Politik

Mitgliederzahlen und -zuwächse, Bekanntheitsgrad, Inhalte: Wie geht’s den kleinen Parteien in Bayern? (Foto: Getty)

08.04.2016

Kleine und größere Zwerge

Mitgliederzahlen und -zuwächse, Bekanntheitsgrad, Inhalte: Wie geht’s den kleinen Parteien in Bayern?

Seit vier Münchner Stadträte jüngst zur Bayernpartei gewechselt sind, ist die Mini-Gruppierung wieder im Gespräch. Grund genug, einen Blick auf sie und die anderen Kleinparteien im Freistaat zu werfen: Wie steht’s um FDP, Linke, ÖDP, AfD und Piraten?

Seit vier Münchner Stadträte jüngst zur Bayernpartei gewechselt sind, ist die Mini-Gruppierung wieder im Gespräch. Grund genug, einen Blick auf sie und die anderen Kleinparteien im Freistaat zu werfen: Wie steht’s um FDP, Linke, ÖDP, AfD und Piraten?

Die CSU schnaufte erleichtert durch, der FDP blieb die Luft weg: Seit die Liberalen bei der Landtagswahl 2013 aus Parlament und Regierung flogen, regieren die Christsozialen wieder allein. Was angeblich nicht mal alle CSU-ler gut finden. Jedenfalls gibt’s welche, die Ex-Kunstminister Wolfgang Heubisch (FDP) zuflüstern: „Setzt alles dran, wieder in den Landtag zu kommen. Wir brauchen euch.“ Warum? Um die Arroganz der Macht abzumildern, meint Heubisch. „Und für die Stärkung der Mitte.“ Tatsächlich scheint die FDP eine Option für diejenigen, die mit der Flüchtlingspolitik der Bundesregierung nicht einverstanden sind, die AfD aber gruselig finden. Seit Herbst ist die FDP-Mitgliederzahl um 100 auf knapp 5000 Mitglieder gewachsen, aktuell sind 80 Personen im Aufnahmeprozess, teilt der Landesverband mit. Ein großes Manko: Es gibt keine populären Köpfe. Landeschef Albert Duin gibt offen zu, dass er nicht bekannt genug ist. Er hofft, im Windschatten des smarten Bundesvorsitzenden Christian Lindner zu segeln. Und darauf, dass seine CSU-Kritik beim Bürger ankommt: „In Forschung und Entwicklung herrscht Stillstand, Großprojekte werden verhindert, weil Seehofer Angst hat, irgendwo anzuecken.“

*

Was die Mitgliederzahl angeht, ist sie das erfolgreichste Parteizwergerl: die Bayernpartei, die sich als „echte Alternative für Bayern“ sieht. 6000 Mitglieder hat sie aktuell, allein im ersten Quartal sind 209 dazugekommen – und zwar vor allem jüngere Leute. Hauptziel: Bayern soll eigenständig werden. Dass das oft als reines Hirngespenst abgetan wird, ärgert Parteichef Florian Weber. Das sei nur in Deutschland so, sagt er und verweist auf die Abspaltungsbemühungen von Schotten, Katalanen und Korsen. Richtig ärgerlich ist für den 50-Jährigen aus Bad Aibling aber auch, dass mit der AfD nun noch eine „Alternative“ daherkommt. Er betont: „Von der sind wir ganz weit weg.“ Allerdings fordert auch die Bayernpartei, die Grenzen zu schließen. Wo da jetzt genau der Unterschied zur AfD liegt? „Wir sind bayerische Patrioten, die AfD ist deutschnational“, sagt Weber. Auch bei den Facebook-Fans ist die Bayernpartei ein Riesen-Zwergerl: 26 000 Fans hat sie aktuell. Mehr hat mit Blick auf die Landesebene nur die CSU.

*

Als schnell verglühter Stern werden mittlerweile die Piraten gehandelt. Hatte der Landesverband im September 2012 noch 7000 Mitglieder, sind es heute nur noch gut 1700. Immerhin, tröstet sich die Landesvorsitzende Nicole Britz, gebe es aktuell noch vereinzelte Neuzugänge – so um die fünf pro Woche. Vor allem dann, wenn die Partei mediale Aufmerksamkeit erfährt, wie zuletzt anlässlich der WLan-Klage vor dem EuGH. Aufgeben aber ist für Britz keine Option. „Die ÖDP liegt seit Jahren bei etwa 2 Prozent und schlägt sich wacker.“ Auch wenn sich die Partei inhaltlich von den Piraten sehr unterscheide, deren Überlebensmut gefällt Britz. Und immerhin: Im Bezirkstag Oberbayern bilden die Vertreter beider Parteien eine gemeinsame Fraktion.

