Unser Bayern

Die Köferinger Kirche St. Michael. (Foto: Wolfgang Voigt)

01.03.2024

Ein Gotteshaus voller Familiengeschichte

Das Adelsgeschlecht der Grafen von und zu Lerchenfeld ist eng mit der Köferinger Pfarrkirche St. Michael verbunden

Zwölf Kilometer südlich von Regensburg, wo die hügeligen Ausläufer des Bayerischen Waldes allmählich in die Ebene des Gäubodens übergehen, liegt die Gemeinde Köfering. Ihre Pfarrkirche ist dem heiligen Michael geweiht. Neben der Kirche liegt das Wasserschloss, das sich seit 1569 im Besitz der Familie der Grafen von und zu Lerchenfeld befindet. Das Adelsgeschlecht zählt zum altbayerischen Uradel. In seiner bis ins 11. Jahrhundert nachweisbaren Familiengeschichte brachte die Familie zahlreiche bedeutende Minis-ter, Politiker und Diplomaten hervor. Vor allem im 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts vertraten sie Bayern als Gesandte an den Höfen in Wien, Berlin, St. Petersburg oder Brüssel. Dabei arrangierten sie unter anderem Ehen, wie die zwischen Kaiser Franz Joseph von Österreich und Prinzessin Elisabeth von Bayern (Sisi), Kronprinz Maximilian von Bayern und Marie von Preußen oder Herzog Maximilian von Leuchtenberg und der russischen Zarentochter Maria. Mit Hugo Graf von und zu Lerchenfeld (1871 bis 1944) stammt sogar ein bayerischer Ministerpräsident aus der Köferinger Linie, der in den schwierigen Jahren von 1921/22 die Geschicke Bayerns lenkte und ein ausgesprochener Gegner der Nationalsozialisten war. Zahlreiche Familienangehörige bekleideten auch hohe kirchliche Ämter oder waren Mitglieder katholischer Orden und Organisationen.

Die Geschichte und Entwicklung von Köfering und der Pfarrkirche hat die Familie über Jahrhunderte maßgeblich geprägt. Vor den Lerchenfelds waren die Stauffs Gutsherren in Köfering, das 1143 erstmals in einer Urkunde auftaucht. Argula von Grumbach, die Nichte des damaligen Schlossherrn, gilt als eine der bedeutendsten Figuren der Reformation. Sie stand in engem Kontakt mit Martin Luther und soll, so erzählt die Legende, von der Kanzel der Vorgängerkirche gepredigt haben.

Im barocken Gotteshaus fallen die zahlreichen Wappen und beeindruckenden Epitaphe auf, vor allem die prachtvollen Renaissance-Grabplatten (Ädikulä) mit rundbogigen Tympana, wappengeschmückten Pilastern und Beschlagsornamenten. Über einen Zeitraum von über 400 Jahren haben 13 Generationen der Lerchenfelds in der Kirche ihre Spuren hinterlassen. Man feierte dort Taufe, Kommunion, Firmung, Hochzeit und normale Gottesdienste – bis 1936 fanden viele aus der Familie in der Gruft ihre letzte Ruhestätte. Die Lerchenfelds stifteten wertvolle sakrale Gegenstände und Ausstattungen. Ebenso förderten sie den Kirchenbau und Renovierungsmaßnahmen. Zahlreiche Epitaphe sowie prachtvolle Allianzwappen am Hochaltar, an den Seitenaltären und der Kanzel erinnern an bedeutende Mitglieder der einst einflussreichen Familie.

Nach der Zerstörung des ursprünglichen Schlosses während des Löwlerkriegs im Jahr 1491 waren die Kirche sowie das Pfarr- und Kaplanhaus schwer beschädigt worden; der Pfarrer musste daher bis zum Neubau im nahen Egglfing wohnen. 1569 kaufte der wohlhabende Straubinger Kaufmann Caspar Lerchenfeld („Caspar der Reiche“, 1510 bis 1572) das Wasserschloss samt Ländereien, beide gingen bei der Verteilung seines Erbes an seinen gleichnamigen Sohn Caspar (1543 bis 1598). Dieser ist der Begründer der Köferinger Linie des Hauses Lerchenfeld. Ein prachtvolles Epitaph an der Südseite des Kircheninneren und die Wappen im Auszug des sich daneben befindenden Seitenaltars erinnern an ihn und seine Frau. Von Kaiser Rudolf II. erhielt er 1587 die Ausfertigung der ihm und seinen vier Brüdern von Kaiser Maximilian II. bereits 1575 verliehenen Adelsbestätigung. Das bisherige Familienwappen mit Lerche wurde durch das uralte Brennberger-Wappen ergänzt, wie es die Auer und Nußberger vor ihrem Aussterben geführt hatten, die vor den Lerchenfelds das Sagen in der Herrschaft Brennberg hatten (die dortige Burg ist auf Anfang des 11. Jahrhunderts zurückzuführen).

