Politik

Gesichtsschleier: Bei Gericht, im Straßenverkehr und in Banken sind sie bereits jetzt untersagt. (Foto: dpa)

26.08.2016

Symbolischer Akt

Das geplante Teilverbot der Vollverschleierung in Bayern betrifft nur wenige – ob es der Integration nützt, ist fraglich

Als Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) Ende 2015 ein Burkaverbot forderte, war die Aufregung groß. Bayerns Wirtschaft fürchtete um zahlungskräftige arabische Besucher. Die Idee der Ministerin, tadelte der Geschäftsführer des Handelsverbandes Bayern, Bernd Ohlmann, sei „ein Schuss ins Bein“. Tatsächlich ist es so, dass arabische Touristen nach den Burkaverboten in EU-Ländern wie Frankreich und Belgien bevorzugt nach Bayern strömen. Ein Schleierverbot, bestätigt CSU-Wirtschaftsexperte Erwin Huber, „würde den Wirtschaftsstandort Bayern schwächen“.

Jetzt, da der Freistaat ein Verbot der Vollverschleierung in Ämtern, Schulen und Hochschulen angekündigt hat, geben sich die Unternehmen entspannt. Ist ja nur ein Teilverbot, meint der Handelsverbands-Geschäftsführer Ohlmann erleichtert, „das ist bei Weitem nicht so schlimm“. Auch sonst regt sich kaum einer über die CSU-Initiative auf.

Das liegt daran, dass mit dem angekündigten Gesetz Fälle geregelt werden sollen, die in Bayern selten oder gar nicht auftreten. Zur Frage, wie häufig es in Behörden zu Problemen mit vollverschleierten Frauen komme, gebe es „keine Erkenntnisse“, teilt das Innenministerium der Staatszeitung lapidar mit. Und an Hochschulen oder Gerichten spielen Burkas laut Innenminister Joachim Herrmann „zahlenmäßig keine Rolle“.

AfD und die FW wollen ein Komplettverbot – und die JU


Hinzu kommt: Schon jetzt kann ein Richter bei Gericht verlangen, dass der Gesichtsschleier bei Vernehmungen abgenommen wird. Auch im Straßenverkehr ist der Schleier de facto verboten – ebenso wie Gesichtsmasken übrigens, mit denen Autofahrer ihr Antlitz verbergen.

Herrmann räumt freimütig ein: Die CSU wolle mit dem geplanten Gesetz einfach „ein politisches Signal“ setzen, das „Ängste in der Bevölkerung“ aufnehme und zeige, „dass wir eine Integration in unsere Gesellschaft erwarten“. Das Gesetz ist also in erster Linie Symbolpolitik. Es soll sicher stellen, dass das Burkathema nicht von Rechtspopulisten besetzt wird.

Die AfD dringt auf ein generelles Burkaverbot – was die CSU aus verfassungsrechtlichen Gründen ablehnt. Allerdings fordert die Junge Union ein Burkaverbot. Ebenso wie die Freien Wähler. Ein Teilverbot für Behörden und Hochschulen „greift zu kurz“, so FW-Chef Hubert Aiwanger, „da der Großteil des gesellschaftlichen Zusammenlebens an anderer Stelle stattfindet, zum Beispiel in Fußgängerzonen, im öffentlichen Nahverkehr und in Supermärkten“.

Gesichtsschleier in der Bank: Ist jetzt schon verboten


Im vergangenen Jahr sorgte der Fall einer Sparkasse in Nordrhein-Westfalen für Aufsehen, die einer Kundin untersagt hatte, die Filiale mit Burka zu betreten – aus Sicherheitsgründen. Bayerns Sparkassen hatten damit bislang keine Probleme, teilt der Sparkassenverband der BSZ mit. So müsse bei Geldgeschäften ein Ausweis mit Lichtbild vorgelegt werden. Bislang meldete keine Sparkasse Turbulenzen wegen eines Gesichtsschleiers. In den Filialen seien allerdings „Sicherheitsaspekte relevant, die beim Betreten einer Bankfiliale eine Rolle spielen“. So würden auch Motorradfahrer aus Sicherheitsgründen aufgefordert, ihren Helm abzunehmen.

Eine ganz andere Frage ist, ob ein Burkaverbot in Behörden und Hochschulen der Integration nützt. Die vielzitierte Unterdrückung der Frau wird ein Schleierverbot nicht mindern. Im Gegenteil: Überzeugte Machomänner werden dann dafür sorgen, dass ihre verhüllte Frau möglichst keine Behörde oder Hochschule aufsucht und brav zuhause bleibt. (Waltraud Taschner)

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