Wirtschaft

bunte Eier stoßen nicht nur bei Kindern auf Begeisterung. Etwa 600 Millionen gekochte Eier werden pro Jahr verkauft. Auch außerhalb von Ostern finden sie sich in den Geschäften. (Foto: dpa/Karl-Josef Hildenbrand)

18.03.2024

Rot, gelb oder grün

Bunte Eier sind nicht nur ein Ostergeschäft

Ein rhythmisches Rattern erfüllt den Raum. Eier wackeln über Transportbänder, Farbe wird aus großen Fässern gepumpt, Plastikschachteln klappen auf und zu. Am Ende sind aus weißen Eiern bunte Snack-Eier geworden. Snack-Eier - so nennt das Unternehmen aus Großrinderfeld in Baden-Württemberg an der Grenze zu Bayern seine bunten Eier. Nicht Ostereier. Der Vorteil: So können die Verpackungen das ganze Jahr über genutzt werden. "Das Geschäft außerhalb der Osterzeit hat sich verstärkt", meint Chef Christian Endres.

Wer sich der Eierfärberei nähert, erblickt zunächst einen in einer schmalen Gasse gelegenen alten Bauernhof. Der 80-jährige Vater von Endres schiebt langsam einen kleinen Transportwagen vor sich her. Großrinderfeld ist ein Dorf mit 4000 Einwohnerinnen und Einwohnern. Alles wirkt beschaulich, familiär und dörflich. Doch in der Färbehalle ist einiges los: 150 000 Eier werden hier derzeit täglich gefärbt.

1,5 Millionen Eier warten in der Kühlkammer und in anderen Räumen darauf, demnächst in Farbe getaucht zu werden. "Gründonnerstag können wir dann hier Fußball spielen, ohne dass etwas kaputt geht", scherzt Endres. Sprich, derzeit ist Hauptsaison und nach Ostern sind die Vorräte ziemlich aufgebraucht. Doch auch danach steht die Färbestraße nicht still.

Pro Woche 200.000 Eier färben

Immerhin noch 200.000 Eier werden dann wöchentlich gefärbt und teilweise bundesweit vermarktet. Der fränkische Familienbetrieb färbt nicht nur Eier im eigenen Namen. Auch andere Unternehmen lassen hier ihre Eier kochen und verschönern. Wie viele Färbereien es in Deutschland gibt, weiß niemand so genau. Ebenso wenig, wie viele bunte Eier verkauft werden. Weder der Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft (ZDG) noch der Marktinformationsdienst Eier und Geflügel (MAG) kennt genaue Zahlen. Dem sogenannten KAT-Verband (Verein für kontrollierte alternative Tierhaltungsformen), der laut ZDG einen Großteil der Eierbetriebe in Deutschland umfasst, sind 23 Färbereien angeschlossen.

Der Verband bestätigt, dass gekochte und gefärbte Eier mittlerweile ein Ganzjahresartikel seien. 60 bis 70 Prozent des Absatzes erfolge bei den KAT-angeschlossenen Betrieben außerhalb der Osterzeit. Der Informationsdienst "Marktinfo Eier und Geflügel" mit Sitz in Bonn spricht davon, dass gekochte Eier in der ersten Jahreshälfte - in die Ostern fällt - sechs bis sieben Prozent aller gekauften Eier ausmachten. In der zweiten Jahreshälfte seien es immerhin noch drei bis vier Prozent.

Manche Marktakteure meinen wie Endres, die Nachfrage außerhalb der Saison habe in den vergangenen Jahrzehnten zugenommen. Laut der Marktforschungseinrichtung Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI) hat sich der Verzehr von bunten Eiern tatsächlich etwas von der Osterzeit entfernt: Während 2017 noch die Hälfte aller gekochten Eier zur Osterzeit verkauft worden sei, sei es im vergangenen Jahr nur noch ein Drittel gewesen. Andere Marktakteure bestätigen die Zunahme außerhalb der Saison nicht. Langjährige Zahlen hat niemand. Einig sind sich alle, dass bunte Eier kein ausschließlicher Saisonartikel sind.

Nicht nur für Ostern

Namen haben die nicht-österlichen Eier viele: "Als verzehrfertiges Convenience-Produkt sind in Süddeutschland Brotzeiteier beliebt, anderswo finden sie als Camping-Eier Absatz", sagt KAT-Geschäftsführer Dietmar Tepe. Auch "Picknick-Ei" oder "Salat-Ei" sind gängige Bezeichnungen. Insgesamt etwa 600 Millionen bunte, gekochte Eier werden in Deutschland pro Jahr laut KAT gekauft. Analysen des GfK-Haushaltspanels ergeben gut 500 Millionen. Oft nicht mitgezählt sind Eier kleiner Färbereien und Höfe, die nur zu Ostern bunte Eier anbieten.

Doch woher kommt die Nachfrage außerhalb der Osterzeit? "Angebot schafft Nachfrage", sagt Margit Beck vom MAG. KAT-Geschäftsführer Tepe nennt den Wunsch nach Fertigprodukten für unterwegs.

Auch Bio-Eier werden inzwischen teilweise ganzjährig bunt gefärbt angeboten. Laut einer EU-Öko-Verordnung ist für Bio-Eier nur das "traditionelle dekorative Färben" erlaubt. Manche Bundesländer wie Hessen und Bayern legen das laut Marktakteuren aber inzwischen weiter aus und beziehen "Tradition" nicht nur auf Ostern, sondern zum Beispiel auch Picknicken und Brotzeit. Allerdings kaufen Bio-Konsumentinnen und -Konsumenten nur wenige Eier vorgekocht. Der Anteil von gekochten Eiern am Gesamteierverkauf ist im Biobereich relativ gering: zur Osterzeit gut zwei Prozent und ansonsten knapp ein Prozent, so AMI-Analysen.

"Vegetarier sind meine Freunde"

Eierfärber Endres erklärt sich die Nachfrage nach seinen Snack-Eiern mit einer steigenden Anzahl an Vegetarierinnen und Vegetariern. "Vegetarier sind meine Freunde", sagt Endres. Der Hersteller von Eierfärbemaschinen EBM Bergmeier aus Nordrhein-Westfalen bestätigt, dass inzwischen ein Teil der Kundschaft aus der Fleischbranche komme, die sich nach Alternativen umsehe.

Gekochte Eier unterliegen nicht denselben Vermarktungsnormen wie rohe Eier. Verbrauchern können daher teilweise nicht direkt auf dem Ei erkennen, aus welcher Haltungsform die Eier stammen. Färberei-Chef Endres bezieht seine Eier von anderen Legebetrieben. Während sein dörflicher Hof früher von der Land- und Viehwirtschaft lebte, hält Endres heute nur noch wenige eigene Hühner. "Die sind eher Hobby", sagt der studierte Agraringenieur. Für die derzeit gefärbte Eierzahl müssten es ansonsten auch sehr viele Hühner sein.
(Vanessa Köneke, dpa)

 

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