Wirtschaft

Den Herausforderungen wollen mit Humor begegnen (von links): Anton Laub (BiomasseEnergieNetzwerk eG, Ulm) und Bernd Heinrich (KWF e.V., Groß-Umstadt), Leiter der AG Roh- und Brennstoffe, Franz Bruckner (UBP-consulting, Walldorf), AG Holzwärme, Jan Grundmann (Vattenfall Europe New Energy, Hamburg), AG Energieholzanbau, Thomas Siegmund (Bundesverband Bioenergie), AG Nachhaltigkeit, Rainer Schrägle, (Technologica AG, Rutesheim), AG Holzasche und Frank Scholl (Steag New Energies, Saarbrücken), AG Holz(heiz)kraftwerke. (Foto: Dany)

06.11.2015

„Kräfte bündeln“ nach dem EEG-Kahlschlag

Fachkongress Holzenergie in Augsburg: Holz hat es zur Zeit schwer auf dem Wärmemarkt

Bei der Stromerzeugung aus Holz droht nach dem Einbruch sogar ein Rückbau von Bestandsanlagen. Wie auf dem Fachkongress Holzenergie in Augsburg deutlich wurde, hat Holz auch auf dem Wärmemarkt zurzeit einen schweren Stand. Der neue „Fachverband Holzenergie“ soll die Marktakteure nun zu einem einheitlichen „Chor“ formen! Gummi auf einem Holzenergie-Fachkongress? „Wir sind keine glühenden Verfechter von Ausschreibungen“, sagte Daniel Hölder, „aber: Wenn Sie einem Ertrinkenden einen Gummiring hinhalten, wird der nicht sagen, ‚ich mag keinen Gummi’.“ Mit diesem drastischen Bild beschrieb der Leiter Energiepolitik der Clean Energy Sourcing AG, die ein virtuelles Kraftwerk auf Basis von Strom aus Bioenergie betreibt, die Zwangslage der Branche nach dem EEG-Kahlschlag. Einer Prognose des Deutschen Biomasseforschungszentrums zufolge werden 2015 nur etwa zehn Megawatt Stromerzeugung aus Biomasse zugebaut. Davon entfallen je fünf Megawatt auf einige wenige Holzheizkraftwerke und fünf Megawatt auf Biogasanlagen.

Gesunkene Bedeutung der Holzenergie


„Im politischen Berlin spielt Bioenergie kaum noch eine Rolle“, klagte Helmut Lamp. Der Vorsitzende des Bundesverbands Bioenergie (BBE) konnte zum alljährlichen Kongress in Augsburg diesmal nur 150 statt der sonst üblichen rund 200 Teilnehmer begrüßen – was die gesunkene Bedeutung der Holzenergie ebenfalls widerspiegelte. „Die Kräfte bündeln!“ gab er deshalb als Motto aus – mit einem neuen „Fachverband Holzenergie“ (FVH, siehe Kasten) und einer neuen Allianz zur Verstärkung des politischen Gewichts der Bioenergie

Ausschreibungen sollen nun also zum Rettungsring für die Bioenergie werden – doch das Eckpunktepapier zur Novellierung des EEG 2016 des Bundeswirtschaftsministeriums sieht gar keine Ausschreibungen für neue Bioenergie-Anlagen vor. Eventuell sollen diese später auf dem Verordnungsweg noch eingeführt werden können. Noch untersucht werden soll auch die Möglichkeit von Ausschreibungen für Bestandsanlagen. Hölder verdeutlichte, dass mit dem aktuellen EEG nicht nur einen Biomassestrom-Zubau verhindert, sondern auch ein massiver Rückbau eingeleitet werde, denn ab 2020 werden die ersten Bestandsanlagen aus der EEG-Vergütung fallen. „Wegen der fehlenden Perspektive können diese Anlagen bereits heute keine Investitionen in Erhaltung, Effizienzsteigerung oder Flexibilisierung mehr vornehmen“, erläuterte das BBE-Vorstandsmitglied. Es drohten vorzeitige Anlagenstilllegungen.

„Ein Großteil dieser Anlagen sind Altholzanlagen“, hob Frank Scholl von Steag New Energies hervor. Von den acht Millionen Tonnen pro Jahr Altholz in Deutschland gehen sechs Millionen Tonnen in Kraftwerke mit EEG-Förderung. „Diese Anlagen können Strom nicht zu Marktpreisen produzieren“, forderte er die Politik auf, rechtzeitig die Weichen für die Post-EEG-Zeit zu stellen. Spätestens Ende des Jahrzehnts seien diese Kraftwerke abgeschrieben: „Man kann daher über abgesenkte Fördersätze nachdenken.“ Falls kein Weiterbetrieb ermöglicht werde, müsse für den enormen Altholz-Stoffstrom ein neuer Entsorgungsweg gefunden werden. Hölder hofft, dass die Bundesregierung keinen starken Rückbau der Bioenergie zulassen und den derzeit perspektivlosen Stillstand ändern wird.

