Unter Immobilien- und Grundstücksbesitzern im Freistaat wächst der Widerstand gegen die Straßenausbaubeiträge. Der Verband Wohneigentum in Bayern strebt jetzt eine Gesetzesänderung an, welche Gemeinden das Erheben von Beiträgen künftig verbieten soll. Bayerischer Gemeindetag und Innenministerium lehnen das ab.
Straßenausbaubeiträge treffen fast jeden Grundstücksbesitzer über kurz oder lang. Sie werden fällig, wenn eine Straße grunderneuert wird. Die Höhe ist vor allem abhängig von der Länge des angrenzenden Grundstücks und der Art der Straße. Je wichtiger die Straße für den örtlichen oder überörtlichen Verkehr ist, umso weniger bezahlen die Anlieger. Straßen, die hauptsächlich der Erschließung der angrenzenden Grundstücke dienen, werden zum Großteil über die Beiträge der Anwohner finanziert. Der Grund dafür: Wer den größten individuellen Vorteil hat, soll auch selbst dafür bezahlen. Geregelt ist das alles im Kommunalen Abgabengesetz (KAG). Auf dieser Grundlage erlassen die Gemeinden entsprechende Satzungen; Ausnahmen sind nur bei enorm finanzkräftigen Kommunen möglich.
Diese Finanzierungpraxis stößt vielen Haus- und Grundbesitzern zunehmend sauer auf: So setzt sich der Verband Wohneigentum seit kurzem wieder verstärkt für eine Abschaffung der Straßenausbaubeiträge ein. Peter Tomaschko, Vorsitzender des Bezirksverbandes Schwaben und CSU-Landtagsabgeordneter, hat dabei vor allem so genannte Härtefälle im Auge. Im Verband werde er regelmäßig mit solchen Härtefällen konfrontiert, sagt Tomaschko. „Vor allem ältere Leute oder alleinstehende Personen sind mit den Abrechnungsbescheiden finanziell überfordert.“
Zuspruch erhalte er, versichert Tomaschko, auch von zahlreichen Bürgermeistern, Stadt- und Gemeinderäten: In manchen Gemeinden, so Tomaschko, würden notwendige Erneuerungsmaßnahmen immer wieder aufgeschoben, weil sich niemand traue, die finanziellen Belastungen den Anliegern aufzubürden. Daraus ergibt sich für ihn ein „Handlungsauftrag“ des Landtags, wo er Mitglied des Innenausschusses ist. Er möchte das Thema dort auf die Agenda setzen und eine „Entlastung für die Bürger“ erreichen.
„Wir haben auch kein Patentrezept“, gesteht Tomaschko, betont aber gleichzeitig, dass er eine Reform der Straßenausbausatzungen nur „partnerschaftlich mit den Kommunen“ regeln möchte. Ein „Druckszenario“ – beispielsweise in Form einer Musterklage gegen eine einzelne Kommune oder gar einen Volksentscheid – stehe momentan nicht zur Debatte. Im Verband sei die Forderung nach einer Abschaffung der Straßenausbaubeiträge „ganz massiv“. Allerdings gehe es nicht darum, die Beiträge vollständig zu kippen; vielmehr strebe man „mehr Flexibilität für die Gemeinden“ an.
Antrag auf CSU-Parteitag
Der Verband Wohneigentum fordert nun, dass die Gemeinden selbst entscheiden können, ob sie eine Satzung erlassen und wie diese aussieht. Die meisten Kommunen orientieren sich bei der Berechnung der Beiträge an der Mustersatzung des Bayerischen Gemeindetags. Tomaschko und seine Verbandskollegen streben daher eine Gesetzesänderung an. So soll beispielsweise die unnötige, aber gewünschte Verschönerung des Ortskerns nicht verpflichtend über die Satzung abgerechnet werden.
Im Bayerischen Gemeindetag sieht man die neu aufgeflammte Forderung nach Abschaffung der Straßenausbaubeiträge gelassen: Eine Gesetzesänderung sei für ihn nicht vorstellbar, sagt Pressesprecher Wilfried Schober. Die Forderung sei zwar aus Sicht der Grundstücksbesitzer nachvollziehbar, aber unrealistisch. Die Umwandlung der Beitragspflicht in eine Kann-Bestimmung würde dazu führen, dass die Beitragserhebung „für viele Bürgermeister nicht mehr praktikabel“ wird. Zu groß sei dann der Druck, niedrigere oder gar keine Beiträge zu verlangen, glaubt Schober.
Dabei sei es für die Kommunen unwichtig, woher das Geld für die Straßenerneuerung komme. Bei wegfallenden Beiträgen würden eben die Summen aus dem Kommunalen Finanzausgleich steigen, mutmaßt Schober. Bei Härtefällen verweist er darauf, dass es die Möglichkeit zur Stundung oder Ratenzahlung gibt. Auf Seiten der Kommunen verstehe man zwar, dass die Beiträge dem Gerechtigkeitsempfinden vieler Grundstücksbesitzer zuwiderlaufen, doch letztlich unterstütze der Gemeindetag die gängige Sicht, dass diejenigen mit dem größten individuellen Vorteil auch ihren Beitrag leisten sollen.
Schlechte Karten hat der Vorschlag des Verbandes Wohneigentum auch im für öffentliche Bauprojekte zuständigen bayerischen Innenministerium. Ein Sprecher von Ressortchef Joachim Hermann (CSU) lässt wissen: „Wir sehen zur Erhebung von Straßenausbaubeiträgen keine Alternative.“ Besonders finanzschwache Kommunen seien dann in ihrer Attraktivität gefährdet, weil die Straßenerneuerung ohne die Beiträge auf der Strecke bliebe. Ohne Steuererhöhnungen sei die Sanierung der Straßen „schlicht und einfach nicht zu leisten“. Es sei zudem nicht wünschenswert, die Finanzierung der Straßensanierung „ohne besondere Gegenleistung auf Kosten der Allgemeinheit“ umzulegen, während den Vorteil nur oder hauptsächlich der Eigentümer genießt. Die Mieter, die die erhöhten Steuern mitbezahlen müssten, würden zusätzlich belastet, urteilte der Ministeriumssprecher.
Die Gegner der Straßenausbaubeiträge werden es also schwer haben bei dem Gegenwind. Doch der Widerstand wächst: Neben dem Verband Wohneigentum kämpfen derweil noch andere Gruppierungen gegen die Pflichtbeiträge. In Nürnberg hat sich beispielsweise eine christsozial dominierte Bürgerinitiative zu diesem Thema gegründet. Im Herbst soll es aus ihren Reihen einen Antrag auf dem CSU-Parteitag geben. (Bianca Haslbeck)
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