Wirtschaft

Der 52 Jahre alte Joachim Wenning wird in der 137-jährigen Firmengeschichte erst der neunte Chef. (Foto: dpa)

25.04.2017

Mehr Gewinn muss her

Die Münchner Rück bekommt einen neuen Chef

Der Münchner Rück steht in dieser Woche ein sehr seltenes Ereignis bevor: Ein neuer Vorstandschef übernimmt am Donnerstag das Ruder beim weltgrößten Rückversicherer. Der 52 Jahre alte Joachim Wenning wird in der 137-jährigen Firmengeschichte erst der neunte Chef. Der scheidende Vorstandschef Nikolaus von Bomhard steht zuvor am Mittwoch vorerst zum letzten Mal im Zentrum der Hauptversammlung.

Wenning hat eine klare Aufgabe vor sich: den Gewinn steigern. Seit 2014 schrumpft der Profit des Dax-Konzerns kontinuierlich. Für dieses Jahr hat der Vorstand 2,0 bis 2,4 Milliarden Euro in Aussicht gestellt, vor drei Jahren waren es noch 3,3 Milliarden.

In Jerusalem geboren


Wie der in Jerusalem geborene Wenning das anstellen will, hat der Volkswirt bislang nicht verraten. Sogar Fotos von ihm haben Seltenheitswert. Er sei kein "everybody's darling", sagte Wenning vor einem Jahr in einem von der Unternehmenskommunikation veröffentlichten Interview. "Ich kann, und das ist als Eigenschaft, glaube ich, sehr wichtig, auch gegen den Strom schwimmen, extern wie intern."

Wenning ist seit 2009 im Vorstand, am Mittwoch haben die Aktionäre bei der Hauptversammlung Gelegenheit, ihn zu befragen. In einer ohnehin reservierten Branche ist die Münchner Rück eine Weltmacht mit Hang zur Untertreibung. "Wir sind gern langweilig", gaben Bomhard und sein Finanzchef Jörg Schneider immer wieder schmunzelnd zum Besten.

Scharfe Kritik an Null-Zins-Politik


Bomhard erregte zwar mit scharfer Kritik an der Null-Zins-Politik der Europäischen Zentralbank Aufsehen. Doch sonst war die spektakulärste Nachricht, die über den Konzernboss in den dreizehn Jahren seiner Amtszeit bekannt wurde: Er fährt mit einem Damenfahrrad ins Büro.

Nachfolger Wenning übernimmt in schwierigen Zeiten: Die Digitalisierung auf der einen und die Null-Zins-Politik auf der anderen Seite lassen die Gewinne der Versicherungen schrumpfen, etablierte Geschäftsmodelle wie die Lebensversicherung mit Garantiezins sind unrentabel geworden. Und im Kerngeschäft in der Rückversicherung sinkt das Prämienniveau seit Jahren. Das Geschäft steht vor einem grundlegenden Wandel.

Ruf durch Rotlicht-Sause beschädigt


Zudem hängt dem Branchenprimus aus München seine Düsseldorfer Tochter Ergo mit Marken wie Hamburg-Mannheimer, Victoria, Deutsche Krankenversicherung oder D.A.S. schwer um den Hals. Eine Rotlicht-Sause für Versicherungsvertreter in Budapest beschädigte 2011 den Ruf - und passte so gar nicht in das gediegene, seriöse Bild, das der Mutterkonzern seit Jahren verkörpert.

"Man hat nach der Bildung des Ergo-Konzerns nicht sofort mit der Integration begonnen", räumt von Bomhard ein. Seiner Ansicht nach hätte das nach der Fusion 1997 "innerhalb von Monaten" passieren müssen. Doch los ging es erst mit Bomhards Antritt 2004, und das nur in kleinen Schritten. Die Früchte eines milliardenschweren Umbaus, den der Konzern 2016 angeschoben hat, dürften Ergo-Chef Markus Rieß und Bomhards Nachfolger Wenning erst Anfang des nächsten Jahrzehnts einfahren.

Nicht alles gelungen


Bomhard hatte bei seinem Amtsantritt 2004 mit noch wesentlich größeren Problemen zu kämpfen als Nachfolger Wenning heute. Damals hatte die Munich Re den ersten Jahresverlust ihrer Geschichte geschrieben. Dennoch stimmt der scheidende Chef keine Arie des Eigenlobs an: "Ich gebe zu, dass mir das, was ich mir vor 13, 14 Jahren vorgenommen habe, nicht alles gelungen ist", bilanzierte Bomhard bei seiner letzten Jahresbilanz im März.

Vor allem eines habe er gehofft, in seinem Job noch zu erleben: steigende Zinsen. Vielleicht passiert ihm das ja bei seiner nächsten Aufgabe. Der Manager hält es für möglich, dass er 2019 - nach der vorgeschriebenen Wartezeit von zwei Jahren - als Aufsichtsratschef zur Munich Re zurückkehrt. Die Chancen dafür, schätzte er zuletzt, lägen bei "knapp über 50 Prozent".
(Carsten Hoefer, dpa)

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