Wirtschaft

Der Freiheitsturm ist das Wahrzeichen des modernen Teheran. (Foto: dpa)

25.09.2015

Aufbruchstimmung im Iran

Deutsch-Iranische Handelsbeziehungen sind ein Drahtseilakt

Es war ein historischer Deal, das Atomabkommen von Wien, ein Signal an die Welt, Aufbruchstimmung nach einer fast einem Jahrzehnt währenden Eiszeit. Der Iran, lange geächtet als „Schurkenstaat“, ist zurück auf dem wirtschaftspolitischen Parkett. Jedenfalls scheint das Szenario überschaubar zu werden. Der um ein attraktives Profil ringende Sigmar Gabriel saß, kaum dass die Tinte getrocknet war, mit einer deutschen Wirtschaftsdelegation im Flieger nach Teheran. Er war der erste Auslandsdelegierte, der mit Irans Präsident Hassan Rohani über gemeinsame wirtschaftliche Ziele verhandelte.

Iran ist die Herzkammer eines Wirtschaftsraums

 „Der Iran ist die Herzkammer eines Wirtschaftsraums, der über die Grenzen hinweg 400 Millionen Menschen umfasst. Wenn es uns hier gelingt, den wirtschaftlichen Aufbruch zu nutzen, ist dies ein doppelter Erfolg – für die Performance unserer bayerischen Unternehmen im arabischen Raum sowie für Wohlstand, Wachstum und Arbeitsplätze in Bayern und im Iran“, so begrüßte Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V., diese Woche seine Symposiumsgäste in der Hans-Seidel-Stiftung. Gekommen waren vor allem Vertreter bayerischer Mittelstandsunternehmen, sie wollten sich aus erster Hand informieren und ihre Chancen auf dem iranischen Markt ausloten. Die möglichen Perspektiven der Wirtschaftszusammenarbeit mit dem Iran verdeutlichte Moghtadi Kermanshahani, Präsident der Deutsch-Iranischen Industrie- und Handelskammer (AHK) aus Teheran, der seit 38 Jahren auf diesem Gebiet arbeitet: „Ich richte den Appell an unsere deutschen Freunde: Kommt zuerst. Wir brauchen Banken, Einkaufszentren, Tourismus, etc. Wir müssen den Mittelstand fördern, und wir brauchen eine duale Ausbildung!“ Deutlich wird dabei der Wunsch Irans nach einer Unterstützung der Reformbestrebungen Rohanis durch Deutschland und die Einsicht, dass bisher die Investition in wirtschaftliche Stabilität zum Teil auch durch die politische Unerfahrenheit zu kurz kam.

Deutschland soll den Aufbau mitgestalten

Der Wunsch Irans, mit Deutschland nach der Isolation den Aufbau zu gestalten, liegt in einer gemeinsamen positiven Erfahrung, die historische Züge hat. Schon 1885 eröffnete der Iran die erste diplomatische Vertretung in Berlin und gut zwei Jahrzehnte später wurde die erste deutsche Schule in Teheran gegründet. Der Iran sollte damals im Konkurrenzkampf mit dem Erzfeind Großbritannien das „Tor nach Indien“ sein und hatte strategische Bedeutung. Das verbindet. Man kennt sich, und das schafft Vertrauen. China, Russland, Indien sind heute die wirtschaftliche Konkurrenz. Aber wenn es nach der vbw geht, ist Bayern ganz vorn mit dabei. Im November 2015 eröffnet er gemeinsam mit dem bbw – Bildungswerk der Bayerischen Wirtschaft e. V. – in Teheran eine Wirtschaftsrepräsentanz als Anlaufstelle für alle organisatorischen sowie juristischen Fragen rund um den Unternehmensaufbau im Iran. Eine Hotline, kündigte Brossardt an, wird schon demnächst freigeschaltet. „Der iranische Verbraucher wünscht sich deutsche Technologie und Know-how“, stellte Abdollah Nekonam Ghadiri, Generalkonsul des Irans, heraus.

Noch immer gilt der Handel mit Iran als Stigma 

Doch dem Ruf, die einmalige Chance zu einer florierenden Handelsbeziehung zu nutzen, mag sich nicht jeder der Symposiumsteilnehmer ungeteilt anschließen. Große Rohstoff- und Mineralölressourcen und günstige Energie, eine junge Bevölkerung und im Vergleich zu Deutschland niedrigere Löhne sind lohnende Anreize zu investieren. Auf der anderen Seite mahnt Professor Rainer Thome, Lehrstuhlinhaber für Business Integration an der Universität Würzburg, dass die Märkte sehr sensibel sind. Noch immer gilt der Handel mit dem „Schurkenstaat“ Iran als Stigma. Für manche Branchen ist die USA Wunschhandelspartner Nummer Eins. Wer dort seinen guten Ruf nicht auf Spiel setzen will, wird zumindest ein diskretes Vorgehen im Iran bevorzugen. In Zeiten von unkontrollierbaren Social Media Aktivitäten mit der Gefahr eines „Perfect Storms“ wäre der Schaden gegebenenfalls nicht kalkulierbar. Und so laufen auch US-Ex- und Importe mit dem Iran über geheime Kanäle und Strohfirmen. Geschäfte mit dem Iran bleiben derzeit eine Gratwanderung.
(Rebecca Koenig)

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