Politik

Am 9. Juni findet die Europawahl statt. Erstmals dürfen dann junge Menschen ab 16 wählen. Was planen die Parteien, um diese zu erreichen? (Foto: dpa/Philipp von Ditfurth)

19.04.2024

Auf Stimmenfang bei der Jugend

Premiere bei der Europawahl: Wählen mit 16

Noch sieben Wochen, dann erlebt das politische Bayern eine Premiere: Bei der Europawahl am 9. Juni dürfen erstmals 16- und 17-Jährige mitwählen. Rund 220.000 Jugendliche im Freistaat können damit die Zusammensetzung des Europaparlaments mitbestimmen. Beim Bayerischen Jugendring (BJR), der kürzlich das Volksbegehren „Vote 16“ zur Absenkung des Wahlalters auch bei Kommunal- und Landtagswahlen mit angestoßen hat, ist die Vorfreude groß. „Das Wahlrecht ist ein zentrales politisches Teilhabeelement“, erklärt BJR-Präsident Philipp Seitz. Die Interessen und Anliegen junger Menschen rückten damit stärker in den Fokus von Erwachsenen und Parteien. Schließlich handle es sich auch um ein „wichtiges Wählerklientel“.'

So richtig angekommen scheint das aber bei den Parteien im Freistaat noch nicht zu sein. „Da ist noch Luft nach oben“, formuliert Seitz. Nach seiner Wahrnehmung spielen bei den meisten Parteien jugendrelevante Themen im Wahlkampf bislang eine bestenfalls untergeordnete Rolle. Auch dass die Jungwähler*innen eine besondere Ansprache erfahren würden, sei kaum zu bemerken. Er vermisse Veranstaltungen wie Jungwählerabende oder von Parteien organisierte Jugend-Diskos. Selbst in den bei Jugendlichen wichtigen „Sozialen Medien“ seien die meisten Parteien noch unterrepräsentiert.

Bei der CSU scheint das jugendliche Wahlvolk – mit Ausnahme der Tiktok-Videos von Parteichef Markus Söder – nicht die höchste Priorität zu haben. So bleibt Generalsekretär Martin Huber im Allgemeinen stecken: „Als Volkspartei stehen wir für eine Politik, die die Belange aller einbezieht, egal ob jung oder alt. In unserem gemeinsamen Wahlprogramm der Union widmen wir uns in einem eigenen Abschnitt den Themen, die jungen Menschen wichtig sind. Wir wollen ein Europa, das junge Menschen begeistert und stehen zum ‘european way of life’.“ Was das konkret heißt, lässt Huber offen. Auch was sich hinter den „vielfältigen Formaten auf Socialmedia und vor Ort“ verbirgt, mit denen die CSU Erstwähler*innen anspreche, bleibt trotz Nachfrage recht schwammig.

Ähnlich wie Huber äußert sich AfD-Landeschef Stephan Protschka. „Für uns sind alle Personen- und Altersgruppen gleich wichtig.“ Zu Jugendthemen wie Ausbildung und berufliche Zukunft habe man „sehr gute Vorschläge“, die man „bei Nachfrage auch sehr gerne an die jungen Wähler zu kommunizieren“ versuche. Dass sich die AfD sehr bewusst auf Tiktok und Instagram an junge Menschen wendet und dort eine deutlich größere Reichweite erzielt als andere Parteien, will Protschka offenbar nicht so sehr an die große Glocke hängen.

Die Grünen wollen sich sozusagen ins Getümmel stürzen. „Wir führen Veranstaltungen an Orten durch, an denen sich viele junge Menschen aufhalten – wie zum Beispiel in Innenstädten, Dorfzentren oder Bars“, heißt es aus der Parteizentrale.

Die CSU bleibt vage

Zudem investiere man verstärkt in Social Media. Thematisch setzen die Grünen auf den für viele Jugendliche wichtigen Klimaschutz und das Handeln gegen den gesellschaftlichen „Rechtsrutsch“. „Wir wollen unser sicheres und freies Leben hier in Europa für die nächsten Generationen erhalten“, erklärt die bayerische Spitzenkandidatin Andrea Wörle.
Eine auf jugendliche Bedürfnisse zugeschnittene Kommunikation plant die SPD. Dazu gehöre eine „spezielle Ansprache via Social Media“, zielgerichtete Werbemittel wie Erstwählerpostkarten, aber auch eigene Veranstaltungen, schreibt die Parteizentrale. Thematisch will die SPD mit Klimaschutz, einem „Europaticket“ im Bahnverkehr und der grenzüberschreitenden Vermittlung von Praktika und Ausbildungsplätzen punkten. Vor diesem Hintergrund sei „gut, dass bei dieser Schicksalswahl in der EU erstmals viele junge Wähler*innen mitentscheiden dürfen“, meint SPD-Landeschefin Ronja Endres.

Die FDP hat sich eine „Digital-First-Strategie“ für junge Menschen verpasst. Man wolle diese dort erreichen, wo sie sich viel aufhalten, nämlich in den Online-Medien, erläutert der bayerische FDP-Spitzenkandidat Phil Hackemann. Man setze dabei nicht nur auf klassisch politische Formate, sondern wolle auch mit jugendaffinen Botschaften Interesse für Politik wecken. Ergänzt werde das durch eine analoge Kampagne, zum Beispiel mit Aktionen am Rande von Musik-Festivals.

Auch die Freien Wähler verweisen mit Blick auf die junge Wählerschaft auf ihre Social-Media-Präsenz, die für den Europawahlkampf „nochmals neu justiert und verbessert“ worden sei – mit teilweise sehr hohen Reichweiten. Generalsekretärin Susann Enders verweist darauf, dass es schon lange Ziel der FW sei, Jugendliche auch auf kommunaler Ebene mit 16 Jahren wählen zu lassen. „Nur wer aktiv teilhaben kann, wird sich auch aktiv in die Gesellschaft einbringen“, ist sie sich sicher.
(Jürgen Umlauft)

 

Kommentare (0)

Es sind noch keine Kommentare vorhanden!
Die Frage der Woche

Sollen Schwangerschaftsabbrüche entkriminalisiert werden?

Unser Pro und Contra jede Woche neu
Diskutieren Sie mit!

Die Frage der Woche – Archiv
Vergabeplattform
Vergabeplattform

Staatsanzeiger eServices
die Vergabeplattform für öffentliche
Ausschreibungen und Aufträge Ausschreiber Bewerber

Jahresbeilage 2023

Nächster Erscheinungstermin:
29. November 2024

Weitere Infos unter Tel. 089 / 29 01 42 54 /56
oder
per Mail an anzeigen@bsz.de

Download der aktuellen Ausgabe vom 24.11.2023 (PDF, 19 MB)

E-Paper
Unser Bayern

Die kunst- und kulturhistorische Beilage der Bayerischen Staatszeitung

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.