Unser Bayern

Gold und Silber würden bei der hohen Temperatur, die die Inglasurmalerei erfordert, schlichtweg verbrennen. Sie müssen „kalt“ aufgetragen werden wie bei diesem Ensemble von fünf Vasen (S. 61793 ff., Leihgabe der Stadt Würzburg im Museum für Franken in Würzburg). Aufgemalte Farben haben den Nachteil, dass sie anfälliger für Abrieb und Abplatzen sind. Nicht so bei diesen Stücken aus Ansbach. Grund dafür ist ihre Funktion: Als Vasen oder Schaustücke wurde nicht so oft Hand an sie angelegt wie an Gebrauchsgeschirr. (Foto: Museum für Franken in Würzburg/Andreas Bestle )

01.03.2024

Raffinierte Geschirrmalerei

Die einzigartige Sammlung von Fayencen aus Süddeutschland im Würzburger Museum für Franken

Die Anmutung ist bizarr, fast könnte man meinen, hier hätte ein Kunsthandwerker Materialien geschickt kombiniert, um die unterschiedliche Stofflichkeit und Anmutung von dünnem, durchscheinendem Glas und schwerer Irdenware besonders augenfällig zu kontrastieren. Aber nein, das Fragment eines grünen Römerglasfußes an einem rustikalen Tonkrug ist unbeabsichtigt aufgeschmolzen – während einer Brandkatastrophe im Jahr 1945. „Ich / liebe Dich / in Ewigkeit. Von 11 / biß man 12 / läut“ steht auf dem Krug – aber auch dieser liebenswerte Treueschwur ist verblasst unter schwarz-braunen Brandflecken. Es war am 16. März 1945, als binnen 20 Minuten im Bombenhagel der britischen Royal Air Force Tausende Würzburger starben und gut 90 Prozent der Altstadt in Schutt und Asche lagen. Auch das Mainfränkische Museum, das heutige Museum für Franken, blieb nicht verschont. Man hatte viele Objekte vorsichtshalber in den Museumskeller an der Maxstraße gebracht. Max H. von Freeden (1913 bis 2001), damals Konservator und später Direktor des Museums, schilderte seine Visite dort nach der Katastrophe:

„Beim ersten Betreten der Keller fand sich eine etwa 30 cm hohe Aschenschicht von grauer, weichlicher Konsistenz, die oberflächig völlig eben war, vergleichbar mit einem Stück afrikanischer Wüste. Hier und da schauten aus dieser teppichartigen Schicht in grotesker Formation verbrannte keramische Objekte heraus, etwa den von Pompeji her bekannten Situationen vergleichbar. [...] Der makabre Zustand der Bestände, vor allem der Keramiken, resultiert – abgesehen von den mechanischen Schäden – aus der enormen Hitzeentwicklung.“

Das Problem: Der massive Gewölbekeller hatte zwar standgehalten, während das oberirdische Museumsgebäude völlig ruiniert wurde. Aber man hatte die vermeintlich sicher unter die Erde ausgelagerten Schätze ordentlich in Holzregalen verstaut – zusammen mit den vielen Stützen zur Bausicherheit und den zahllosen Holzkisten voller Kunstobjekte heizte das den Feuerfraß so richtig an. Was beschädigt oder im Idealfall unversehrt diese Katastrophe überstanden hatte, war in den folgenden Tagen ungeschützt der Plünderei preisgegeben. Abermals Max. H. von Freeden: „Es konnte in den ersten Wochen nach dem 16. März nicht verhindert werden, dass Plünderer in die Keller einstiegen und diese durchstreiften. [...] Die Plünderer, deren Fußstapfen in die weiche Aschenschicht tief eingetreten waren und bald den Boden aller Kellerräume überzogen, haben zweifellos durch Unachtsamkeit oder Mutwillen noch viel zertreten.“

