jeweiligen Standorten an. Bei Online-Banken durch Preis- und Leistungsverzeichnisse oder die Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu stöbern, ist ebenfalls mühselig. Vor allem regionale Institute wie Sparkassen und Volks- und Raiffeisenbanken haben kein Interesse daran, sich im bundesweiten Wettbewerb etwa mit häufig sehr günstigen Online-Direktbanken zu messen.

Wer unzufrieden ist, kann die Bank wechseln. Dies ist kürzlich deutlich leichter geworden. Seit dem 18. September 2016 müssen Banken gemäß EU-Zahlungskontenrichtlinie einen vollständigen Wechsel binnen fünf Tagen ermöglichen – mit nur einem einzigen Formular.

Solche Bankenwechsel können sich kurzfristig finanziell lohnen. Aber man sollte nicht zu häufig wechseln. Banken melden jeden Kontowechsel an die Schufa. Teilweise verschlechtern sogar Anfragen für Angebote die persönliche Kreditwürdigkeit.

Vor allem Direktbanken wie DAB oder die Consorsbank bieten weitgehend kostenlose Girokonten an. Geld abheben kann man bei Partnerbanken; Kontoführung und Beratung findet am Telefon oder online statt. Aber auch die etablierten Institute sind immer noch eine Option: Bei Commerzbank oder HypoVereinsbank entfallen die Gebühren, wenn man die Bankgeschäfte nur am Automaten oder über den heimischen Computer erledigt. Das hat, gerade für betagtere Kunden, indessen schmerzliche Konsequenzen. Wer auf Kaffee und Plätzchen bei einem vertrauensfördernden Plausch mit dem liebgewonnenen Bankberater Wert legt, geht leer aus. (Jan Dermietzel)

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