Wirtschaft

Mais ist genügend vorhanden. (Foto: Wraneschitz)

18.07.2014

„Biomasse reicht für Teller und Tank“

C.A.R.M.E.N.-Symposium in Würzburg

Trotz oder wegen des überarbeiteten Erneuerbare-Energien-Gesetz EEG 2014: Rekordbesuch beim 22. C.A.R.M.E.N.-Symposium auf der Festung Rosenberg. Über 350 Teilnehmer informierten sich zwei Tage lang in Würzburg über „Erneuerbare Energien – die ökologische und ökonomische Wende?“ „Ein genereller Verzicht auf Bioenergie löst weder Hunger- noch Klimaschutzprobleme!“ Provozierend steigt Bernhard Widmann in die „Ethik der energetischen Biomassenutzung“ ein. Der Leiter des Technologie- und Förderzent-rums TFZ Straubing fordert ein Eintreten für Klimaschutz, Atomausstieg und Energiewende. Denn immerhin seien die Erneuerbaren Energien (EE) von einer riesigen Mehrheit der hiesigen Gesellschaft erwünscht, Zurückhaltung also unangebracht.
Bei Fragen nach „Tank oder Teller?“ oder „Verheizen wir jetzt unseren Wald?“, müssten Energiemenschen Fakten kennen wie: „In Bayern haben wir aktuell ungefähr doppelt so viel Holzzuwachs, als eingeschlagen wird.“ Sprich: Der Nachhaltigkeitsfaktor ist eindeutig positiv. „Andererseits: Die Nutzung von Kohle, Öl oder Erdgasnutzung verbraucht pro Jahr den Zubau von 500 000 Jahre.“ Das sei Ressourcenverbrauch: das Gegenteil von Nachhaltigkeit also.
Genauso fordert Widmann zum streitbaren Umgang mit der „Kulturlandschaft. Die ist durch uns so geworden, wir haben sie immer weiterentwickelt.“ Deshalb „sind in 40 Jahren Windräder auf dem Hügel eine schützenswerte Kulturlandschaft. So wie heute Ackerbauflächen“, sagt der TFZ-Chef voraus.
Auch Energiesprit sei beileibe keine Konkurrenz zu Lebensmit-teln! „Nur 6 Prozent des Weltgetreides geht in die Biokraftstoffgewinnung.“ Weshalb Bioenergie-Importe auch künftig unkritisch seien.
Mangelnde Information beklagt auch Bernhard Widmann. Beispiel Mais: Obwohl der Maisanbau statistisch den 1980er Jahren kaum mehr geworden sei, „bremst ihn der Bundesenergieminister jetzt aus“, schimpft Widmann über das Unwissen von SPD-Chef Sigmar Gabriel bei der aktuellen EEG-Reform.
Ein Steilpass für Thorsten Breitschuh, der im „maiskomitee.de“ Betriebe zu nachhaltigem Maisanbau berät. Ungefähr ein Fünftel der Feldflächen nehme der Mais hierzulande ein – so viel wie zu vor Zeiten der Wiedervereinigung.
Der Wissenschaftler hat in seiner Arbeit den Mais als Pflanzenart kennengelernt, die sich durch hohe Humuserzeugung, geringe Bodenerosion und andere positive Effekte auszeichne, „objektiv messbar“, wie Breitschuh betont. Was ganz im Gegensatz zu den negativen „Monokultur“- und „Vermaisungs“-Debatten in der Öffentlichkeit steht: In gerade mal fünf oder sechs Landkreisen deutschlandweit nehme der Mais überhand. Doch wer weiß das schon?
Doch das neue EEG 2014 hat gerade Biogas ziemlich ausge-bremst, analysiert Helmut Loibl, Fachanwalt für Verwaltungsrecht aus Regensburg. Dabei wäre genau hier die Speicherkapazität aufzubauen, um die schwankende Erzeugung von Strom aus Wind oder Solarkraftwerken auszugleichen.
„Die Attraktivität der Hack-schnitzel durch deren Image bei der Bevölkerung beeinflussen“ wiederum will Sebastian Henghuber. Bauern müssten selbst zeigen, wie nachhaltig, regional und gleichzeitig wirtschaftlich sie damit umgehen. Henghuber ist Vorstand der „MW Biomasse AG“. Die Tochtergesellschaft von sechs Landwirtschaftsselbsthilfeeinrichtungen aus Oberbayern wurde „gegründet, um einen Absatzmarkt für Energieholz zu schaffen“. Heute betreibt MW bereits 20 Hackschnitzelheizwerke, handelt Holz und bietet seinen Mitgliedern Wärmeberatung an. Das vermarktete Holz stammt nur von den etwa 15 000 beteiligten Holzbauern und aus deren 100 000 Hektar Wald.
Wenn ein Heizwerk geplant sei, müsse man genug Wald in der Ortschaft haben, lautet Henghubers Grundprinzip: „Holznahwärme kann man nur noch unter Beteiligung der Bevölkerung umsetzen.“
Doch bei aller Euphorie für die Bioenergie: Woher sollen die Mengen kommen, wenn bald kein Strom und keine Wärme mehr aus Kohle, Öl, Erdgas produziert werden, wie die Regierungen in Brüssel, Berlin und München offiziell vorgeben?
Natürlich gibt es Alternativen zu zurzeit gebräuchlichen Energiebiomassen, wie Landschaftspflegematerial oder Stroh, wie Christian Letalik von C.A.R.M.E.N. vorstellt. „Auch die Durchforstung würde ein riesiges Potenzial bieten. Aber die Waldbauernvereinigungen sind zurzeit nicht dafür mobilisierbar“, weiß MW-Vorstand Sebastian Henghuber. Deshalb sollten Kurzumtriebsplantagen nicht vergessen werden: Die dürften als „Einkommensalternative“ zur langfristigen Waldbewirtschaftung an Bedeutung gewinnen, wie Sebastian Hauk von der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf meint.
Doch für alle Rohstoffe muss laut Josef Auer von DB Research gelten: „Gerade in der Agrar- und Energieproduktion gibt es für Nachhaltigkeit keine Alternative!“ (Heinz Wraneschitz)

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