Politik

09.05.2024

Soll der Numerus clausus für Medizin abgeschafft werden?

Die CSU-Landtagsfraktion will den Numerus clausus für das Medizinstudium abschaffen. Bernhard Seidenath, gesundheitspolitischer Sprecher der Fraktion, erklärt, warum. Walter Rosenthal, Präsident der Deutschen Hochschulrektorenkonferenz, plädiert für andere Maßnahmen, um den Medizinberuf attraktiver zu machen

JA

Bernhard Seidenath, gesundheitspolitischer Sprecher der CSU-Fraktion im Landtag

Der Fachkräftemangel spitzt sich in allen Bereichen des Gesundheitswesens weiter zu. Bei Ärztinnen und Ärzten ist er hausgemacht: Weit mehr Abiturientinnen und Abiturienten wollen Medizin studieren, als zugelassen werden. Die Auswahl der Medizinstudentinnen und -studenten erfolgt dabei faktisch auf Basis der Abiturnote – auch wenn der Numerus clausus sicherlich nicht der beste Prädiktor dafür ist, ob jemand eine gute Ärztin oder ein guter Arzt wird oder nicht.

Um dem Abischnitt als Auswahlkriterium weniger Gewicht zu verleihen und mehr Menschen ein Medizinstudium zu ermöglichen, brauchen wir in Deutschland auch deutlich mehr Medizinstudienplätze. Hier sind die Länder gefragt.

Wie das funktioniert, zeigt Bayern bereits: Für die Land- und Amtsarztquote, über die zusammen derzeit 6,8 Prozent der Medizinstudienplätze in Bayern vergeben werden, zählen nur noch der Medizinertest, eine Vorbildung im medizinischen Bereich und bisheriges ehrenamtliches Engagement. Der Numerus clausus spielt bei der Auswahl keine Rolle!

Unser Ziel ist es, die Anzahl der über die Amts- und Landarztquote vergebenen Medizinstudienplätze weiter zu steigern – auf 9,8 Prozent. Um den Medizinermangel einzudämmen, wollen wir künftig bayerischen Abiturientinnen und Abiturienten die Möglichkeit geben, im Ausland Medizin zu studieren. Der Freistaat würde in diesem Modell die Semestergebühren übernehmen. Im Gegenzug verpflichten sich die Studentinnen und Studenten, nach ihrer Ausbildung zehn Jahre lang in Bayern als Ärztin oder Arzt tätig zu sein.

Die Auswahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer soll dabei exakt so erfolgen wie bei der Amts- oder Landarztquote, also insbesondere ohne einen Einfluss der Abiturnote. Ob jemand Medizin studieren kann, darf weder von der Note noch vom finanziellen Vermögen der Eltern im Falle eines Auslandsstudiums abhängen. Die künftigen Medizinergenerationen müssen auf breiterer Basis ausgewählt werden. 

NEIN

Walter Rosenthal, Präsident der Deutschen Hochschulrektorenkonferenz

Die Zahl der Medizinstudienplätze ist zuletzt deutlich gestiegen. Dennoch drohen Mangelsituationen in der fachärztlichen und ländlichen Gesundheitsversorgung. Nicht alle Medizinstudierenden möchten heute ärztlich tätig werden oder sie bevorzugen Teilzeitmodelle, bestimmte Spezialisierungen und Regionen. Mehr Studienplätze führen daher nicht automatisch zu mehr Ärztinnen und Ärzten oder einer besseren Versorgung. Auch in der Debatte um den Numerus clausus (NC) geht viel durcheinander. Es handelt sich um keine beliebige, sondern eine strikt auf die Lehrkapazität bezogene Zulassungsbegrenzung.

Das heißt, erst wenn die Zahl der Bewerbungen das von Hochschulen beziehungsweise der Stiftung für Hochschulzulassung definierte Maximum an Studierenden überschreitet, das durch das verfügbare Lehrpersonal und mit der vorhandenen Sach- und Raumausstattung betreut werden kann, greift der NC.

Für Medizinstudiengänge liegt die Nachfrage regelmäßig um den Faktor drei über dem Angebot. Der NC ist hier notwendig, um einen Ausgleich zu schaffen zwischen der Freiheit der Berufswahl der Studienberechtigten, der vollständigen Ausschöpfung der Lehrkapazität und einem Mindestqualitätsstandard in der Lehre. Das Bundesverfassungsgericht hat abgesteckt, inwiefern die Abiturnote und weitere, auch notenunabhängige Kriterien zulässig sind, um möglichst vielen Bewerberinnen und Bewerbern ein Studium zu ermöglichen, das sie erwartbar erfolgreich abschließen.

Um Versorgungslücken zu vermeiden, kann die Politik zwar zusätzliche medizinische Studienplätze schaffen. Das ist aber ein langwieriges, sehr kostenintensives und unsicheres Vorhaben. Deshalb sollte die Ausübung ärztlicher Tätigkeiten attraktiver gemacht werden. Eine zentrale Rolle kommt dabei der Entlastung von Ärztinnen und Ärzten durch die Übertragung ausgewählter Aufgaben an wissenschaftlich qualifiziertes Personal in den anderen Gesundheitsberufen zu.
 

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