Auch der nächste Sohn der Lerchenfeld-Linie erinnerte namentlich an den Liniengründer, er hieß Caspar Sigmund (1578 bis 1619). Er ließ 1618 die Vorgängerkirche des heutigen Gotteshauses von Baumeister Hans Schön errichten. Im Dreißigjährigen Krieg wurde das Schloss in Mitleidenschaft gezogen. Offenbar litt auch die Kirche. Wegen ihres schlechten Zustands schrieb Franz Adam Graf von und zu Lerchenfeld (1662 bis 1734) am 8. April 1717 an den Regensburger Bischof Clemens August: „Es will die Noth erfordern, dass allhir zu Köfering sehr paufällig St. Michaelis Gotteshaus von neuem erpauet und repariert werden sollte.“

So fand 1717 der Abbruch der Kirche statt. Das Allerheiligste wurde während des Kirchenneubaus in das nahe Egglfing transferiert, wo auch während der Bauzeit die Gottesdienste gefeiert wurden. Von der alten Kirche blieb lediglich der Turm mit Kuppeldach an der Westseite stehen. Seine Integration in die zweite lerchenfeldsche Kirche ergab ein gelungenes, barockes Ensemble.

An der Nordseite des Kirchenneubaus wurde am Langhaus beim Seitenaltar die Begräbniskapelle der gräflichen Familie errichtet. Über dem Eingang prangte das Allianzwappen Lerchenfeld-Schallenberg und eine Inschrift, die auf den Bauherrn verweist. Beide werden heute im Innenhof des Schlosses verwahrt. Gemäß einer Weihekos-tenrechnung feierte man die Konsekration der neuen Kirche erst 1732.

Über die Jahre erfuhr die Kirche zahlreiche Veränderungen. Sie wurde in den 1930er-Jahren verlängert und der Kirchturm, der die fünf Glocken des Läutwerks trägt, das teilweise noch aus dem Jahr 1717 stammt, wurde von der West- an die Südostseite versetzt. Grund für die Verlagerung des Glockenturms war auch, so ist den Kirchenakten zu entnehmen, dass Lausbuben häufig die Glocken läuteten, als die Seilzüge sich leicht zugänglich am Hauptportal befanden.

Das Epitaph von Graf Maximilian (1772 bis 1809) und seiner Frau Maria Anna (1775 bis 1854) befindet sich in der heutigen Ministrantensakristei, die einst die gräfliche Grabeskapelle war. Dort war auch der Abgang zur Gruft, die heute verschlossen ist. Das beeindruckende Grabdenkmal schuf der Bildhauer Franz Jakob Schwanthaler (sein Sohn Ludwig wurde als Künstler und Erschaffer der Bavaria berühmt). Schwanthaler initiierte einen neuen Brauch, der seiner damals wenig beschäftigten Münchner Bildhauerzunft zu neuen Aufträgen verhalf: Anstelle der düsteren eisernen Grabkreuze, die bis dahin auf den Münchner Friedhöfen zu finden waren, führte er Grabmonumente aus Stein und Marmor ein. 1790 errichtete er in München das erste steinerne Grabmal mit einer über eine Urne gebeugten, trauernden weiblichen Gestalt. Diese „Verwegenheit“, wie es der Lexikograf Constant von Wurzbach ausdrückte, blieb nicht ungeahndet: Eines Nachts wurde das Grabmal zerstört, was wiederum zu so viel Aufmerksamkeit führte, dass der Bann gebrochen war: Man fand Schwanthalers Idee „weder unreligiös noch sonst unangemessen und der ersten Bestellung mit unglücklichem Ausgange folgten alsbald mehrere, welche unangetastet blieben und noch heute auf dem älteren Münchner Friedhofe […] zu finden sind. Wohl an ein halbes Hundert und vielleicht auch mehr solcher Grabdenkmale hatte [… Schwanthaler] gemeißelt“, so von Wurzbach. Die meisten davon sind heute jedoch nicht mehr erhalten.