Unwiederbringlich verloren

Einem der Herzstücke des Museums, der etwa 1500 Objekte zählenden Keramiksammlung, war gut die Hälfte unwiederbringlich entrissen worden. Der schockierende Anblick im Keller hatte den Museums-enthusiasten Freeden zu einer unermüdlichen Rettungsmission motiviert: Alles, was sich aus Schutt und Asche bergen ließ, selbst kleinste Fragmente, wurde geborgen und auf die Fes­tung Marienberg gebracht, sortiert und gesichtet mit dem Ziel, möglichst vieles davon wieder ausstellen zu können – künftig auch mit neuer Bedeutung: „Einige Stücke werden auch wegen ihres grotesken Zerstörungszustandes zur Veranschaulichung der Folgen des Stadtbrandes auf Dauer wertvoll sein“, so Freeden. Ein solches Exponat ist der eingangs genannte Krug (Temp. 4021), eine sogenannte Birnkanne aus Ansbach, hergestellt zwischen 1769 und 1804.

Den dezimierten Bestand bestimmen zu können, war nicht einfach bis unmöglich: Auch das in 30 Bänden aufgelistete Kunstinventar und sämtliche Verwaltungsunterlagen des Museums waren in den Flammen aufgegangen. Erhalten geblieben waren allerdings die alten handschriftlichen Inventare der Sammlungen aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, die einst im Luitpoldmuseum vereint worden waren. Zudem konnte man auf die frühere Raumkartei und ihre alten Schwarz-Weiß-Fotos aus den 1920er-Jahren zurückgreifen, auf denen die einstige Vitrinenbestückung zu sehen ist. In jüngerer Zeit hat man auf diesen Fotos noch zweifelsfrei identifizierbare Stücke heller markiert – einige dieser fotografischen Dokumente finden sich im Bestandskatalog des Museums für Franken, der im vergangenen Jahr erschien und eine wichtige Lücke in der musealen Forschungsarbeit schließt.

Wenn von der Fayencensammlung als einem der Herzstücke des Museums gesprochen wird, ist dies eine eher neuere Adelung. Unvergleichlich prominentes Aushängeschild ist nämlich die einzigartige Tilman-Riemenschneider-Sammlung. Was sind dagegen schon all die Kännchen, Krüge, Schüsseln und Vasen, die noch nicht mal aus edlem Porzellan waren, sondern aus gewöhnlicher Irdenware, die bei (fast) jedermann im Alltag auf dem Tisch stehen konnte? Und von deren Mehrzahl man nicht einmal weiß, wer sie geformt oder bemalt hat, weil das Signieren nicht überall üblich war? Es waren aber einzelne Sammlungsliebhaber*innen, die den Wert dieser Keramiken hoch schätzten und dafür sorgten, dass Fayencen nicht einfach nur notgedrungen oder zufällig in die musealen Bestände aufgenommen wurden, sondern allmählich systematische Pflege erfuhren.

Der Wappen wegen gesammelt

Der 1831 gegründete Historische Verein für Unterfranken und Aschaffenburg, die Keimzelle des heutigen Museums für Franken, hatte sich dem Sammeln von regionalen kunst- und kulturhistorischen Objekten verschrieben, aber Fayencen waren dabei nicht im Fokus: Nur neun Stücke hatte man wohl deshalb aufgenommen, weil sie wegen ihrer Wappen als Dokumente der Regionalgeschichte galten. Ohnehin wurde die Sammlung des Vereins weniger nach Plan aufgebaut: Man nahm, was man geschenkt bekam. Das systematische Sammeln und damit einhergehend die öffentliche Präsentation mit pädagogischem Anspruch hatte sich erst der 1893 gegründete Fränkische Kunst- und Altertumsverein auf die Fahnen geschrieben, in dem sich Mitglieder des Historischen Vereins zusammentaten.

