Politik

Gegen Audi klagen? Vom Abgas-Skandal betroffene Kunden haben da eher schlechte Karten. (Foto: dpa)

09.10.2015

Schlechte Karten vor dem Kadi

Auch die bayerische VW-Tochter Audi ist vom Abgas-Skandal betroffen – Schadenersatzklagen gibt’s bislang noch keine

Wie geht es eigentlich Audi? Volkswagen hat vor wenigen Wochen zugegeben, Millionen Dieselfahrzeuge mit einer Software ausgestattet zu haben, die Abgaswerte manipulieren kann. Allein in Europa sind acht Millionen Fahrzeuge davon betroffen, weltweit wohl bis zu elf Millionen. Dem Konzern drohen milliardenschwere Strafzahlungen.
Autohersteller Audi mit Sitz in Ingolstadt gehört ebenfalls dem VW-Konzern an. Und so ist auch in zahlreichen Audis die Manipulationssoftware aus dem Hause Volkswagen installiert: in weltweit 2,1 Millionen Fahrzeugen, davon 2 Millionen in Europa und 577 000 in Deutschland. „Wir fokussieren uns im Moment darauf, mit unseren betroffenen Kunden zu sprechen, um ihnen die Sicherheit zu geben, dass ihr Auto technisch sicher und einsatzbereit ist, auch wenn es zu der betroffenen Kategorie gehören sollte“, sagt ein Audi-Sprecher der Staatszeitung. Gleichzeitig arbeite Audi an „technischen Lösungen, die wir im Laufe des Oktobers den Behörden vorstellen werden. Nach Genehmigung werden wir wieder auf unsere Kunden zukommen.“

Landtag  und Staatskanzlei sind nicht betroffen


Um Schadenseingrenzung scheinen auch prominente Audi-Kunden wie Bayerischer Landtag und Staatskanzlei bemüht. Im Fuhrpark beider Organe befinden sich zwar Audi-Dienstfahrzeuge, sie seien aber bereits geprüft und von der Software nicht betroffen. Mit dem Hersteller befinde man sich in einem steten konstruktiven Austausch, heißt es. Ähnliches antwortet auch die IHK Oberbayern, die naturgemäß wenig Interesse hat, eines ihrer größten Mitglieder öffentlich zu kritisieren.
Wie aber verhält es sich mit Privatkunden, die weniger Rücksicht nehmen müssen? „Grundsätzlich sind Schadenersatzansprüche von Audi-Kunden vorstellbar“, sagt der Berliner Wirtschaftsanwalt Stefan Weste. Voraussetzung hierfür wäre jedoch, dass der Kunde einen konkreten Schaden nachweisen kann und ein Verschulden des Vertragspartners vorliegt, also zunächst des Autohändlers. „Hieran dürften die meisten Klagen scheitern.“ Ein Schadenersatzanspruch gegenüber Audi wäre hingegen denkbar, wenn sich herausstellen sollte, dass zum Beispiel der Vorstand Kenntnis vom Einsatz der Abgassoftware hatte. „Dies konkret zu beweisen, dürfte Kunden allerdings eher schwerfallen“, schätzt Weste.
Von Schadenersatzklagen hat Audi nach eigenen Angaben bisher auch keine Kenntnis. Auf seiner Website www.audi.de bietet der Hersteller seinen Kunden an, durch Eingabe der Fahrgestellnummer herauszufinden, ob das eigene Fahrzeug betroffen ist. In Frage kommen Audi-Modelle mit 1.6- oder 2.0-Liter-TDI-Dieselmotoren, die die Bezeichnung EA 189 tragen und nach der Europäischen Emissionsnorm EU5 zugelassen sind.

Zulieferer äußern sich zurückhaltend


Nach Einschätzung des Automobilexperten Ferdinand Dudenhöffer werden der Volkswagen-Konzern und viele seiner Marken noch lange an diesem Manipulationsskandal zu knabbern haben: „Das ist nicht nur ein VW-Skandal, das ist auch ein Audi-, Seat- und Skoda-Skandal“, erklärt Dudenhöffer der BSZ. Der Professor für Automobilwirtschaft an der Universität Duisburg-Essen sieht den Wolfsburger Konzern „nachhaltig geschädigt“, sein Umsatz könne „um 30 bis 60 Milliarden Euro einbrechen“. Auffangen ließe sich dies nur durch ein hartes Sparprogramm. „So was steckt auch VW nicht einfach weg.“ Laut Dudenhöffer treffe es dann gerade mittelständische bayerische Zuliefererbetriebe besonders hart, da viele von ihnen vor allem deutsche Fahrzeughersteller belieferten. „Wenn VW Marktanteile verliert, verlieren auch die bayerischen Zulieferer.“
Unternehmen außerhalb Bayerns wie Bosch und Continental mit asiatischen Kunden wie Toyota und Hyundai könnten VW-Einbußen leichter verkraften. Die Fritz Dräxlmaier GmbH & Co. KG im niederbayerischen Vilsbiburg, ein großer bayerischer Zulieferer, teilte mit, es sei „noch zu früh, um konkrete Aussagen zu treffen“. Allerdings sei man „breit aufgestellt“, Markteinflüsse nivellierten sich.
Dudenhöffer sieht nicht nur im bald nötigen Sparprogramm ein dräuendes Problem für die deutsche Automobilwirtschaft. Dass im VW-Konzern jetzt zahlreiche Köpfe rollten, führe in den Tochterunternehmen auch zu einem Personalproblem. Im September hat Audi sein Vorstandsmitglied Ulrich Hackenberg beurlaubt. Er war seit Juli 2013 Entwicklungschef bei Audi, zuvor lange Jahre bei Volkswagen. „Audi hatte Hackenberg geholt, um die Forschung im Unternehmen wieder anzukurbeln“, sagt Dudenhöffer. „Wer soll das jetzt machen?“ (Jan Dermietzel)

Kommentare (2)

  1. Ex CSU Wähler am 10.10.2015
    Diesel kauf ich nicht!
  2. Autofahrer am 09.10.2015
    Die deutschen Autofahrer sind wieder mal die "Dummen", außer Nachbesserung hat der Deutsche keinerlei weiteren Rechte. Erst dann wenn die Nachbesserung nicht funktioniert, bekommt man vielleicht einen Schadensersatz, Nachweispflichtig hier ist aber der Autofahrer. Anders siehts in den USA aus, die können die Kiste hinstellen und den Konzern auf Rückzahlung des Kaufpreises oder Schadensersatz verlangen. Hin wie her, zahlten tut der deutsche Autofahrer den amerikanischen Schaden, über die zu erwartenden neuen Verkaufspreise mit. Deshalb, wer Diesel fährt ist selber schuld.
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