Wirtschaft

20.09.2013

„Wir müssen uns mehr zumuten“

EU-Energiekommissar Günther Oettinger fordert mehr wirtschaftliche Anstrengung in Europa

EU-Energiekommissar Günther Oettinger möchte mehr Engagement Bayerns in Brüssel. „Seehofer kann ein Mitagierender auf europäischer Ebene werden“, sagte der baden-württembergische CDU-Politiker letzte Woche auf einer Veranstaltung der CSU im Brüsseler Tirol-Büro, in dem das österreichische Bundesland Tirol, die autonome Provinz Südtirol und die autonome Provinz Trentino vertreten sind.
Nicht ohne Grund hielt der Brüsseler CSU-Ortsverband nach dem Wahlsieg der CSU die Veranstaltung im Tirol-Büro ab: Die Österreicher wählen ihr Bundesparlament (Nationalrat) eine Woche später als die Deutschen und die Südtiroler wählen ihren Landtag am 27.Oktober. Außerdem gibt es enge wirtschaftliche Verflechtungen zwischen Bayern, Österreich und Tirol. „Über die Alpen wird hervorragend zusammengearbeitet“, sagte Oettinger.
Regierungskunst und Wettbewerbsfähigkeit, das sei es, was Europa brauche, so Oettinger. Aber beides sei dabei, zu schwinden. Die Halbwertzeiten der EU-Regierungen würden immer kleiner und die Mehrheiten im EU-Parlament drohten bei der nächsten Europawahl im Mai 2014 instabil zu werden, weil wohl zu viele Randparteien hineingewählt würden. Angela Merkel sei zwar nicht überall in Europa beliebt, aber respektiert. Die EU hätte ein Problem, würde sie abgewählt.
Oettinger ist zwar EU-Energiekommissar, nimmt sich aber das Recht heraus, über andere Themen zu reden, und er spricht Klartext. Deutschland sei auf dem Höhepunkt seiner Wirtschaftskraft angekommen, stärker werde es nicht mehr. Soll heißen: Es kann nur wirtschaftlich nach unten gehen. Zum Glück hätten Deutschland, Österreich und Norditalien nicht wie Großbritannien desindustrialisiert. Zehn der 28 EU-Staaten steckten in der Rezession, zehn in der Stagnation und der Rest verzeichne bescheidene Wachstumsraten. Dieser Winter würde ernste Wirtschaftsthemen auf der EU-Agenda haben.
Die EU, ja auch Deutschland sei nicht innovativ genug. Man verlasse sich zu sehr auf die alte Autoindustrie. Zeigten nicht die heutigen Jugendlichen, dass sie kein Interesse am Besitz eines Führerscheins haben? Ihnen sei ein Smartphone wichtiger als ein Auto vor der Tür. Im IT-Bereich würden den Europäern die Felle davonschwimmen. Das zeige das Beispiel des finnischen Handy-Herstellers Nokia, der sein Smartphone-Geschäft an Microsoft verkauft hat. Alles, was mit IT zusammenhänge, käme aus den USA oder Asien. Die Internet-Server stünden in den USA. Wie solle da eine europäische Plattform für Datenschutz zustande kommen?
„Wir (die Europäer) fallen immer weiter zurück“, mahnte Oettinger. Der gebürtige Stuttgarter machte das an einem Vergleich deutlich: „Die EU-28, das sind 7 Prozent der Weltbevölkerung und 25 Prozent des weltweiten Bruttonationaleinkommens, aber 50 Prozent der weltweiten Sozialleistungen. Auf Dauer geht diese Formel nicht auf.“ Vor allem um die wirtschaftlichen Zukunftsaussichten Deutschlands sei es nicht gut bestellt: „Die Deutschen sind die Ältesten in der EU. In Deutschland beträgt das Durchschnittsalter 44 Jahre, in der gesamten EU 40 und in der Türkei nur 29.“ Landflucht, Überalterung und Fachkräftemangel, damit kämpfe nicht nur Bayern, sondern auch Österreich und Tirol. Die Akademisierung nehme Überhand: „Wir brauchen Gesellen!“ Ein Meisterbrief solle dem akademischen Grad des Bachelors gleichgestellt werden.
Das Nachtflugverbot in Frankfurt, keine neue Start- und Landebahn in München, kein Fracking zur Förderung heimischen Erdöls und Erdgases … „Wir muten uns gar nichts mehr zu. Die anderen (nicht-EU-Länder) haben Rohstoffe und ihre Bevölkerung ist jünger.“ (Rainer Lütkehus)

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