Der neue Verein machte gleich mit einem Knaller auf sich aufmerksam: Über 2000 Exponate zählte seine erste große Ausstellung 1893 im Würzburger Kiliansdom – sie war ein Riesenerfolg, auch finanziell. Vom Gewinn wurde sofort ein Riemenschneider-Werk gekauft. Dagegen fristeten die Fayencen noch immer ein Mauerblümchendasein. Aber es keimte: Just der Ausstellungsarchitekt August Stoehr (1869 bis 1920) aus Nürnberg hatte ein Faible für Fayencen. Er war auch ehrenamtlicher Konservator im Kunst- und Altertumsverein, und als solchem oblagen ihm die Erwerbungen für den Verein. Aber er brachte auch seine eigene Fayencensammlung ein: Elf Objekte schenkte er dem Verein, 72 Stücke kaufte ihm ein Kommerzienrat für den Verein ab. Wie bei seiner eigenen Sammlung beschränkte er sich auch beim Aufbau der Vereinssammlung programmatisch: „Die Sammlung ist grundsätzlich auf diejenigen Fabriken beschränkt, welche entweder in Franken selbst bestanden hatten, oder aber ein Absatzgebiet von grösserem Umfange in Franken besassen.“ Im Fokus standen also Fayencen aus Ansbach, Nürnberg und Bayreuth.

Bäuerliches gegen Herrschaftliches

Es wurden immer mehr Fayencen, die Stoehr aus dem (zunehmend auch überregionalen) Kunsthandel, von Auktionen oder Privatsammlern zusammentrug – allein 1902 kamen 230 Stücke hinzu. Einen Großteil davon kaufte Stoehr dem Würzburger Sammler Georg Hermann Lockner ab. Beide Freunde der Fayence sollen auch über fränkische Lande gefahren sein und vor allem in Orten in der Nähe von Schlössern den Leuten „bäuerliches“ Geschirr günstig abgekauft oder getauscht haben gegen „herrschaftliches“ Porzellan. Stoehr bemühte sich um eine repräsentative Widerspiegelung süddeutscher Fayencemanufakturen – aber nicht nur mit Durchschnittsware, sondern auch mit Spitzenstücken.

Zu einer ständigen Präsentation der Sammlung kam es allerdings erst 1913, als das von der Stadt Würzburg getragene Fränkische Luitpoldmuseum im ehemaligen, nach Stoehrs Plänen umgebauten Chemischen Institut von Prinzregent Ludwig eröffnet wurde: Dort waren unter einem Dach die Sammlungen der Stadt, des Historischen Vereins und des Kunst- und Altertumsvereins vereint. Im Austausch gab auch die Universität Würzburg neben anderen kunstgewerblichen und prähistorischen Beständen 20 Fayencen in das neue Museum ab. Für einen so aufmerksamen Rahmen liehen oder stifteten außerdem zunehmend lokale Sammlerinnen und Sammler Stücke – vor allem auch Exquisites von kunsthistorischer Bedeutung. Die Sammlung machte sich einen Namen. Auf historischen Fotografien sieht man, wie das alles zur Schau gestellt wurde: in Vitrinen nach Manufakturen und möglichst auch nach Perioden geordnet.

1920 starb August Stoehr, zwei weitere Leiter übernahmen die 1939 in Mainfränkisches Museum Würzburg umbenannte Institution – die ihr jähes Ende in der Nacht des 16. März 1945 fand. Das, was man aus den Trümmern retten konnte, wurde in die Festung Marienberg gebracht – noch heute gibt es Kisten voller Scherben, die einer vielleicht nie zu bewältigenden Puzzlearbeit harren. Manches Wunder passiert: Erst 2017 hat man in einer ehemaligen Munitionskiste 47 Scherben entdeckt, die zusammengesetzt eine große Deckelvase aus der Zeit um 1720 ergaben (Z. 234).

Auf der Festung feierte man am 8. September 1947 die Wiedereröffnung des Museums. Abermals stach Riemenschneider vieles andere aus den Sammlungsbeständen aus: Der ihm gewidmete Saal war als Publikumsmagnet sofort fertig – die Fayencen erhielten ihre neue Schaubühne erst 1950. Man folgte dem Prinzip der Aufstellung in Vitrinen, so wie es August Stoehr schon Jahrzehnte vorher konzipiert hatte. Allerdings wurden die Schaukästen lockerer bestückt, man setzte mehr auf die ästhetische Anmutung. Glück im Unglück: Auch wenn rund die Hälfte des Fayencenbestands verloren gegangen war, so konnte man immer noch einen repräsentativen Querschnitt der Manufakturen und obendrein kunsthandwerkliche Highlights ausstellen. Hinzu kamen im Laufe der Jahrzehnte abermals namhafte Leihgaben, Schenkungen und Vermächtnisse – bis heute halten diese bürgerschaftlichen Zuwendungen an.

