Landtag

Bisher den bayerischen Landtagsabgeordneten versperrt: Der TTIP-Leseraum in Berlin. (Foto: dpa)

17.03.2016

Freie Wähler fordern Zugang zu geheimen TTIP-Dokumenten

Eine Übersicht über die Haltung bayerischer Parteien und Organisationen

Seit Anfang Februar haben die Mitglieder des Bundestags und des Bundesrats Zugang zu den Verhandlungstexten des umstrittenen Freihandelsabkommens TTIP. Anders schaut es für die Abgeordneten im bayerischen Landtag aus: Sie dürfen die bisher streng geheimen Dokumente weiterhin nicht lesen, obwohl sie am Ende die Staatsregierung auffordern können, im Bundesrat mit Ja oder Nein abzustimmen. Das wollten die  Freien Wähler ändern und haben diese Woche erfolgreich einen entsprechenden Antrag durchgesetzt. Berichterstatter Hans Jürgen Fahn stellte klar, dass die Bürger in Bayern und auch in Deutschland volle Transparenz wünschen: "Es kann nicht sein, dass ein so wichtiges Dokument in geheimen Hinterzimmern verhandelt wird und dann die Bürger die Zeche zahlen müssen."  „Jetzt ist die Staatsregierung gefordert“, erklärt Fahn weiter. Sie müsse sich auf Bundesebene schleunigst dafür einsetzen, dass auch Landtagsabgeordnete die Verhandlungstexte einsehen dürfen. "Wir sind schließlich die Gesetzgeber in den Bundesländern und müssen uns schon im Interesse der von uns vertretenen Bürgerinnen und Bürger frühzeitig über die Entwicklungen in den Verhandlungen informieren können.“ Schließlich drohten Auswirkungen der Freihandelsabkommen auf alle Bereiche wie Landwirtschaft und Ernährung, Verbraucherschutz, öffentliche Daseinsvorsorge, Bildung, Gesundheit, Energie, Verkehr, Wasser und vieles mehr, so Fahn. Allerdings müsse der Zugang ebenfalls verbessert werden: "Es muss auch möglich sich entsprechende Kopien anzufertigen und wichtige Punkte aufzuschreiben." In einigen Wochen will die Fraktion noch mal ganz konkret nachfragen. INFO: Wie bayerische Parteien und Organisationen zu TTIP stehen

Die CSU befürwortet das geplante transatlantische Abkommen. Auf der Webseite der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag heißt es: "Nicht nur die Industrie, auch die Verbraucher werden von dem Freihandelsabkommen profitieren." TTIP biete der Exportnation Deutschland die Chance, Handelshemmnisse abzubauen. Dies betreffe nicht nur Zölle, sondern häufig auch Standards, die gerade für mittelständische Unternehmen zu erhöhten Kosten und Aufwand führten.

Die SPD in Bayern ist - anders als der Bundesvorsitzende Sigmar Gabriel - gegen TTIP. Fraktionschef Markus Rinderspacher sagte auf Anfrage: "Das Abkommen darf keine Verschlechterung von sozialen, arbeitsrechtlichen, ökologischen und kulturellen Standards bedeuten. (...) Vor einem Abschluss muss sich ein SPD-Bundesparteitag erneut mit dem Freihandelsabkommen befassen."

Die Grünen in Bayern stemmen sich gegen TTIP. "Durch den Wegfall der Zölle wird Billigfleisch aus den USA unseren Markt überschwemmen und so unsere Landwirte in einen aussichtslosen Preiskampf drängen", sagte Landesvorsitzende Sigi Hagl Ende Februar. Das Bauernhofsterben sei vorprogrammiert, europäische Standards beim Verbraucher- und Umweltschutz stünden auf Messers Schneide.

Die Freien Wähler wollen alle Hebel gegen Freihandelsabkommen wie TTIP und CETA - das bereits ausverhandelte Abkommen zwischen Europa und Kanada - in Bewegung setzen. Anfang März starteten sie eine Unterschriftenaktion. Die Partei befürchtet "eine Aufweichung unserer Standards in den Bereichen Umwelt, Soziales, Verbraucherschutz, Kultur, Bildung, Gesundheit und Datenschutz".

Die Alternative für Deutschland (AfD) in Bayern bejaht zwar den Freihandel als Mittel des Wachstums, sieht TTIP jedoch kritisch. Die Partei bezweifelt, dass "die Verhandlungskompetenz bei der EU im ausreichenden Maß vorhanden ist", heißt es auf der Homepage.

Der Bayerische Bauernverband sieht TTIP kritisch. Präsident Walter Heidl fordert: "Die geltenden Umwelt- und Tierschutzstandards dürfen nicht unterlaufen oder gar ausgehebelt werden."

Verdi Bayern fordert: "TTIP, CETA und Tisa stoppen!" Alle drei Abkommen enthielten diverse kritische Punkte. Arbeits-, Sozial-, Umwelt-, Datenschutz- und Verbraucherschutzstandards würden in intransparenten Verhandlungen gesenkt. Außerdem würden öffentliche Dienstleistungen wie die Wasserversorgung dereguliert.

Die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw)
positioniert sich deutlich für das Freihandelsabkommen. "Wenn wir auf den globalen Märkten bestehen wollen, brauchen wir Partner, allen voran die USA. Wir müssen TTIP deshalb rasch zum Abschluss bringen", sagte vbw-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt im Herbst. Die USA seien der wichtigste Handelspartner Bayerns und zugleich größter Investor.

Auch der Bayerische Industrie- und Handelskammertag (BIHK)
steht hinter TTIP. "Der US-Markt ist der wichtigste Auslandsmarkt für die Wirtschaft im Freistaat", sagte BIHK-Präsident Eberhard Sasse am Donnerstag. Rund 130 000 Arbeitsplätze in Bayern hingen direkt oder indirekt vom US-Geschäft ab. "Die im Handelsabkommen vorgesehenen Erleichterungen und der Wegfall der Zölle sind längst überfällig." (BSZ/dpa)

Kommentare (0)

Es sind noch keine Kommentare vorhanden!
Die Frage der Woche
Vergabeplattform
Vergabeplattform

Staatsanzeiger eServices
die Vergabeplattform für öffentliche
Ausschreibungen und Aufträge Ausschreiber Bewerber

Jahresbeilage 2023

Nächster Erscheinungstermin:
29. November 2024

Weitere Infos unter Tel. 089 / 29 01 42 54 /56
oder
per Mail an anzeigen@bsz.de

Download der aktuellen Ausgabe vom 24.11.2023 (PDF, 19 MB)

E-Paper
Unser Bayern

Die kunst- und kulturhistorische Beilage der Bayerischen Staatszeitung

BR Player
Bayerischer Landtag
Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.