Kultur

Auch fürs Umtopfen der exotischen Pflanzen wurden Geräte entwickelt, die in der Ausstellung zu sehen sind. (Foto Bayerische Schlösserverwaltung)

03.09.2010

Adamsapfel und Hermaphrodit-Orange

Eine Sonderausstellung auf Herrenchiemsee entführt in die fürstliche Orangeriekultur

Immergrünes Laub, duftende Blüten und „goldene“ Früchte waren auch im kühlen Norden heiß begehrt. Die Fürstenhöfe wetteiferten in Sachen Orangeriekultur. Jeder wollte die größte, schönste und umfangreichste Sammlung von Orangen- und Zitronenbäumchen besitzen. Im Sommer bevölkerten die Exoten in Kübeln die Parks; fürs Überwintern wurden eigens Gewächshäuser errichtet – eine Möglichkeit mehr, fürstliche Pracht zu demonstrieren. Die so genannten Orangerien entwickelten sich bisweilen zu fantasievollen Gebäuden – man denke nur an die Eremitage in Bayreuth –, in denen man dann auch in der kalten Jahreszeit lustwandeln konnte.
Wie brachte man die oft großen und schweren Kübelpflanzen in diese Orangerien? Auch darum geht es in der Sonderausstellung Pomeranzen-Gold, die derzeit auf der Insel Herrenchiemsee zu sehen ist. Gezeigt werden die speziellen Wagen ebenso wie allerlei anderes Gerät, das für die aufwändige Pflege der Exoten notwendig war.
Seit Mitte des 16. Jahrhunderts beschäftigten sich landwirtschaftliche Traktate mit der Kunst, die aus Fernost importierten Früchte auch in Europa zu ziehen. Neue Sorten wurden kreiert, die so klangvolle Namen wie „Adamsapfel“ oder „Hermaphroditorange“ erhielten. Jeder Fürst wollte einen Garten der Hesperiden, benannt nach den Nymphen der griechischen Sage, die im Göttergarten den Baum mit den goldenen Äpfeln hüten. Und so nannte auch der Nürnberger Patrizier Johann Christoph Vokamer, Besitzer einer der schönsten Orangerien hierzulande, sein kurz nach 1700 entstandenes, berühmtes Stichwerk mit Früchten und Schlossansichten Nürnbergisches Hesperidum. Orangen, Zitronen, Pomeranzen und Pampelmusen zierten die höfischen Tafeln; die Blüten dienten für seltene Duftwässerchen.
Doch erst Carl von Linné (1707 bis 1778) brachte ein gewisses System in die Klassifizierung jener Früchte, die heute alle der Gattung „Citrus“ zugeordnet und als Modelle in der Ausstellung gezeigt werden.
Mühevoll und schweißtreibend waren die Arbeiten mit den Bäumchen, vor allem das Umtopfen und der Transport der mächtigen Kübelpflanzen. Doch die Gärtner waren einfallsreich und konstruierten Hilfsgeräte und Transportwagen. Einige Zeichnungen dieser Wagen aus dem 18. und 19. Jahrhundert haben sich in der Plansammlung der Bayerischen Schlösserverwaltung ebenso erhalten wie frühe Fotos. Im Original erhalten sind eine historische Umtopfvorrichtung aus Holz sowie eine Pflanzenkarre. Aufgrund historischer Bilddokumente wurde speziell für die Ausstellung ein Dokumentarfilm produziert, der die Handhabung zeigt.
Die Bayerische Schlösserverwaltung hat passend zur Landesgartenausstellung in Rosenheim die Herrenchiemseer Ausstellung über bayerische Orangeriekultur erarbeitet. Den Rahmen für das Pomeranzen-Gold bildet ein 2009 errichtetes hochmodernes Gewächshaus in der Schlossgärtnerei. An der Tür grüßt Herkules, der einst die goldenen Äpfel des griechischen Göttergartens gewann. Vor dem Gebäude wurden unter anderem 30 hochstämmige Pomeranzenbäume aufgereiht, die in Zukunft das Parterre vor dem Neuen Schloss zieren werden.
Problemlos könnte man sie auch in die Spiegelgalerie verfrachten, wie zu König Ludwigs II. Zeiten. Am Hofe Ludwigs XIV. in Versailles, das als Vorbild für Herrenchiemsee diente, waren Zitrusbäume ein zentraler Bestandteil der königlichen Gärten. Darauf wollte auch der bayerische König nicht verzichten. Auf seinen Wunsch prangten bei seinem Besuch Orangenbäume in prächtigen Vasen in den Fensternischen des großen Spiegelsaals. Den geplanten Bau einer eigenen Orangerie auf der Herreninsel konnte Ludwig II. vor seinem Tod allerdings nicht mehr realisieren. (Cornelia Oelwein)

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