Auch der Ankaufsetat erlaubte die sukzessive Wiederbelebung der Sammlung, deren Mauerblümchendasein längst der Vergangenheit angehörte, was man auch an der Fürsorge der Museumsleitung ablesen kann. Die Präsentation wurde mehrmals überarbeitet. Zum einen brauchte man für die wieder wachsende Zahl an Fayencen mehr Platz, zum anderen diktierten nicht nur Sicherheitsaspekte,  sondern auch eine gewandelte museale Präsentationsästhetik Veränderungen. Neue Glas-Metall-Vitrinen sorgten für mehr optische Leichtigkeit, die drastische Reduzierung der Schausammlung ging weg vom ganzheitlichen Anspruch zum Prinzip des Pars pro Toto – und zwar in der anspruchsvollen Liga. Das macht die Sammlung mit ihren inzwischen wieder über 1000 Stücken zu einer der führenden Adressen für Fayencen des 18. Jahrhunderts aus süddeutschem Raum. Der Bestandskatalog krönt dieses kunst- und kulturgeschichtliche Highlight: ein sorgsam gestaltetes „Schaufenster“ in Buchform.

Dem einmal installierten Prinzip der Ordnung nach Manufakturen folgt auch der Bestandskatalog. Im Gegensatz zu kleineren Werkstätten oder Ateliers waren Manufakturen charakterisiert durch Arbeitsteilung (Tonzubereiter, Dreher, Modelleure, Bossierer, Glasierer, Maler, Vergolder) und Serienfertigung; mit ihren Waren hatten sie den überregionalen Markt im Blick. Ihren Boom erlebten die Fayencemanufakturen in Europa ab dem 17. Jahrhundert. Als erste entsprechende Einrichtung gilt jene im westfälischen Ahaus, 1653 gegründet. Von den drei Manufakturen aus süddeutschem Raum, die im Museum für Franken von Bedeutung sind, ist die Ansbacher die älteste.

Ansbach – Professioneller Start

1709 wurde die Fayencemanufaktur in Ansbach gegründet – wie zu jener Zeit aus merkantilistischer Überlegung heraus üblich, aufgrund fürstlicher Initiative: In diesem Fall war es Markgraf Wilhelm Friedrich von Brandenburg-Ansbach, der den Anstoß gab. Für das Unternehmen wurde die ehemalige Wasen-, spätere fürstliche Pulver-, dann städtische Walkmühle umgebaut. Schon zu Umbauzeiten war Johann Caspar Rib (1681 bis 1726) als Fayencemaler engagiert worden – er hatte in der führenden niederländischen Delfter Manufaktur gelernt, wo man die Imitierung des teuren chinesischen Porzellans in Fayence bestens beherrschte. Rib hatte, bevor er nach Ansbach kam, in der 1661 gegründeten Hanauer Fayencemanufaktur gearbeitet, wo man besonders weiße Glasuren herzustellen vermochte. Lange sollte Rib nicht im Dienst des Ansbacher Markgrafen stehen: Nach nicht einmal zwei Jahren zog er weiter nach Nürnberg und wirkte am Aufbau der dortigen Fayencemanufaktur mit (später war er Blaumaler in Meiß en). Jedenfalls konnte man in Ansbach dank dieses Experten und des ebenfalls von Beginn an dort beschäftigten Malers Georg Christian Oswald (1692 bis 1733) gleich professionell loslegen. Die Produktion (auch von Fayencefliesen fürs Schloss) lief so gut, dass schon mit Datum vom 4. April 1712 per landesherrlicher Verfügung der eigenen Manufaktur das Monopol zugesprochen wurde und fremde Produkte nicht mehr verkauft werden durften.