*

In wahlfreien Zeiten eine kontinuierliche Mitgliedersteigerung – das ist für ÖDP-Landeschef Klaus Mrasek eine ganz neue Erfahrung. Auf 3900 Mitglieder kommt die konservative Öko-Partei aktuell. 45 Prozent davon sind Frauen – das sind fast doppelt so viele wie bei den anderen Kleinparteien. Davon ist Mrasek selbst „ein bisserl überrascht“. Woher kommt das Mitgliederplus? Die ÖDP spreche an, was in der Flüchtlingsdebatte meist untergehe, glaubt er. Nämlich die Fluchtursachen. 2011 habe man bereits einen Marshallplan für Nordafrika gefordert. Motto der Partei: Fairhandel statt Freihandel. „Dass die CSU eine Begrenzung des Flüchtlingszuzugs fordert, aber gleichzeitig den Freihandel unterstützt, zeigt, dass sie nichts begriffen hat.“

*

Was die Mitgliederzahl angeht, liegt die Linke mit knapp 2500 Mitgliedern vor den Piraten auf dem zweitletzten Platz. Parteichef Xaver Merk freut sich nach endlosen Turbulenzen darüber, dass es im Moment mehr Neumitglieder gibt als Kündigungen. Im ersten Quartal seien es etwa 100 Neuzugänge gewesen. „Das ist ein Drittel mehr als sonst.“ Er führt das auch auf die Haltung der Linken in der Flüchtlingsfrage zurück. „Im Unterschied zur Bundesregierung haben wir unsere Position nicht verändert.“

*

Als einziger Parteizwerg kann sich derzeit die AfD Hoffnungen machen, 2018 in den Landtag einzuziehen. In Umfragen liegt sie derzeit bei 9 Prozent. AfD-Landeschef Petr Bystron räumt allerdings ein: „Bayern ist das härteste Pflaster von allen.“ Grund: Es gebe mit der CSU „eine rechtspopulistische Partei in der Regierung“ – und im konservativen Lager noch die Freien Wähler. Von Seehofers Flüchtlingspolitik ist Bystron mega-genervt: „Er kopiert unser Programm.“ Aktuell hat die AfD in Bayern 3060 Mitglieder, weitere 200 sind in der Warteschleife. Fast die Hälfte der Neueinritte sind laut Bystron Leute, die zuvor noch nie in einer Partei waren. Danach kommen Ex-CSU-ler. Auf Landesebene will Bystron vor allem die Liberalisierung des Sexualkundeunterrichts an Schulen anprangern; es geht dabei um die Aufklärung über Homosexualität. Nö, sagt Bystron, reaktionär sei er nicht. Im Gegenteil: „Ich bin bekennender Liberaler.“
(Angelika Kahl, Waltraud Taschner)

Kommentare (2)

  1. Miiich am 12.04.2016
    Ich hoffe vom ganzen Herzen, dass die Bayernpartei bei der nächsten Landtagswahl die 5%-Hürde endlicht reißt. Vielleicht erkenntt die CSU-Spitze dann, dass ihre Wurzeln allein in Bayern ihre Kraft holen und nicht in Berlin. Es wurden zu viele faule Kompromisse auf Kosten der Interesse Bayerns und seines Staatsvolks geschlossen, nur um in Berlin ein nicht benötigtes Anhängsel der immer stärker werdenden Zentralmacht bleiben zu dürfen.
    Des weiteren hoffe ich dass man zumindest in Bayern bis dahin erkennt, dass hinter dem bürgerlichen Deckmäntelchen der AfD der selbe deutschnationale Kern steckt wie hinter den REP´s und dem ganz braunen 3-Buchstaben-Verein, dessen Mamen ich nicht einmal erwähen mag.
  2. patriot_whiteblue am 08.04.2016
    Noch ein, zwei Wahlen - und die SPD kann sich hier mit einreihen...
Die Frage der Woche
Vergabeplattform
Vergabeplattform

Staatsanzeiger eServices
die Vergabeplattform für öffentliche
Ausschreibungen und Aufträge Ausschreiber Bewerber

Jahresbeilage 2023

Nächster Erscheinungstermin:
29. November 2024

Weitere Infos unter Tel. 089 / 29 01 42 54 /56
oder
per Mail an anzeigen@bsz.de

Download der aktuellen Ausgabe vom 24.11.2023 (PDF, 19 MB)

E-Paper
Unser Bayern

Die kunst- und kulturhistorische Beilage der Bayerischen Staatszeitung

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.