Wirtschaft

Wenn es um Menschen mit Behinderung in Unternehmen geht, ist oftmals die Landesbehörde Zentrum Bayern Familie und Soziales (ZBFS) involviert – besonders bei Kündigungen. (Foto: dpa)

21.04.2017

Hilfe für Arbeitnehmer mit Handicaps

Die Landesbehörde Zentrum Bayern Familie und Soziales (ZBFS) in Bayreuth berät Menschen mit Behinderung auch in arbeitsrechtlichen Fragen

Viele Arbeitgeber schrecken immer noch davor zurück, Menschen mit Behinderung einzustellen. Denn das landläufige Gerücht, dass man diesen Menschen nie wieder kündigen kann, hält sich hartnäckig. „Doch dem ist nicht so. Wenn es Gründe gibt, stellen wir uns als zuständige Fachstelle nicht quer“, sagt Norbert Kollmer, Präsident der Landesbehörde Zentrum Bayern Familie und Soziales (ZBFS) mit Sitz in Bayreuth, der Staatszeitung. Sollte nach eingehender Beratung keine andere Lösung, wie etwa eine Versetzung, in Frage kommen, so stimmt das Integrationsamt im ZBFS auch einer Kündigung zu.

Pro Jahr werden rund 3,3 Milliarden Euro verteilt


Doch beim ZBFS geht es um mehr als diesen Problemkreis. Die rund 1800 Mitarbeiter an den neun Dienststellen in ganz Bayern sorgen dafür, dass jedes Jahr insgesamt rund 3,3 Milliarden Euro an Transferleistungen bei den dafür berechtigten Personen ankommen. So zahlte das ZBFS im Jahr 2016 rund eine Milliarde Euro an Elterngeld und transferierte etwa 1,1 Milliarden Euro an Grundsicherung (Arbeit und Alter). Im Bereich Familie flossen etwa 70 Millionen Euro Landeserziehungsgeld via ZBFS an die Empfangsberechtigten. Weitere 131 Millionen Euro zahlte das ZBFS in Form des bayerischen Betreuungsgeldes 2016 aus. Außerdem sorgte das ZBFS 2016 noch dafür, dass 91 Millionen Euro an Bundesbetreuungsgeld bei den dafür berechtigten Empfängern ankam.

„Jeder siebte Bürger Bayerns steht aktuell in Kontakt mit uns“, sagt ZBFS-Präsident Kollmer. Wir sind eine der Landesbehörden des Freistaates, die erhebliche Mittel verteilen, zu einem großen Teil Bundesmittel, aber auch spezifisch bayerische Förderungen.

Jährlich ergehen etwa 330.000 Bescheide


Aber bevor das ZBFS Geld verteilen kann, muss festgestellt werden, wer für die einzelnen Sozialleistungen empfangsberechtigt ist. So untersuchen Kollmers Mitarbeiter, wer zum Beispiel einen Behindertenausweis bekommt und führen die hierfür nötigen Feststellungsverfahren durch. „Unsere Behörde erlässt jährlich etwa 300.000 schriftliche Bescheide“, so Kollmer. Ende 2016 waren im Freistaat rund 1,19 Millionen Menschen schwerbehindert, das ist fast jeder elfte Bürger. Rund 52 Prozent dieser Menschen besitzen einen Schwerbehindertenausweis im „Scheckkartenformat“. „Ende 2005 hatten noch rund 1,06 Millionen Menschen in Bayern ein erhebliches Handicap mit Grad der Behinderung von 50 oder mehr“, erläutert der ZBFS-Präsident.

Damit möglichst viele dieser Menschen auch arbeiten und damit am Erwerbsleben teilhaben können, sorgt das ins ZBFS eingegliederte Integrationsamt für diverse Leistungen. So wurden 2016 rund 40,7 Millionen Euro an Arbeitgeber und Integrationsprojekte ausgereicht. Sie dienten zum Beispiel für die Einrichtung behindertengerechter Arbeitsplätze. 4,2 Millionen Euro flossen an Arbeitnehmer in Form technischer Hilfen und 1,6 Millionen Euro in Arbeitsmarktprogramme. Die Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) erhielten zirka 10,7 Millionen Euro. Und für die Dienstleistungen für Integrationsfachdienste stellte das ZBFS 2016 rund 7,4 Millionen Euro zur Verfügung.