Hatte Rib den von ihm am Boden signierten birnförmigen Krug (A. 8524), eines der ältesten Stücke in der Fayencesammlung des Museums, das 1904 als Geschenk aus London an den Fränkischen Kunst- und Altertumsverein nach Würzburg kam, schon als Werkstück aus Hanauer Fabrikation nach Ansbach mitgebracht und erst dort bemalt und fertiggestellt? Fachleute müssen es bei der Vermutung belassen: Die ausgesprochen niederbauchige Form könnte für Hanau sprechen, die Bemalung trägt allerdings die Jahreszahl 1711, als Rib also bereits in Ansbach war, im Zinndeckel ist gar erst 1712 eingraviert. In feinen Blautönen und in Inglasurtechnik hat Rib das bekrönte Wappen von Brandenburg-Ansbach aufgemalt, die Buchstaben L.H.D. stehen für „Litterarum humanarum doctor“ – der Krug könnte also ein Erinnerungsstück an die Verleihung des akademischen Titels gewesen sein.

Rib soll die Delfter Blaumalerei ebenso wie die Form des Enghalskrugs nach Ansbach mitgebracht haben, so der Fayencensammler Adolf Bay­er (1876 bis 1962) in seinem Buch Die Ansbacher Fayence-Fabriken (zweite Auflage 1959). Steht dafür eine unbezeichnete gedrehte Enghalskanne (Temp. 3263) mit geripptem Körper, die übersät ist mit fein gemalten Lotosblumen, Streublättchen und Vierpunktmustern? Die Inglasurmalerei ist blau auf leicht blaustichiger Glasur. Die schwarzen Flecken sind Brandschäden von 1945. Von solchen verschont blieb eine Riesendeckelvase (S. 8588, Abbildung Seite 7), 83 Zentimeter hoch und auf zwölf­eckiger Grundform, ebenfalls in blauer Inglasurmalerei. Sie ist so originell, dass Frauke van der Wall, bis 2023 stellvertretende Direktorin des Museums für Franken, das Stück zum Besten zählt, was die Ansbacher Manufaktur in der Epoche 1710 bis 1724 an Blaumalerei hervorbrachte. Raffiniert: Mal sind die Motive in blauer Farbe aufgemalt, mal wurde der Grund blau gemalt und das Ornament in Weiß durch Aussparung hervorgehoben (Reservetechnik). Zudem sind asiatische und europäische Motive kombiniert: Felsen, Bäume und eine reitende Person unter einem Baldachin sind in asiatischer Manier gemalt – andere Personen und die Häuserlandschaft muten eindeutig europäisch an.

Asiatische Exotik

Die Dekormode „à la chin­oise“ sollte die Assoziation zum wertvollen chinesischen Porzellan wecken. So ziert ein „Chinese“ auf einer Säule in einer Landschaft auch eine Fünffingervase (U. 8550), deren Tüllen mit Glücksknoten Blau und in Inglasurtechnik bemalt sind. Die auffallende Form, die für die Präsentation von Tulpen in Holland Usus war, ist ebenso wie die Riesendeckelvase mit ihrem zwölfeckigen Fuß in einem Model gearbeitet, Gleiches gilt für eine sechseckige Deckelvase (A. 8584), auf der Mangan für die Inglasurmalerei (Chinesen in Gartenlandschaft) gewählt wurde, ebenso für eine achteckige Platte (S. 41353), auf der man zwischen blühenden Bäumen und umzäuntem Garten eine Pagode sowie einen Palast entdeckt. Im Gegensatz zu vielen Produkten aus der Frühzeit der Ansbacher Manufaktur ist diese Platte signiert: Der Maler war Johann Jakob Schmidt, der zwischen 1724 und 1749 dort wirkte.

