Kultur

Phantastische Masken und Vogelkrächzen mögen dafür verantwortlich sein, dass man die wichtigen Chorpassagen akustisch kaum entschlüsseln kann. (Foto: Traubenberg)

06.05.2011

Eine Nummer zu groß

Ulrich Sinns "Die Vögel" nach Aristophanes am Mainfranken Theater Würzburg

In Tiergestalt lässt sich vieles treffend kritisieren oder lächerlich machen – zu beobachten an Fabeln oder Komödien. Schon seit der Antike bedient man sich ungestraft dieses Verfahrens. Im 5. Jahrhundert v. Chr. schuf Aristophanes seine Komödie Die Vögel, um die Zustände in Athen auf die Schippe zu nehmen. Heute aber sind viele der Anspielungen nicht mehr zu verstehen.
Deshalb verfasste der Archäologe Ulrich Sinn für das Mainfranken Theater in Würzburg eine neue Textfassung mit Bezügen auf Heutiges. Leider aber wirkt da manches etwas platt, und auch die literarischen Zitate etwa von Rilke oder Goethe belegen nur die Bildung von Autor oder Publikum, falls es lacht. Ansonsten passte sich der Text unseren heutigen Sprechgewohnheiten gut an. Allerdings hätte man gerne mehr verstanden. Denn die Chorpartien – bei einem Stück aus der Antike ein tragendes Element – waren über weite Strecken kaum zu entschlüsseln. Das führt zu Ermüdungserscheinungen.
Vielleicht aber behinderten die wirklich phantastischen Masken von Wilfried Szyba die akustische Deutlichkeit. Ähnliches gilt für die krächzenden Laute der Vögel. Regisseur Bernhard Stengele erreichte damit und mit flatternden Bewegungen der Flügel-Wesen sowie mit ihren hüpfenden und trippelnden Schritten über die Lattenroste am Boden Lebendigkeit und eine animalische Sphäre. Dies unterstützten auch die bunten, Federkleid andeutenden Kostüme von Marianne Hollenstein.

Stadt ohne Götter

Die Handlung ist etwas spannungsarm: Zwei athenische Bürger, unzufrieden mit den Verhältnissen in ihrer Heimat, wenden sich ratsuchend an den weisen Wiedehopf. Sie beschließen, eine Stadt der Vögel, Wolkenkuckucksheim, zu gründen und die bisherigen Götter abzuschaffen. Der Wortführer der Athener wird zum König des neuen Reiches gewählt, erhält die Wirtschafterin des bisherigen Gottvaters Zeus zur Braut – eigentlich ist das alles eine Nummer zu groß für ihn. Und als das Hochzeitsmahl aufgetragen wird, zeigt sich, dass in der Stadt-Neugründung schon der Keim der Vernichtung steckt. Ein skeptischer Schluss.
Doch vorher gibt es durchaus unterhaltende Abwechslung, mit Vogelgezwitscher, Lichteffekten, Theaternebel, Live-Percussion und Stab-Puppen als steife Götter an Öffnungen des Wolken-Himmels, des Olymp; vor allem die Abgesandten dieses abgewirtschafteten Mythos, also Poseidon, Triballos, Herakles oder Prometheus, waren äußerst witzige, skurrile Gestalten, Letzterer beispielsweise war ein wandelnder Schirm.
Neben dem 42-köpfigen Bürgerchor der Vögel imponierte vor allem Peisétairos, Max de Nil, als charismatischer Führer der Unzufriedenen, als er die Vögel in einer langen, eindringlichen Rede zum eigenen Staat animiert. Sein Gefährte Euelpídes wurde von Rainer Appel eher ausgleichend und nicht so selbstbewusst gezeichnet. Das übrige Ensemble war viel beschäftigt, teilweise in Mehrfach-Rollen. Langer Beifall.
(Renate Freyeisen)

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