Wirtschaft

Unternehmenschef Axel Hüttinger in seinen Werkstätten in Schwaig bei Nürnberg. (Foto: Schweinfurth)

26.05.2017

Verkannt im eigenen Land

Ein Unternehmen aus der Region Nürnberg stattet Science Center auf der ganzen Welt aus

Technik anfassen, damit herumspielen und daraus neue Erkenntnisse gewinnen. Diesem Prinzip folgen die sogenannten Science Center. Diese Wissenschaftszentren sind bewusst als Gegenpol zu den klassischen Museen, bei denen das Bestaunen von Ausstellungsstücken im Vordergrund steht, geschaffen worden. Ihren Ursprung nahm die Idee der Science Center, wie könnte es anders sein, in den USA. Damit die Wissenschaftszentren mit Leben erfüllt werden, sind Unternehmen wie die Kurt Hüttinger GmbH & Co. KG aus Schwaig bei Nürnberg nötig. Sie bestücken die Zentren mit den entsprechenden interaktiven Elementen.

„Wir haben eine Exportquote von 80 Prozent“, sagt Unternehmenschef Axel Hüttinger der Staatszeitung. Mit seinen 120 Mitarbeitern erwirtschaftet er einen Jahresumsatz von rund 15 Millionen Euro. „Wir liefern die Ausstellungsplanung, deren Fertigung und Installation nach Europa und in die ganze Welt“, erklärt Hüttinger. Doch die in einem Waldstück östlich von Nürnberg beheimatete Firma kennt kaum jemand. So kam es denn auch zu einer lustigen Begebenheit, als Mitglieder der CSU-Landtagsfraktion im Glasgow Science Center begeistert eine Energietechnikerlebniswelt bestaunten und von den dortigen Verantwortlichen aufgeklärt wurden, dass dieser Bereich von einem deutschen Unternehmen konzipiert und realisiert wurde.

Schreiende Kinder sind Museumsmachern ein Graus


„In Deutschland sind wir nicht so gefragt, weil man hierzulande ein anderes Verständnis von Museum hat“, erläutert Hüttinger. Herumtobende und schreiende Kinder, die sich auf entsprechende Erlebnisbereiche stürzen und das vorhandene Material erproben seien deutschen Museumsmachern ein Graus. In deren Köpfen sei immer noch die vom Frontalunterricht geprägte Wissensvermittlung verankert. Interaktion und „learning by doing“ seien zwar bekannt, erfahren aber keinerlei Wertschätzung. „Da muss man sich nicht wundern, wenn man Girls- und Boysdays in den Firmen veranstalten muss, damit der Nachwuchs für den mathematisch-naturwissenschaftlichen Bereich generiert werden kann“, formuliert Hüttinger spitz. Er hält nichts von Ausstellungskonzepten, bei denen der Besucher maximal einen Knopf drücken und zusehen kann, wie sich etwas bewegt. „Das wissen aber auch alle in der deutschen Museumsszene“, sagt er.

Ganz dem urdeutschen Prinzip folgend, dass der Prophet im eigenen Land nichts wert ist, erfährt das „enfant terrible“ der deutschen Museumsmacher dafür umso mehr Wertschätzung aus aller Welt. Ob es das Centrum Nauki Kopernik in Polens Hauptstadt Warschau ist, für das Hüttinger die Bereiche „Wurzeln der Zivilisation und LightZone“ konzipiert, designt und gefertigt hat, oder das Planetarium Moskau – immer punktet Hüttinger mit seinem Team bei entsprechenden Ausschreibungen.

Kreatives Potenzial schlummert in Datenbank


Das kreative Potenzial der Ausstellungsmacher aus dem Wald bei Nürnberg schlummert in deren Datenbank. Zu jedem Themenbereich gibt es unzählige digitale Datensätze. „Ich nenne es unser firmeneigenes Wikipedia“, erklärt Hüttinger. Auch dem dort gesammelten Wissen schöpfen er und seine Leute. „Pro Jahr stellen wir rund 700 Exponate her. Zehn Prozent davon sind echte Neuentwicklungen“, so der Firmenchef.

Aber Hüttinger wird nicht ganz von der deutschen Öffentlichkeit verschmäht. Deutsche Industriebetriebe schätzen durchaus das Know-how und die Expertise. So gibt es eine langjährige Zusammenarbeit mit der Audi AG. Für den Ingolstädter Autobauer fertigt Hüttinger immer wieder Ausstellungsstücke, zum Beispiel ein Modell des Audi Q7 3.0 TDI quattro. Der Betrachter kann dank Hüttinger in das Innenleben des Fahrzeugs blicken. Für die in Herzogenaurach beheimatete Schaeffler Gruppe war Hüttinger auch tätig und kreierte interaktive Messeexponate. Ebenfalls auf der Referenzliste von Hüttinger befinden sich so prominente Namen wie Areva, BMW, Continental, Daimler, Deutsche Bahn, Leoni, Mahle, Mercedes-Benz, N-ERGIE, Siemens, ThyssenKrupp Automotive, Vossloh, Webasto oder ZF Friedrichshafen.

Bleibt jetzt nur zu hoffen, dass vielleicht innerhalb der deutschen Museumsszene doch noch jemand das enorme Potenzial von Hüttinger erkennt.
(Ralph Schweinfurth)

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