Ebenfalls achteckig ist eine Platte aus den Jahren 1716 bis 1718 (S. 43657), an der – was typisch für einen Manufakturbetrieb war – mehrere Mitarbeiter Hand anlegten und dies auch mit ihren Initialen kundtaten: F / HE. / R / HW liest man auf dem Boden, die Initialen stehen für Johann Leonhard Förster, Hans Eberlein, Lorenz Rosa und Johann Heinrich Wachenfeld. Dass die Platte etwas Besonderes ist, darüber scheinen sich die vier bewusst gewesen zu sein: Einerseits zeigt sie das Allianzwappen des Ehepaars Ernst Ludwig von Gemmingen und Dorothea Barbara von Utterodt – das Stück war also gedacht für einen repräsentativen Haushalt eines der führenden Beamten in Hessen-Darmstädtischen Diensten, der durch Erbschaft mit Fränkisch-Crumbach verbunden war. Zum anderen ist die Inglasurmalerei nicht nur blau, sondern hat dezente Akzente in Gelb und Mangan. Obendrein ziert den Rand eine Rouenbordüre – aus der Ansbacher Manufaktur soll dies der erste Teller mit diesem schabrackenartigen Dekor aus gerolltem Akanthusblattwerk sein. Die Neuerung kam an und scheint ein Dauerbrenner geworden zu sein: Weitere Platten mit dem gleichen Muster, anstelle des Wappens aber mit Rotationsrosette im Spiegel, sind in die 1730er-Jahre datiert. Bei den Signaturen tauchen wiederum Förster und Wachenfeld auf, ebenso Johann Georg Chris-toph Popp (1697 bis 1784), der ab 1715 in der Manufaktur nachweisbar ist: zunächst als Fayencemaler, dann auch in der Verwaltung und schließlich ab 1769 als Eigentümer.

Ein weiteres Dekorationsschema, das ursprünglich für Hanauer Platten bekannt war, setzte sich durch: ein radial vom Rand zum Inneren, also zum Spiegel und seiner zentralen Darstellung, zulaufendes Muster – das im Fall einer Ansbacher Fächerplatte (63126) aus der Zeit 1710/1730 obendrein der Geschirrform mit ihren aufgewölbten Rippen folgt. In der Mitte dieser Platte sieht man einen Schäfer samt Tieren: ein heimisches Motiv unter den mehrheitlich – jedenfalls der Auswahl musealer Objekte folgend – exotischen. In der Manufaktur ließ man sich zudem von der japanischen Malkunst inspirieren: (Park-)Landschaften mit Flüssen, T‘ai-hu-Felsen, (Serpentin-)Wege, Pavillons, Blütenbäume und Vögel, dazwischen Teegesellschaften oder auch mal ein Reiter auf einem Dromedar zieren zum Teil detailreich Teller und Vasen.

Typisch für die Malerei im japanischen Imari-Stil waren die Farben Kobaltblau und Rostrot auf weißem Grund – nobilitiert mit Gold. In der Fayencemanufaktur kombinierte man dazu Inglasur- mit Kaltmalerei – und geizte dabei keineswegs mit Gold, etwa bei einer runden Platte (S. 8585, Abbildung Seite 9), auf der man eine japanische Landschaft in der Mitte (Spiegel) sieht und deren Steigbord mit üppigen Blumenkartuschen und Blüten bemalt ist. Blau als Inglasurfarbe, dazu nicht nur Gold, sondern auch roten Lack als Aufglasurfarbe wählte Georg Christian Oswald für das reichhaltige Blumenarrangement auf einem wunderschönen Walzenkrug (S. 41717) von 1716. Oswald übernahm in späteren Jahren die Malerausbildung in der Manufaktur. Der Walzenkrug wurde einst vermutlich oft benutzt, wofür die partiell abgeriebene Kaltmalerei sprechen würde. Keine solchen Gebrauchsspuren hat ein fünfteiliger Vasensatz (S. 61793-S. 61797, Abbildung Seite 9), an den als Dekorationsware wohl weniger Hand angelegt wurde. Vogeltränken, Hähne und Blütenzweige sind ausschließlich „kalt“ in Rot, Schwarz und Gold gemalt. Raffiniert ist ein Paar Doppelkürbisvasen (S. 41386 und S. 41387) ... (Karin Dütsch)

Lesen Sie den vollständigen, reich bebilderten Beitrag in der Ausgabe März/April 2024 des BSZ-Online-Magazins UNSER BAYERN. Sie können die komplette, 40-seitige Ausgabe downloaden unter www.bayerische-staatszeitung.de

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Abbildungen (von oben):
Ein signifikantes Exponat, das den Brand 1945 überstand, ist die Ansbacher Birnkanne (Temp. 4021) mit aufgeschmolzenem Fuß eines Römerglases. (Foto: Museum für Franken in Würzburg/Fotoarchiv)

