Politik

Nepal braucht dringend Unterstützung – wichtig aber ist, sich über die Spenden-Organisation zu informieren. (Foto: dpa)

08.05.2015

Spenden sammeln darf jeder

Im Freistaat sind die Menschen besonders großzügig – doch kommt das Geld auch bei den Bedürftigen an?

Nach humanitären Katastrophen wie dem Erdbeben in Nepal ist die Spendenbereitschaft groß in Bayern. Doch viele Bürger sorgen sich, ob ihre Spenden wirklich in den Einsatzgebieten ankommen, und staatliche Kontrollen sind begrenzt.
Straßen sind wieder passierbar. Hilfsgüter, Medikamente und Spenden kommen immer öfter dort an, wo sie gebraucht werden. „In Kathmandu lösen oder verkleinern sich die Auffanglager langsam, da die Menschen in ihre Dörfer zurückkehren oder wieder in ihren Häusern schlafen“, sagt Dorothea Hörsch, die für die Kaufbeurer Hilfsorganisation Humedica als Einsatzkoordinatorin mit einem Team von 15 Einsatzkräften vor Ort arbeitet. Der Fokus der Hilfe liege nun auf medizinischer und psychologischer Versorgung und dem Beginn des Wiederaufbaus.
Bayern ist bei der humanitären Hilfe stets besonders großzügig: Nach Schätzungen der Caritas kommen rund 20 Prozent der Gelder bei Spenden-Sammlungen aus dem Freistaat. Damit liegt das Spendenaufkommen rund ein Drittel über dem Durchschnitt des restlichen Bundesgebiets.
Experten vom Bündnis „Deutschland hilft“ rechnen mit einer Spendensumme aus Deutschland von derzeit rund 15 Millionen Euro. „Die Zahlen haben aber eine sehr geringe Aussagekraft, da viele Zahlungen erst sehr spät verbucht werden“, erklärt Oliver Müller, Leiter von Caritas International. Im Vergleich zu anderen humanitären Katastrophen ist dies trotzdem vergleichsweise wenig: Laut Deutschem Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI) wurden im Jahr 2004 für die Opfer des Tsunami in Südostasien deutschlandweit 670 Millionen Euro gesammelt. 2002 waren 350 Millionen Euro für die Betroffenen der Elbeflut zusammengekommen.

Das Sammelgesetz wurde im Freistaat 2007 ersatzlos gestrichen

Doch das Spendenaufkommen könnte höher sein. In einer Studie des Deutschen Spendenrates heißt es: Spender befürchteten oft, dass zu hohe Verwaltungsausgaben bei den Organisationen dazu führen, dass weniger Gelder als möglich bei den Bedürftigen ankommen.
Zur Angst, dass hohe Verwaltungskosten die Spenden schmälern, kommt in Bayern ein Vertrauensproblem hinzu: „Jeder darf in Bayern Spenden sammeln“, sagt Burkhard Wilke vom DZI. Nur wer Spendenquittungen ausstellen möchte, müsse sich als eingetragener Verein registrieren und als solcher vom Finanzamt prüfen lassen. „In den drei Bundesländern Rheinland-Pfalz, Saarland und Thüringen sind Haus- und Straßensammlungen hingegen genehmigungspflichtig“, so Wilke.
Denn jedes Bundesland entscheidet selbst, ob es ein Sammelgesetz für Spenden verabschiedet. In Bayern wurde dieses Gesetz 2007 ersatzlos gestrichen. Dass sich heute in Bayern niemand so richtig für das Spendenwesen verantwortlich fühlt, zeigen auch Anfragen der Bayerischen Staatszeitung an die Staatsregierung: Weder das Sozialministerium, das Justiz- und das Innenministerium noch die Staatskanzlei fühlen sich verantwortlich für das Thema.
Zumindest die Regierung von Unterfranken sieht sich in der Pflicht: Bürger müssten sich keine Sorgen machen, denn „betrügerisches Verhalten bei Haus- und Straßensammlungen kann im Wege der Strafverfolgung noch immer sanktioniert werden“, heißt es auf der Internetseite der Bezirksregierung.
In anderen Bundesländern, wie in Rheinland-Pfalz, gibt es weiterhin ein Sammelgesetz und eine zugehörige Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD). Diese muss Sammlungen genehmigen, kann Spendenorganisationen prüfen und Sammelverbote erteilen. „Wir haben sogar Spendenorganisationen aus Bayern in Rheinland-Pfalz ein Sammelverbot erteilt“, so Eveline Dziendziol von der ADD. Allerdings gelten die Sammelverbote nur für Rheinland-Pfalz, und die Organisation könne in Bayern weiter Spenden sammeln, solange ihr kein Betrug nachgewiesen werde. Dachorganisationen wie das Deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen führen auf Basis der Sammelverbote und selbst vergebener Gütesiegel jedoch Listen mit vertrauenswürdigen Spendenorganisationen, die im Internet für Bürger einsehbar sind (http://www.dzi.de/spenderberatung/).

Die Caritas kontrolliert die Partner vor Ort penibel

Bei der Caritas oder Humedica nimmt man die Verwendung der Spendengelder sehr ernst. Helfer arbeiten oft ehrenamtlich, die Gelder fließen direkt in Medikamente, medizinischen Bedarf und den Wiederaufbau der Infrastruktur. „Außerdem kontrollieren die Länderreferenten, ob die geplanten Maßnahmen und die Kalkulationen der lokalen Partner plausibel sind“, sagt Oliver Müller von Caritas International. Zusätzlich gebe es bei der Caritas die Abteilung Qualitätsmanagement, die immer wieder während und nach den Hilfsmaßnahmen auf die Zahlen und die Abläufe schaue. Ein Sprecher von Humedica ergänzt: „Unser Team legt großen Wert auf Transparenz in Form von Veröffentlichung auf der Internetseite und zeigt sich offen gegenüber allen Nachfragen von Spendern.“
Neben Transparenz und einer Einstufung des DZI als vertrauenswürdige Organisation zählen bei Spendern aber auch private Kontakte: Weil beispielsweise viele Alpinisten der Alpenvereins-Sektion München und Oberland eine Verbindung zu Nepal haben, wollte die Sektion helfen und spendete unter dem Motto „Klettern für Nepal“ einen Euro jedes Kletterhallen-Eintritts an eine gemeinnützige Organisation. Bei der Suche einer Spendenorganisation fiel die Wahl auf die Nepalhilfe Beilngries. „Einer unserer Vorstände und einige unserer Mitarbeiter kennen die Stiftung persönlich“, sagt Claudia Oberbeil von der Alpenvereins-Sektion. Deshalb wüssten sie, „dass das Geld direkt bei den Bewohnern einzelner Dörfer ankommt“. Eine Gewissheit, die Spender in Bayern gerne auch bei allen anderen Geldsammel-Organisationen hätten. (Felix Scheidl)

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