Wirtschaft

Ein Elektrolaster wird mit Strom betankt. (Foto: dpa)

13.10.2017

Autohersteller setzt auf drei Pferde

Strom, Wasserstoff oder Hybrid: Welche Antriebstechnik in Fahrzeugen sich durchsetzt, ist offen

Der Mittelspurschleicher Europa wird bei der Elektromobilität von China links und von Kalifornien rechts überholt. Auf dieses Bild kann man das globale Technologierennen um die Antriebstechnik der Zukunft reduzieren. Das wurde bei einem Gespräch mit bayerischen EU-Abgeordneten und Industrievertretern in Brüssel, das die vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. initiiert hat, mehr als deutlich.

„Wir sind eben 28 Mitgliedstaaten (nach dem Brexit nur noch 27, Anmerk. der Redaktion) und da dauern die Abstimmungsprozesse eben etwas länger“, betonte die EU-Parlamentsabgeordnete Angelika Niebler (CSU). Aber die Zeit dränge, denn niemand wisse, welche Technologie sich durchsetzen werde.

Darum ist nach Ansicht von Niebler und ihrem Kollegen Ismail Ertug (SPD) die EU-Kommission gefordert, möglichst rasch Ziele festzulegen. „Wir setzen derzeit auf drei Pferde: die Weiterentwicklung des Verbrennungsmotors, Hybridisierung sowie die Brennstoffzelle und die elektrische Batterie“, brachte es Steffen Nolte, Leiter des Bereichs Wirtschaftspolitik und Gesetzgebung der EU-Konzernrepräsentanz Brüssel der Daimler AG, auf den Punkt. Es werde in Zukunft wohl eine bunte Wiese an Möglichkeiten geben, wie man Autofahren kann.

Verunsicherte Verbraucher


Doch das verunsichert die Verbraucher. Sie wissen nicht, welches Auto sie kaufen sollen. „Am besten drei mit den jeweils unterschiedlichen Antriebstechnologien“, scherzte Nolte. Sein Kollege Frank Breust, Leiter der Konzernrepräsentanz Brüssel der BMW AG, forderte von den Herstellern und der Politik, die Verbraucher besser aufzuklären: „Ich habe lange Zeit in Kalifornien gelebt und dort gibt es eine sogenannte consumer education, also eine Verbraucherbildung.“ Das sei wichtig, damit die Menschen an die neuen Technolgien herangeführt werden, um für sich eine Kaufentscheidung treffen zu können. Denn ob einem ein E-Auto liegt oder nicht, könne man nur bewerten, wenn man einmal eines selbst gefahren ist.

Die Vorteile einer Wasserstoffmobilität zeigte hingegen Ulrike Schmülling vom in München ansässigen Industriegasespezialisten Linde auf. „Wir haben 50 SUVs von Hyundai beschafft, die mit Wasserstoff fahren und bieten diese als Carsharing-Fahrzeuge rund um München an“, sagte die Leiterin des Büsseler Verbindungsbüros der Linde AG. Auf diese Weise sollen die Menschen mit dieser Technologie in Kontakt kommen. Schmülling betonte, dass mit Wasserstoff-betriebenen Fahrzeugen nahezu die gleichen Reichweiten wie mit herkömmlichen Autos möglich sind. Außerdem reduziere man mit dieser Technologie die Rohstoffabhängigkeit von China, die nahezu als einzige genügend Lithium-Vorräte im Erdreich hätten, um all die benötigten Batteriezellen zu bauen.

Wasserstoffmobilität bietet Vorteile


Auch in der Handhabbarkeit der Elektrizität böte die Wasserstoffmobilität Vorteile gegenüber der E-Mobilität, erklärte Walburga Hemetsberger, Leiterin der EU-Verbindungsbüros des österreichischen Wasserkraftwerksbetreibers Verbund AG: „Man kann den überschüssigen Ökostrom zur Erzeugung von Wasserstoff nutzen.“

Das würde auch ein Problem lösen, das eine Vertreterin des Münchner Nutzfahrzeugeherstellers MAN beschrieb: „Wenn ein Verkehrsbetrieb 300 E-Busse innerhalb von vier Stunden nächtlicher Ruhezeit nach einem 20-stündigen Einsatz wieder aufladen will, müssen enorme Strommengen zur Verfügung gestellt werden.“ Auch beim Einsatz von E-Lastwagen gebe es noch einige zu lösen. Für den innerstädtischen und regionalen Vereilverkehr würden 26- beziehungsweise 28 Tonner sowie die vielen Transporter elektrisch betrieben werden können. Für die Langstrecke, um zum Beispiel Waren mit dem 40-Tonner von Portugal nach Finland zu transportieren, reiche der E-Antrieb nicht aus. Damit entsprechende E-Highways, auf denen Laster via Stromabnehmer auf dem Dach mit Energie versorgt werden, in ganz Europa gebaut werden, sei die EU gefordert.

Güter per Bahn transportieren


Dem entgegnete jedoch EU-Parlametarier Ertug, dass man den Langstreckenverkehr von Waren am besten mit der Bahn abwickeln sollte. Wie viel Bahnausbau, europäische Koordination und Kooperation der europäischen Bahngesellschaften nötig wären, um die enormen Transportmengen in der EU abwickeln zu können, wurde aus Zeitgründen aber nicht erörtert.

Ertug forderte auch einen europäischen Masterplan für den Automobilsektor hinsichtlich der Arbeitsplätze. Denn komme die E-Mobilität in großem Umfang, dann entfallen sechs von heute sieben Arbeitsplätzen in der Autobranche. Doch die Betroffenen bräuchten eine Perspektive, die nur in der Vernetzung der gesamten europäischen Automobilproduktion gefunden werden könnte.

Die gesamte Diskussion zeigte aber, dass aufgrund der Komplexität und des zeitaufwändigen innereuropäischen Abstimmungsbedarfs wohl die Entscheidung für eine bestimmte Technologie aus China oder Kalifornien kommen wird.
(Ralph Schweinfurth)

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