Der Fayencemaler Johann Caspar Rib, der zuvor in der Hanau wirkte, soll es gewesen sein, der die Blaumalerei und die Form der Enghalskanne (Temp. 3263, rechts) in Ansbach etabliert hat. (Foto: Museum für Franken in Würzburg/Fotoarchiv)

Dieser Teller (S. 43657, Leihgabe der Stadt Würzburg im Museum für Franken in Würzburg) zeigt erstmals auf einem Ansbacher Stück die damals beliebte Rouenbordüre. Das blaue Wappen ist fein akzentuiert mit Gelb und Mangan. Gleich mehrere Maler haben ihre Initialen auf der Tellerrückseite eingeschrieben: Johann Leonhard Förster, Hans Eberlein, Lorenz Rosa und Johann Heinrich Wachenfeld. (Foto: Museum für Franken in Würzburg/Fotoarchiv/Andreas Bestle)

Farbprächtige Deckelterrine (A. 62430, Leihgabe der Freunde Mainfränkischer Kunst und Geschichte e. V. Würzburg im Museum für Franken in Würzburg) aus der „Grünen Familie“, einer Spezialität aus Ansbach. Diese Terrine mit ihrem aufwendigen und geschmackvoll komponierten Dekor sowie ihrer präzisen Malerei (innerhalb der Konturen) wurde vermutlich von Johann Wolfgang Meyerhöfer gestaltet. (Foto: Museum für Franken in Würzburg/
Fotoarchiv/Andreas Bestle)

Gut verkaufen ließen sich Geschirre der Nürnberger Hausmaler mit religiösen Motiven. Hier eine Fächerschüssel (S. 8426, Leihgabe der Stadt Würzburg im Museum für Franken in Würzburg) von Philipp Conrad Schwab: Der sächsische Kurfürst Johann und Martin Luther stehen an einem Altar, auf dem die Confessio Augustana liegt. Das Motiv wurde in Nürnberg mehrfach und auch auf anderen Geschirrtypen verwendet. (Foto: Museum für Franken in Würzburg/Fotoarchiv)

Ein besonderes Exponat aus Nürnberg ist ein Walzenkrug von M. Schmid (A. 66948, Leihgabe der Freunde Mainfränkischer Kunst und Geschichte e. V. Würzburg im Museum für Franken in Würzburg). In Purpur gemalt sieht man die zentrale Szene „Fortuna und Amor vertreiben Invidia“, in Schwarzlot gehalten sind die Landschaftselemente sowie die für den Nürnberger Hausmaler Schmid typischen Nebenszenen wie die beiden sich um einen Knochen streitenden Hunde. Markant sind auch malerische Finessen: Ins Schwarzlot eingekratzte Kreuzschraffuren erinnern an Kupfersticharbeiten – wie beim Baumlaub sieht man starke Licht-Schatten-Effekte. (Fotos: Museum für Franken in Würzburg/Fotoarchiv/Andreas Bestle)

Braune und Gelbe Ware sind Spezialitäten aus der Bayreuther Manufaktur. Dass Geschirr in diesen Farben nicht bäuerlich-plump aussehen muss, bewies man mit feinster Aufglasurmalerei in Gold und Silber. Das Koppchen (S. 45842, Leihgabe der Stadt Würzburg im Museum für Franken in Würzburg) ist nur 4,4 Zentimeter hoch und hat einen Durchmesser von 7,6 Zentimetern. (Fotos: Museum für Franken in Würzburg/Fotoarchiv)

Auch wenn Gold  und Silber bei manchen Stücken aus der Sammlung 1945 verbrannten, so beeindrucken sie noch immer - wie bei dieser Teekanne (H. 8841, Leihgabe der Freunde Mainfränkischer Kunst und Geschichte e. V. Würzburg im Museum für Franken in Würzburg) mit ihrem feinen Dekor aus (einst goldenen) Rollwerkbordüren und der Jagdszene. (Fotos: Museum für Franken in Würzburg/Fotoarchiv)

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