Bauen

Ingolstadt: Neubau einer Wohnanlage mit hoher solarer Deckung der Wärmeversorgung. (Foto: Bogevischs Büro)

25.06.2010

Schön und zugleich umweltfreundlich wohnen

Fachtagung "Energieeffizienter Wohnungsbau - Modellvorhaben e%"

Fachübergreifendes Planen, integriertes Denken und neue Ideen sind gefragt, wenn es um energieeffizientes und ressourcenschonendes Bauen geht. Innovative und gleichzeitig bezahlbare Konzepte für klimagerechten Wohnungsbau zeigt das Modellvorhaben „e% – Energieeffizienter Wohnungsbau“ der Obersten Baubehörde (OBB), das Modernisierungsmaßnahmen in Wohnquartieren der 1950er und 1960er Jahre sowie den Neubau von Energiesparsiedlungen und von Effizienzhäusern umfasst. Der Wohnprojektetag Bayern 2010, eine Kooperation zwischen OBB und Bayerischer Architektenkammer, stellte die in Umsetzung befindlichen Pilotprojekte vor – keine Standardplanungen, sondern zukunftsorientierte Konzepte, die energetischen wie stadträumlichen, sozialen und baukulturellen Maßstäben gerecht werden. Zum zweiten Mal – nach 2008 – stellte der Wohnprojektetag, der im Haus der Architektur in München stattfand, energieeffizienten Wohnungsbau in den Mittelpunkt einer Fachtagung. Für Lutz Heese, Präsident der Bayerischen Architektenkammer, „ein deutliches Indiz dafür, dass das Thema von unverändert hoher Aktualität ist und sicherlich auch in den nächsten Jahren bleiben wird“. In diesem Zusammenhang forderte Heese, sich auf unkonventionelle Lösungsansätze einzulassen, um so ein hohes Maß an Lebensqualität auch für die nachfolgenden Generationen sicherzustellen. Neue Ideen seien besonders beim Klimaschutz und beim sparsamen Umgang mit der Ressource Energie gefragt, erklärte Innenminister Joachim Herrmann. Gerade im Wohnungsbau spüre man die in den letzten Jahren drastisch gestiegenen Energiekosten unmittelbar. Sind die Lebenshaltungskosten laut Herrmann in den letzten fünf Jahren in Bayern um rund acht Prozent gestiegen, erhöhten sich dagegen die Kosten für Haushaltsenergie wie Strom, Gas und Heizöl um 26 Prozent. Mit dem „Klimaprogramm Bayern 2020“ habe sich die Staatsregierung das Ziel gesetzt, den CO2-Ausstoß zu reduzieren und den Anteil erneuerbarer Energien zu erhöhen. „Der Baubereich bietet dafür zahlreiche Handlungsfelder“, so der Minister. Energieeffizientes und nachhaltiges Bauen beginnt für Herrmann nicht erst beim Gebäude. Bereits auf der städtebaulichen Ebene würden die Grundsteine für den späteren Energiebedarf von Siedlungen und deren Gebäuden gelegt. Für eine nachhaltige Siedlungsentwicklung sollten vorrangig innerörtliche Potenziale genutzt werden, erklärte der Minister. Dazu gehört für ihn, dass das Verkehrsaufkommen reduziert wird, vorhandene Infrastrukturen genutzt und kompakte Siedlungsstrukturen angeboten werden. So würden Ressourcen geschont. Wesentlichen Einfluss auf die spätere Energieeffizienz hätten auch das örtliche Kleinklima sowie die Gestaltung und Orientierung der Baukörper. Aus all diesen Gesichtspunkten müssten die Kommunen in ihren Bauleitplanungen die Rahmenbedingungen für einen energieeffizienten Städtebau schaffen. Mit den über 100 Millionen Euro aus dem Sonderprogramm zur energetischen Modernisierung von Schulen, Kindergärten und Schulturnhallen können laut Herrmann rund 150 Gebäude mindestens auf Neubauniveau gebracht werden. Auch mit den etwa 790 Millionen Euro Bundes- und Landesmittel aus dem Konjunkturpaket II sollen Gebäude der sozialen Infrastruktur energetisch saniert werden. „Mit diesen Geldern setzen wir die Klimaschutzziele um und stärken gleichzeitig die Bauwirtschaft.“ Der Freistaat habe mit seinen eigenen Liegenschaften natürlich eine besondere Vorbildfunktion, betonte der Minister. Deshalb bemühe man sich, die gesetzlich vorgegebenen Energiestandards für die eigenen Bauten möglichst noch zu übertreffen. Derzeit werden in einer Pilotphase ausgewählte Maßnahmen nach dem Passivhausstandard umgesetzt. Zu den laufenden Bauvorhaben gehört zum Beispiel die Erweiterung des Bayerischen Landtags mit Abgeordnetenbüros und Sitzungsräumen. Als genauso wichtige Aufgabe bezeichnete Herrmann die Senkung des Energieverbrauchs in staatlichen Gebäuden. In den letzten sieben Jahren habe man den Wärmeverbrauch in diesen Liegenschaften um mehr als 130 Millionen kWh im Jahr reduzieren können – und das trotz zunehmenden Gebäudebestands. Darüber hinaus erwartet sich der Minister von den Investitionen in Höhe von 150 Millionen Euro in das „Sonderprogramm zur energetischen Sanierung staatlicher Gebäude“ eine Verringerung der CO2-Emissionen von über 750 000 Tonnen. „Wir forcieren und unterstützen die Schaffung von Wohnungen mit zukunftsfähigen energetischen Standards, sowohl im Neubau als auch im Bestand“, erklärte Herrmann. Deshalb stellt der Freistaat auch heuer, wie im vergangenen Jahr, rund 215 Millionen Euro zur Verfügung. Der Minister stellte bei der Fachtagung die soeben erschienene Broschüre „e% – Energieeffizienter Wohnungsbau. Planungshinweise für den Geschosswohnungsbau“ der OBB vor (www.verwaltung.bayern.de/broschueren). Im Rahmen des Modellvorhabens „e%“ sollen Möglichkeiten eines sparsameren und effizienteren Umgangs mit Energie und der verstärkte Einsatz erneuerbarer Energien im geförderten Wohnungsbau erprobt und ausgewertet werden, erklärte Karin Sandeck, in der OBB mit der Projektleitung beauftragt. Dabei sollen unter engen Kostenvorgaben die Anforderungen der Energieeinsparverordnung um 40 Prozent unterschritten werden. Zur Ausschöpfung energetischer Potenziale soll laut Sandeck bei den einzelnen Projekten in einem integrierten Gesamtkonzept eine Balance zwischen städtebaulichen Rahmenbedingungen, örtlich vorhandenen Ressourcen, Anforderungen der Energieeinsparung, Nutzerfreundlichkeit technischer Systeme, architektonischer Qualität und finanzieller Tragbarkeit der Maßnahmen gefunden werden. Neun Projekte in ganz Bayern (Amberg, Ansbach, Augsburg, Ingolstadt, Marktredwitz, München, Neu-Ulm, Ochsenfurt und Straubing) – Neubauten durch Innenentwicklung und Bestandsmodernisierungen – unterschiedlicher Größe und Typologie wurden in das Modellvorhaben aufgenommen, um, so Sandeck, eine breite Palette an Maßnahmen mit Vorbildwirkung umzusetzen. Die Projekte befinden sich in der Planungs- beziehungsweise Bauphase. Architektenwettbewerbe tragen laut Sandeck durch eine vergleichende Beurteilung von verschiedenen Lösungsansätzen wesentlich zur optimalen Konzeptfindung bei (www.experimenteller-wohnungsbau.bayern.de). Die zukünftige Entwicklung von Gebäuden unter der Maßgabe der Verringerung des CO2-Ausstoßes kann nach Ansicht von Klaus Daniels, Professor an der TU Darmstadt, Lehrstuhl „Entwerfen und Gebäudetechnologie“, nur dann gelingen, wenn tatsächlich sehr konsequent am jeweiligen Standort untersucht wird, welche natürlichen Ressourcen zur Verfügung stehen. Hierbei müsse jedoch unbedingt beachtet werden, dass die stark schwankenden natürlichen Angebote (Wind, Sonne) ergänzt werden durch nachhaltige Energien, die speicherfähig sind. „Bereits jetzt schon erkennbar sind die Schwierigkeiten der Netzanpassungen und Kopplungen, da natürliche Ressourcen nicht unbedingt dann anfallen, wenn sie tatsächlich gebraucht werden. Nutzen wir die Möglichkeiten, die sich strategisch ergeben und bauen Häuser, die nicht nur sehr wenig verbrauchen, sondern tatsächlich weitgehend Energien an sich selbst und in ihrer unmittelbaren Umgebung erzeugen.“ Gleichzeitig wäre es nach Daniels’ Ansicht sinnvoll und notwendig, Gebäude kompakter und höher zu bauen, um in Zukunft den Landverbrauch zu senken, und Stadträume zu verdichten, um hierdurch kürzere Wege zu erreichen. Zu den neun Projekten zählt auch eine Wohnanlage in Ansbach (Breit-/Herbartstraße). Anstelle von 24 Wohneinheiten aus den 1960er Jahren sollen im Rahmen eines Ersatzneubaus 37 zeitgemäße Wohnungen errichtet werden, berichtete Architekt Joseph Zingler, Joseph-Stiftung, Bamberg. Die vorhandenen Baukörper weisen erhebliche Defizite auf – unter anderem werden die heutigen brand- sowie schallschutztechnischen Anforderungen nicht erfüllt und die Wohnungen mit Einzelöfen beheizt. Eine umfassende Modernisierung scheidet laut Zingler aus Kostengründen aus. Der mit einem differenzierten Wohnungsangebot geplante Neubau soll insbesondere durch seine bauliche Konzeption, aber auch durch seine innovativen haustechnischen Lösungen einen überzeugenden Beitrag zum energieeffizienten Bauen leisten, betonte der Architekt. Die Joseph-Stiftung lege großen Wert darauf, dass eine hohe Wohnqualität entsteht und das gemeinschaftliche Wohnen gefördert wird. Dazu können der große, für alle benutzbare Hof mit den zugeordneten Eingängen, die ebenerdigen Wasch- und Trockenräume ebenso beitragen wie der Gemeinschaftsraum und ein Stützpunkt für Menschen mit Betreuungsbedarf, führte Zingler aus. Nicht zuletzt könne durch die Qualität der Baukörper und durch die Gestaltung der Fassaden eine unverwechselbare Wohnadresse entstehen. (Friedrich H. Hettler)

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