Als Roland Jüptner 1988 nach einer Teilzeitstelle suchte, stieß er vielfach auf Granit. Ein glücklicher Zufall, dass der junge Vater, der zuvor wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Uni Augsburg war, dann doch eine halbe Stelle fand: Eine junge Mutter hatte nach der Rückkehr ins bayerische Finanzministerium nur eine halbe Referentenstelle beansprucht. Klar wurde Jüptner von den männlichen Kollegen belächelt: „Damals war ein Mann in Teilzeit absolut ungewöhnlich,“ erinnert er sich. Doch mehr Zeit für die beiden Kinder zu haben war ihm wichtig. Seiner Karriere haben die Jahre in Teilzeit nicht geschadet: Der 57-jährige Jüptner, ein Jurist, leitet das Landesamt für Steuern.
Im öffentlichen Dienst geht's oft leichter
Seither hat sich viel getan, nicht nur im öffentlichen Dienst, wo sich Teilzeit vielleicht besser organisieren lässt. Mit Inkrafttreten des Teilzeit- und Befristungsgesetzes 2001 hat jeder Arbeitnehmer, der seit mindestens sechs Monaten bei einem Unternehmen ist und dessen Arbeitgeber mehr als 15 Personen beschäftigt, ein Recht auf Teilzeitarbeit. Das kommt gerade Eltern zugute. Die Konjunktur tut ihr Übriges: In Zeiten des Fachkräftemangels versuchen die Firmen, ihre bewährten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach der Geburt eines Kindes zurückzugewinnen. „Da ist die Bereitschaft zu Zugeständnissen groß“, sagt Elfriede Kerschl, bei der IHK München und Oberbayern zuständig für das Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Teilzeit allein ist allerdings kein Allheilmittel. „Es ist weder im Sinn der Gesellschaft noch im Interesse der Beschäftigten, Altersarmut zu implementieren“, sagt Hans Sterr, Sprecher der Gewerkschaft Verdi in Bayern. Deshalb lenkt Verdi das Augenmerk auf Möglichkeiten wie Homeoffice. Wirklich familienfreundliche Arbeitsplätze zu schaffen, sei eine große Herausforderung für die Unternehmen, so Elfriede Kerschl. Denn je nach Fall Fall seien unterschiedliche Modelle passend.
Sind im unteren Lohnbereich massenhaft Teilzeitjobs entstanden, so sind in höheren Etagen selbst 30-Stunden-Verträge noch selten. „Solange Karrierechancen dadurch definiert sind, dass ein Arbeitnehmer rund um die Uhr zur Verfügung steht, wird das so bleiben“, meint Verdi-Mann Sterr. Keine Geschäftsreisen, keine Fortbildungen – Teilzeit sei oft eine Karrierefalle. Verdi fordert deshalb eine Teilzeitquote für Führungspositionen.
Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft, sieht das Problem an anderer Stelle: Vor allem die Industrie habe es schwer, überhaupt qualifizierte weibliche Mitarbeiter zu finden. „Die Ursachen liegen insbesondere in der Berufswahl von Frauen“, meint Brossardt.
Vereinzelt gibt es sie, die Führungsleute in Teilzeit – vor allem in Großunternehmen. „Große Firmen nehmen sich eine Unternehmensberatung, die sie bei der Umstrukturierung unterstützt“, so Kerschl. Um den Prozess auch bei kleinen und mittleren Unternehmen in Gang zu bringen, sei eine staatliche Unterstützung bei der Umsetzung denkbar.
Krippenplätze? Gibt's nur für bereits Berufstätige
Aber auch die Mütter (und Väter), die nach der Kinderpause wieder einsteigen wollen, müssen ihren Beitrag leisten: Sie sollten klare Vorstellungen haben, wie das Ganze laufen soll, die Betreuungsfrage geregelt haben. Doch hier beißt sich die Katze oft in den Schwanz: Denn beim Antrag auf einen Krippenplatz wird üblicherweise gefragt, ob man berufstätig sei, bereits berufstätige Mütter haben hier den Vortritt.
Wirklich schwer hat es, wer eine neue Stelle sucht. Diese Erfahrung hat Sabine Küfner (Name geändert) aus München gemacht. Ihr Zweijahresvertrag bei einer IT-Firma endete während der Schwangerschaft. Als ihr Kind neun Monate alt war, bat die Firma sie händeringend um Rückkehr und ließ sich auf einen 25-stündigen Teilzeitvertrag ein. Wegen der vielen Abstriche – erneute Befristung, geringer Verdienst, Verweigerung der Provision – machte sich die Projektmanagerin auf die Suche nach einem neuen Arbeitgeber. Doch Teilzeitstellen werden kaum angeboten, und wer sich auf eine Vollzeitstelle bewirbt und anfragt, ob die auch zu splitten sei, bekommt postwendend eine Absage.
Vielleicht ist ja alles eine Frage der Zeit, denn der Einfluss persönlicher Erfahrungen auf betriebliche Entscheidungen ist groß. Männer, die selbst einen Teil der Familienverantwortung übernommen haben, sehen eher, dass die Arbeitswelt sich neu organisieren muss.
Klar, dass am Landesamt für Steuern von Satellitenarbeitsplätzen bis Telearbeit vieles möglich ist. Und, so Amtsleiter Jüptner, „die Kompetenzen aus der Erziehungsarbeit werden bei uns voll anerkannt.“
(Anke Sauter)
Kommentare (5)