Bioenergie springt ein


Gemeinsam mit dem Deutschen Bauernverband und dem Fachverband Biogas hat der BBE eine Stellungnahme zum Eckpunktepapier verfasst und darin drei Ziele formuliert: erstens effiziente Bestandsanlagen weiter zu betreiben (Ertüchtigungsziel), zweitens die Stromerzeugung aus Biomasse zumindest auf dem heutigen Niveau zu bewahren (Stabilisierungsziel) und drittens einen „echten Zubau“ von mindestens 100 MW pro Jahr zu ermöglichen (Zubauziel). Hier forderte Hölder, dass Stilllegungen gegengerechnet und die Finanzierungsbedingungen durch Ausschreibungen verbessert werden. Die Bioenergie nehme die neue Rolle „einspringen, wenn der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint“ an: Die Bereitstellung von Regelenergie sei heute Standard sowohl bei Biogas- wie auch bei Holzheizkraftwerken.

Als Vertreter des Bayerischen Wirtschaftsministeriums bedauerte Rudolf Escheu die Entwicklung bei den Holzvergasern, zumal einige Hersteller dieser Anlagen in Bayern ansässig sind: Nach langen Jahren des Tüftelns und Entwickelns seien diese Anlagen erst ab 2011 marktreif gewesen. Daraufhin stieg die Nachfrage an und bis 2014 wurden in Bayern um die 200 Anlagen installiert. Seit Inkrafttreten des EEG 2014 folgten nur noch zwei Anlagen. Nun werden neue Einsatzfelder für die Technologie gesucht.

Wolfram Schöberl von CARMEN e. V. untersuchte die Möglichkeiten der Integration einer Holzgasanlage in ein Wärmenetz zur Grundlastabdeckung. Potenzial gäbe es hier in Bayern genug, aber: „Das große Sorgenkind ist die Wirtschaftlichkeit“, so Schöberl. Aus seinen Modellrechnungen entwickelte er eine Faustregel: „Der Wärme-Verkaufspreis muss 2,5 mal höher sein als der Brennstoff-Einkaufspreis.“ So ließen sich die Stromgestehungskosten entscheidend senken. Als Beispiel führte er an: „Bei einem Hackschnitzelpreis von 20 Euro pro MWh und einem Wärmepreis von 50 Euro/MWh lande ich bei zirka 14 Cent/kWh Stromgestehungskosten.“ Aufgrund der verringerten Einspeisevergütung müsse aber ein Teil des Stroms selbst verbraucht werden; wobei unter anderem eine kommunale Kläranlage oder ein Fuhrpark aus E-Mobilen in Frage kämen.

Produzieren für den Eigenbedarf


Wie Michael Westermaier von der Spanner Re2 GmbH schilderte, hat der Anlagenbauer auf die Vergütungskürzung reagiert und noch kleinere Anlagen mit 10 und 19 kWel entwickelt. Diese sollen Strom und Wärme hauptsächlich für den Eigenbedarf produzieren. Die Zielgruppe werde dabei hin zu „Kunden, die autark sein wollen“ erweitert. Im Visier haben die Niederbayern hier vor allem Bauernhöfe mit erhöhtem Wärmebedarf, wie zum Beispiel Ferkelzucht oder Geflügelhaltung. Bei den kompakten Containeranlagen ist die Brennstofftrocknung gleich integriert. So kann die Wärme der Anlage im Sommer zum Trocknen, im Winter zum Heizen verwendet werden.

Neben dem Einbruch im Strombereich hat die Bioenergie im Wärme- und Kraftstoffbereich bestenfalls eine Stagnation zu verzeichnen. Laut Rainer Schrägle, Leiter der FVH-Arbeitsgruppe Holzasche würden viele Holzheiz(kraft)werk-Betreiber über sinkende Wärmeverkäufe klagen, was dem Klimawandel geschuldet sei. Außerdem erschwerten die niedrigen Öl- und Gaspreise derzeit die Konkurrenzfähigkeit von Holz im Wärmemarkt. Dem Portal CO2 online zufolge ging der Heizölpreis nach einem kräftigen Rutsch 2014 im ersten Halbjahr 2015 erneut um rund 20 Prozent zurück. Schrägle glaubt jedoch an die Zukunft der Holzenergie im Wärmemarkt und sieht die Branche hier nur in einem „Zwischentief“. Gut seien die Aussichten vor allem noch bei „Quartierslösungen“; flankiert durch das KfW-Programm 432. Mit diesem Programm für die energetische Stadtsanierung werden integrierte Quartierskonzepte und Sanierungsmanager bezuschusst. Als vordringlichem Thema will der FVH deshalb der Holzwärme im nächsten Jahr zu mehr Dynamik verhelfen.
(Christian Dany)

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