Besonders beim Adel fanden die Werke Schwanthalers großen Anklang. Er fertigte Büsten von König Maximilian I. von Bayern und dessen Frau Karoline an. Von Schwanthaler stammt auch der Trauergenius aus weißem Marmor in der Münchner Theatinerkirche zum Andenken an den im Jahr 1803 verstorbenen Sohn des Königs, Prinz Max Joseph Friedrich. Weitere bedeutende Werke Schwanthalers waren ein Genius aus Marmor am Eingang zum Englischen Garten, ein Denkmal für den Grafen Rumford sowie die kolossalen römischen Rüstungen und Kränze am Durchfahrtsbogen der Hofgartenarkaden, außerdem die Figuren und reichen Kapitelle und Friese am Proszenium des Hofheaters sowie Ornamentarbeiten in den Prachtgemächern der Münchner Residenz. Auch außerhalb Münchens erhielt Schwanthaler, der als „Begründer einer besseren Geschmacksrichtung“ galt, Aufträge – wie eben aus Köfering.

Über dem Hauptaltar der Köferinger Kirche fällt ein Engel auf. Er hält das Wappen des Kirchenerbauers Graf Franz Adam und seiner Frau Maria Elisabeth (geborene Gräfin von und zu Schallenberg). Von besonderer Bedeutung ist jedoch das Gemälde des Hauptaltars: Im Zuge der Renovierungsarbeiten um 1885 wurde der ursprüngliche Hochaltar von 1720 in die Peterskirche im benachbarten Niedertraubling abgegeben. Dieser Altar entstammte der Werkstatt des Augsburger Schreiners Paulus Dilger. Offensichtlich passte das von Graf Maximilian von und zu Lerchenfeld (1799 bis 1859) erworbene, wertvolle Tafelgemälde, das Christus am Kreuz mit Maria und Johannes darstellt, nicht in den bestehenden Altar. Daher wurde für das Altarbild ein im Stil der Spätrenaissance gestalteter Hochaltar angeschafft ... (Wolfgang Voigt)

Lesen Sie den vollständigen, reich bebilderten Beitrag in der Ausgabe März/April 2024 des BSZ-Online-Magazins UNSER BAYERN. Sie können die komplette, 40-seitige Ausgabe downloaden unter www.bayerische-staatszeitung.de

Für BSZ-Abonnenten ist dieser Service kostenlos, sonst 3 Euro pro Ausgabe. 

Abbildungen:
Auch über dem Hochaltar schmücken Wappen die Kirche. Der Engel hält die Wappen des Kirchenbauherrn und seiner Frau. 2013/14 wurde die barocke Kirche umfangreich renoviert. (Foto: Wolfgang Voigt)

Fast 450 Jahre alt ist das älteste erhaltene Porträt eines Lerchenfelds in Köfering: Es zeigt Caspar von Lerchenfeld, Begründer der Köferinger Linie. (Foto: Wolfgang Voigt)

Kunsthistorisch bedeutend ist das Epitaph von Maximilian Graf von und zu Lerchenfeld und seiner Frau Gräfin Maria Anna.  (Foto: Wolfgang Voigt)

Kommentare (0)

Es sind noch keine Kommentare vorhanden!
Die Frage der Woche
Vergabeplattform
Vergabeplattform

Staatsanzeiger eServices
die Vergabeplattform für öffentliche
Ausschreibungen und Aufträge Ausschreiber Bewerber

Jahresbeilage 2023

Nächster Erscheinungstermin:
29. November 2024

Weitere Infos unter Tel. 089 / 29 01 42 54 /56
oder
per Mail an anzeigen@bsz.de

Download der aktuellen Ausgabe vom 24.11.2023 (PDF, 19 MB)

E-Paper
Unser Bayern

Die kunst- und kulturhistorische Beilage der Bayerischen Staatszeitung

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.