Soziale Entschädigung


Darüber hinaus kümmert sich das ZBFS auch um soziale Entschädigung und um Stiftungen. So erhielten 2016 nach dem Bundesversorgungsgesetz (Kriegsopferversorgung) 15 836 Berechtigte in Bayern rund 102,5 Millionen Euro an Rentenleistungen ausgezahlt. Neben der Kriegsopferversorgung gibt es die Kriegsopferfürsorge, die durch finanzielle Leistungen zur Existenzsicherung hilft. Im Bereich der Opferentschädigung gingen 2016 bayernweit 1676 Anträge ein und etwa 17,5 Millionen Euro wurden an 3127 Rentenberechtigte ausgezahlt.

Das ZBFS zahlt auch das spezifisch bayerische Blindengeld aus. 2016 erhielten 13.375 Menschen das bayerische Blindengeld von insgesamt 80,5 Millionen Euro. „Das volle Blindengeld beträgt seit 1. Juli 2016 monatlich 579 Euro“, erklärt Kollmer. Das Taubblindengeld (seit 2013 eine gesetzliche Leistung) beträgt seit diesem Zeitpunkt 1158 Euro im Monat. Derzeit beziehen 320 Menschen im Freistaat diese Sozialleistung.

Jenseits bürokratischer Hemmschwellen helfen


Im Bereich der Stiftungen reichte das ZBFS via „Landesstiftung Hilfe für Mutter und Kind“ rund 17,6 Millionen Euro aus. „Damit können wir nah am Menschen und niederschwellig schwangeren Frauen und Familien in Notlagen auch jenseits bürokratischer Hemmschwellen helfen“, so Kollmer. „Da kann schon mal eine verzweifelte alleinerziehende Mutter von drei Kindern am Vormittag bei uns anrufen, wenn der Strom abgestellt werden soll, weil sie kein Geld dafür hat. Und am Nachmittag kann die Zusage einer finanziellen Hilfe an den Stromversorger gehen, damit sie am Abend ihren Kindern etwas zu essen kochen kann.“ Das seien, so Kollmer, die „kleinen positiven Erlebnisse des Arbeitsalltags“, von denen unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dann in in schwierigen Fällen zehren können. Außerdem führt das ZBFS die Geschäfte der Bayerischen Stiftung Hospiz, der Bayerischen Stiftung für Kriegsopfer und Menschen mit Behinderung, der Bayerischen Kriegsblindenstiftung, des Bayerischen Invaliden-, Witwen- und Waisenfonds sowie der Stiftung „Bündnis für Kinder“.

Ebenfalls aus Landesmitteln unterstützt das ZBFS in den Bereichen Alten- und Behindertenhilfe, Familienförderung, bürgerschaftliches Engagement und weitere soziale Projekte. Insgesamt wurden für die Aufgaben 2016 rund 30 Millionen Euro ausgezahlt.

Doch es geht nicht nur ums Auszahlen beim ZBFS. Es ist auch für die Anerkennung ausländischer Studienabschlüsse in den Studiengängen Sozialpädagogik und Kindheitspädagogik verantwortlich. Zuständig hierfür ist die ZBFS-Regionalstelle in Unterfranken.

Neu: Fachaufsicht über den Maßregelvollzug

Eine neue Aufgabe für das laufende Jahr 2017 hat das ZBFS mit der „Fachaufsicht über den Maßregelvollzug“ hinzubekommen. In den 14 Einrichtungen, über die das neue Amt für Maßregelvollzug in Nördlingen für das ZBFS wacht, sind psychisch oder suchtkranke Täter untergebracht. Ebenfalls neu im ZBFS-Aufgabenportfolio ist dieses Jahr die Stiftung Anerkennung und Hilfe. Sie unterstützt Personen, die früher in stationären Einrichtungen der Behindertenhilfe und Psychiatrie Unrecht erlitten haben.
„Und last but not least kümmern wir uns um die weitere Umsetzung der bayerischen Heimatstrategie“, erklärt ZBFS-Präsident Kollmer abschließend. Dazu gehört nicht nur das neue Amt in Nördlingen, sondern auch der Aufbau eines Teams „Familie“ im ZBFS in Kemnath (Oberpfalz, Landkreis Tirschenreuth) – Arbeit, die direkt von der Landeshauptstadt in die charmante Kleinstadt nicht weit von der oberfränkischen Grenze „wandert“. Außerdem soll ein Teil des bisher in München ansässigen Bayerischen Landesjugendamts nach Schwandorf verlegt werden. Auch dieses Amt gehört zum ZBFS und ist überörtlicher Träger der Kinder- und Jugendhilfe. Es unterstützt die örtlichen Jugendämter in den Landkreisen und Städten. Darüber hinaus nimmt es besondere überregionale Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe sowie deren Weiterentwicklung wahr.
(Ralph Schweinfurth)

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