Politik

Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann ist über das Urteil nicht glücklich. (Foto: Tobias Hase/dpa)

17.01.2017

"Niemand in der NPD sollte sich zu sicher fühlen"

Auch das zweite Verbotsverfahren gegen die rechtsextreme NPD ist gescheitert. Bayerns Innenminister Herrmann respektiert zwar die Begründung, hält sie aber dennoch für falsch

Auch wenn erneut ein NPD-Verbotsverfahren gescheitert ist, sieht Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) die Demokratie nicht als Verlierer. Die in der Urteilsbegründung genannten hohen Hürden für ein Parteiverbot hält er aber für falsch, wie er im Interview erklärt.

Frage: Herr Herrmann, sind Sie nach dem Urteil jetzt enttäuscht?
Herrmann: Das Bundesverfassungsgericht hat klar entschieden, dass die NPD eine verfassungsfeindliche Partei ist, dass ihre ganze politische Propaganda menschenfeindlich ist und gegen die Menschenwürde verstößt und mit unserer freiheitlichen Demokratie nicht vereinbar ist.

Frage: Was bedeutet das für die Zukunft für ein NPD-Verbot?
Herrmann: Das Gericht hat eine hohe Hürde definiert. Es muss eine echte Gefahr bestehen, dass unsere Demokratie ins Wanken gerät, und die sieht das Gericht derzeit zutreffend nicht. Ich persönlich halte es nicht für richtig, die Hürden so hoch zu hängen und damit letztlich einer verfassungsfeindlichen Partei die Möglichkeit zu geben, solange sie nicht stark genug ist, ihre Propaganda weiter voranzutreiben. Aber wir müssen dieses Urteil respektieren.

Frage: Was heißt das konkret?
Herrmann: Ein besonderer Aspekt, der zu prüfen bleibt, ist die Frage der Parteienfinanzierung. Ich denke, hier muss man schon noch mal prüfen, ob einer Partei, die zwar noch nicht so gefährlich ist, dass sie verboten werden kann, aber trotzdem ganz eindeutig verfassungsfeindlich ist, die Möglichkeit entzogen werden kann, Steuergelder zu kassieren. Das würde ich auf jeden Fall für richtig halten. Deshalb muss im Bundestag jetzt schnell eine Prüfung stattfinden, wie gegebenenfalls auch mit einer Änderung des Grundgesetzes und des Parteienfinanzierungsgesetzes die Möglichkeiten dazu geschaffen werden können.

"Ich hoffe sehr, dass das Urteil nun keine Wiederbelebung bedeutet"

Frage: Fürchten Sie nun für die Zukunft der NPD eine erneute Wiederbelebung?
Herrmann: Es stimmt, die Mitgliederzahlen und der Einfluss der NPD haben stark abgenommen, sie ist aus allen Landesparlamenten geflogen. Ich hoffe sehr, dass das Urteil nun keine Wiederbelebung bedeutet. Im Moment kann ich das auch noch nicht erkennen. Aber wir werden seitens des Verfassungsschutzes die Entwicklung genau beobachten.

Frage: Profitiert die NPD von der aktuellen öffentlichen Stimmung in Deutschland, die auch die AfD und Pegida stark gemacht hat?
Herrmann: Wir haben mit unserem Verbotsantrag deutlich gemacht, dass alle Länder die NPD sorgfältig im Blick haben. Keiner kann glauben, dass er sich unbeobachtet an einer so verfassungsfeindlichen Propaganda beteiligen kann. Das muss jeder auch in Zukunft wissen. Für jeden Angehörigen einer verfassungsfeindlichen Partei wird auch in Zukunft kein Platz im öffentlichen Dienst sein. Das wird durch das Urteil eher bekräftigt.

Frage: Bedeuten zwei gescheiterte Verbotsverfahren nun eine Narrenfreiheit für die NPD?
Herrmann: Von Narrenfreiheit kann auf keinen Fall die Rede sein. Man muss darauf hinweisen, dass das Bundesverfassungsgericht erklärt hat, dass die Bedingungen für ein Verbot noch nicht erreicht sind. Das ist eine deutliche Warnung an alle Rädelsführer. Es soll sich da keiner zu sicher fühlen.

Frage: Wäre Bayern bereit, die Verbotsdebatte wieder aufzumachen?
Herrmann: Das Gericht hat jetzt genau dargelegt, was die Voraussetzungen für ein Parteiverbot im 21. Jahrhundert sind. Man muss die nicht alle teilen, aber die Grundsätze sind soweit klar. Und selbstverständlich werden wir uns auf allen politischen Ebenen das Recht vorbehalten, am Maßstab des Urteils gegebenenfalls neue Parteiverbotsverfahren zu stellen. Im Moment stellt sich diese Frage aber sicher nicht. (Interview: Marco Hadem, dpa)

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